Ein Zeichen für Nachhaltigkeit ist das eher nicht. Alfred Berger, Geschäftsführer im Beraterhaus Kienbaum in Wien und Spezialist für Vergütungssysteme, stellt in seiner aktuellen Studie zur Board-Vergütung der Unternehmen im heimischen Börsenindex ATX für 2022 eine Zunahme der kurzfristigen monetären Incentivierung fest. Innerhalb der variablen Vergütung, schreibt Berger, lasse sich eine zunehmende Verbreitung der sogenannten STIs (Short Term Incentives) feststellen. Langfristige monetäre Anreize seien hingegen leicht zurückgegangen.

Wenn kurzfristige Ziele im Vordergrund der Bosse stehen, dann spricht das wohl eher für Cash-in als für Sustainability, oder? Berger äußert sich dazu vorsichtig: "Die Kennzahlen für das Zielerreichen könnten im Sinne der Nachhaltigkeit ambitionierter sein."

Euroscheine liegen gestapelt aufeinander
Die Bargvergütung ist rechnerisch auf Rekordhoch bei den Chefinnen und Chefs der im ATX gelisteten Unternehmen. Erste sind allerdings nur spärlich vertreten.
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Rund 2,8 Mio. Euro ist in dieser Studie als durchschnittliche Höhe der Gesamtdirektvergütung für Vorstandsvorsitzende ausgewiesen. Der CFO verdient 1,9 Mio. Euro, der einfache Vorstand 1,5 Mio. Euro. Insgesamt stellt er beim Grundgehalt einen "leichten Rückgang" fest, bei der variablen Vergütung allerdings eine Zunahme, was zu einem Plus bei der Gesamtdirektvergütung führt und damit im Vergleich zu 2021 zwar nur ein leichtes Plus, aber dennoch ein rechnerisches Rekordhoch der ATX-Vorstände und -Vorständinnen bringt.

Wo sind die Frauen?

Letztere sind immer noch dramatisch unterrepräsentiert. 75 Prozent der ATX-Firmen haben kein weibliches Vorstandsmitglied. Von 83 Vorständen sind lediglich sieben Prozent Frauen. "Unverändert zu 2021", sagt Berger. Interessant: Je mehr Mitarbeitende, desto eher ist eine Frau im Vorstand zu finden.

Aufsichtsgremien holen auf

Beim Blick in die Aufsichtsgremien und deren Vergütung zeigt sich, dass der Trend zu mehr Sitzungen und mehr Geld anhält. Bei der Grundvergütung errechnet der Remunerationsexperte fünf Prozent Plus, die Entgelte für Sitzungen weisen gar ein Plus von 73 Prozent aus, was etwa bei Aufsichtsratsvorsitzenden zu einer durchschnittlichen Vergütung von 117.000 brutto pro Jahr führt. Sieben Prozent mehr Sitzungen fand Berger in den Aufsichtsgremien des ATX.

Wer heuer was kriegt

Was zeigt der Einkommenstrend am Gesamtmarkt im Vergleich? Bei Fachkräften weist Berger für heuer bei der Grundvergütung knapp 47.000 Euro Jahresbrutto aus, ein Plus von 6,9 Prozent. Spezialisten verdienen auch über sechs Prozent mehr und kommen durchschnittlich auf etwas über 70.000 Euro. Abteilungsleitungen bleiben knapp unter sechs Prozent und landen durchschnittlich bei deutlich über 100.000 Euro, Bereichsleitungen bei plus 5,4 Prozent. Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer verdienen demnach 234.200 – um 3,8 Prozent mehr.

Allerdings: je höher die Position, desto mehr und desto verbreiteter sind variable zusätzliche Vergütungen. Fast alle in der Geschäftsführung erhalten sie, und zwar je rund 84.000 Euro. Bei Teamleitungen erhalten immerhin noch 76 Prozent Bonuszahlungen, 15.000 im Durchschnitt. Im Bereich der Fachkräfte sind es nur noch 32 Prozent, die solcherart zu mehr Einkommen kommen – 3000 Euro sind es hier im Durchschnitt, das ist etwa ein Bruttomonatsgehalt mehr.

Vergütungsspezialist Alfred Berger (Kienbaum)
Die Teamleistung solle im Vordergrund stehen, sagt Vergütungsspezialist Alfred Berger (Kienbaum Consultants Austria GmbH) zur Bonus-Frage.
Kienbaum

Teambonus oder Einzelbonus?

Variable Anteile werden offenbar immer wesentlicher, um das Einkommen in Zeiten der Inflation zu mehren. Da gibt es aktuell allerdings heiße Diskussionen: Geht es um meine Einzelleistung oder um die Teamleistung? Berger dazu: "Ein kleiner Bonus führt eher zu Diskussionen als zu Motivation. Grundsätzlich sollte der Glaube an überbordende Bonuszahlungen überdacht werden." Das Team solle im Vordergrund stehen. (kbau, 26.6.2023)