Die Nachfrage ist enorm groß, der Mangel ebenso. Bis 2029, rechnet der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, auf Basis einer aktuellen Studie des Economica­-Instituts vor, bestehe in Österreich ein Beschäftigungspotenzial von 58.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen, die spezialisierte Mint-Qualifikationen erfordern. Fähigkeiten aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (Mint) stehen demnach besonders hoch im Kurs.

Aber es geht bei diesem Thema auch um gesellschaftliche Teilhabe – solches Können wird ­zunehmend Voraussetzung für die Teilnahme am öffentlichen Diskurs. Es gibt seit vielen Jahren sehr, sehr ­viele Initiativen, allerdings fragmentiert, unkoordiniert und ohne roten Faden. Von der Förderung im Kindergarten bis zu Stipendien an Hochschulen ist viel Energie und auch Fördergeld im Thema Mint – allein die Wirksamkeit ist schwer abzuschätzen, manchmal rittern die jeweiligen Initiativen auch gegeneinander, etwa um Gelder.

Bildungsminister Martin Polaschek will das nun ändern, macht die magischen vier Buchstaben ganz im Sinne der Industrie zur Standortfrage und rief kürzlich den Aktionsplan "MI(N)Tmachen" aus, bei dem sowohl die Aktivitäten im Ministerium selbst gebündelt werden als auch regionenweise in einer fort­laufenden Kette durch alle Lebensbereiche sämtliche Beiträge endlich gemeinsame Dächer finden sollen. Mint-Regionen sollen künftig alles rund um Ausbildung, Übung, Forschung und Arbeit zum Thema Mint wie in einem one-stop-shop gebündelt haben und leicht zugänglich gestalten.

Bildungsminister Martin Polaschek sieht technisch-naturwissenschaftliche Fähigkeiten und Ausbildungen als die zentrale Standortfrage.
Martin Polaschek will leichten Zugang zu den Zukunftsfähigkeiten im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich für alle.
Imago

Mint-Regionen
One-stop-shop

In der FTI-Strategie (Forschung, Technologie, Innovation) des Bundes wurde festgehalten, dass die Zahl der Mint-Graduierten bis 2030 um 20 Prozent und der Frauenanteil in diesem Bereich um fünf Prozent erhöht werden sollen. Zwecks Vernetzung und Kooperation wird nun an Mint-Regionen ­gebastelt. Die Förderagentur AWS wird als Mint-Service-Hub als Be­ratungs- und Unterstützungsstelle für Mint-Regionen fungieren. Dabei werden etablierte und künftige regionale Netzwerke vor den Vorhang geholt, mit einem Mint-Regionen-Label ausgezeichnet und zusätzlich auf einem österreichweiten Mint-Regionen-Portal präsentiert. So sollen künftig vermehrt abgestimmte, regionale Angebote entstehen, damit insbesondere junge Menschen kontinuierlich in Theorie und Praxis mit diesen Themen in Kontakt kommen.

Awards und Preise
Eine Vielzahl an Veranstaltungen

Aufmerksamkeit generieren, motivieren: Unzählige Preise auf verschiedenen Ebenen, auch speziell für Mädchen und Frauen, sind unterwegs. Aktuell etwa läuft die Ausschreibung des Verbands für Elektrotechnik "Girls! Tech Up: Role Model Award". Mitmachen können nicht nur Technikerinnen, die bereits im Berufsleben stehen, sondern auch Schülerinnen und Studentinnen, die sich für eine technische Ausbildung entschieden haben. Die Einreichfrist für die selbstgedrehten Kurzvideos läuft bis 27. September 2023.

Hintergrund dieser Initiativen ist immer der Mangel an Fachpersonal und die starke Unterrepräsentation von Mädchen und Frauen in diesem Bereich. Bis zu 13.800 Fachkräfte fehlen aktuell in der gesamten Branche, so der Verband.

Mint-Gütesiegel
Ein Siegel für die Bildungseinrichtungen

Mittlerweile tragen 590 Bildungseinrichtungen in Österreich ein Mint-Güte­siegel. Das ist eine gemeinsame ­Initiative des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung, der Industriellenvereinigung, der Wissensfabrik Österreich und der Pädagogischen Hochschule Wien. Es stellt eine bundesweit gültige Auszeichnung für innovatives Lernen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik mit vielfältigen Zugängen für Mädchen und Burschen dar. Es wird für die Dauer von drei Jahren vergeben, eine Wiedereinreichung ist nach einer Phase der Qualitätsentwicklung möglich.

Das künftige Dach
Zugänge vereinfachen, strukturieren

Junge Menschen sollen in den Klassenzimmern, Hörsälen und Laboren dieses Landes Mint mit allen Sinnen erleben und erforschen können. Regelmäßige und vielfältige Mint-Erlebnisse sollen Teil ihres Alltags und damit ihrer Lebenswelt werden“, sagte Bildungsminister Martin Polaschek kürzlich bei der Präsentation seines Aktionsplans "MI(N)Tmachen". Adressiert wird die gesamte Bildungskette vom Kindergarten bis zum Hochschulabschluss in acht definierten Aktionslinien, um durchgängige Struktur in die mittlerweile sehr unübersichtlichen Einzelaktivitäten zu bekommen und "das Lehrpersonal", wie der Minister sagt, zu "sensibilisieren, dass sie frühzeitig das Selbstvertrauen junger Mädchen in deren Mint-Fähigkeiten stärken".

Für die Kleinsten
Abenteuer in Mintmausen

Elf Kinderlieder und zehn Experimente in Mintmausen: Ferdinand Auhser und Manfred Schweng haben Frühförderung in Buchform gepackt – ein Beispiel, das jetzt allen Kindergärten österreichweit kostenfrei zur Verfügung stehen wird. Das Buch richtet sich an Kinder im Kindergartenalter sowie an deren wichtigste Bezugspersonen: Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen. Es soll als Werkzeug und Inspiration für die Arbeit in der Gruppe dienen. Die Lieder und Experimente sind in das Buch inte­griert und somit einfach verfügbar.
Minty Maus heißt die Protagonistin, die sich bereits hervorragend mit Mint auskennt und in Mimi Lou eine gleichgesinnte Freundin findet – und natürlich Rollenstereotype brechen soll.

Digi-Initiative
3500 Workshops in Gemeinden geplant

Stück für Stück stellt die Regierung ihre Digitale Kompetenzoffensive vor. Im kommenden Jahr, sagt der zuständige Staatssekretär Florian Tursky, soll zwecks flächendeckender Fortbildung in digitalen Kompetenzen in jeder Gemeinde "zumindest ein Workshop" durchgeführt werden. In Jugendzentren, Seniorenheimen, bei Vereinen oder in Gemeindeämtern.

Zudem wird ein digitaler Referenzrahmen erarbeitet, der Befähigungen analog zu Sprachniveaus (beispielsweise A1, A2) ausweist und in Schulen, in der Verwaltung und auch im Arbeitsmarktservice Einsatz finden soll. Auf EU-Ebene entsteht derzeit ein European ­Digital Skills Certificate als Kompetenzrahmen – Österreich ist eines von fünf Pilotländern. (Karin Bauer, 22.6.2023)