Ifrit und Clive stehen im Mittelpunkt der Tragödie von
Ifrit und Clive stehen im Mittelpunkt der Tragödie von "Final Fantasy XVI".
Square Enix

Die Rollenspielserie "Final Fantasy" blickt auf eine lange Tradition zurück. Mehr als 35 Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Teils in Japan scharrt nun wieder ein neuer Teil in den Startlöchern. Einer, der vielleicht nicht alles, aber vieles anders machen will. Der eine neue Ära einläuten möchte. "Final Fantasy XVI" erscheint am 22. Juni exklusiv für Playstation 5 und wurde im Vorfeld von vielen schon als Spiel des Jahres gehandelt. Schenkt man den ersten Bewertungen der Fachpresse Glauben, ist Publisher Square Enix und nicht zuletzt die Serie immerhin um einen Hit reicher geworden.

Es steht außer Frage, dass Square Enix mit "Final Fantasy XVI" ein "R" vor die Evolution der Serie stellen möchte. Man könnte natürlich argumentieren, dass sich die Serie immer wieder neu erfunden hat, aber so radikal wie dieses Mal dürfte der Wandel noch nicht vollzogen worden sein. Das deklarierte Ziel ist nämlich, die Anziehungskraft der Serie zu steigern, indem man das traditionelle Rollenspiel in ein modernes Action-Adventure verwandelt. Naoki Yoshida und die anderen Entwickler beziehen sich in ihren Absichten immer wieder auf zwei einflussreiche Fantasy-Welten für ein breites Publikum: "Game of Thrones" und "God of War".

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FINAL FANTASY

Mitchell Saltzman von IGN bestätigt in seinem Test, dass "Final Fantasy XVI" eine starke Abweichung von dem ist, was Fans bisher von der Serie gewohnt waren. "Aber die hervorragende Geschichte, die Charaktere und der Aufbau der Welt stehen dem Besten, was die Serie zu bieten hat, in nichts nach", so Saltzman und bewertet das Spiel mit neun von zehn möglichen Punkten. Auch hebt er das innovative "Active Time Lore"-Feature des Spiels hervor, das neue Standards setzt. 

Dahinter steht ein Feature, das die Spielerinnen und Spieler laufend über die Hintergrundgeschichte des Spiels informiert hält. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt während einer Zwischensequenz oder eines Gesprächs im Spiel kann man das Dual-Sense-Touchpad gedrückt halten, um eine Reihe von kontextbezogenen Kompendiumeinträgen aufzurufen, die für das Geschehen in dieser Szene relevant sind. Diese Einträge ändern sich dynamisch mit dem Lauf der Geschichte.

Ähnliche Töne schlägt Michael Higham von "Gamespot" an. So stelle "Final Fantasy XVI" zwar eine deutliche Veränderung dar, "fängt jedoch die Magie von 'Final Fantasy' auf atemberaubende Weise ein und verdient sich einen Platz im Pantheon der unglaublichen Vertreter dieser geliebten Marke". Higham steht in der Rezension zwar zu dieser Magie, gesteht aber ein, dass es eine Zeitlang brauche, um erkennen zu können, dass sie sich im Spiel entwickle.

Als jemand, der mehrere Tausend Stunden in "Final Fantasy 14" verbracht habe, könne Higham jedenfalls die Einflüsse erkennen, die "Final Fantasy XVI" bei den Bosskämpfen habe, und ist begeistert, "dass diese Designphilosophien das Spielerlebnis bereichern". 

Auf 89 von 100 Prozent kommt Jonas Höger von 4players.de. Er bringt zwei interessante Aspekt zu "Final Fantasy XVI" ein: Zum einen gibt er die Spielzeit mit bis zu 65 Stunden an. Und zum anderen berichtet er über "technische Wehwehchen", aufgrund derer man sich die 60 Frames des Performance-Modus abschminken könne, weil sich die Bildrate oft zwischen 40 und 50 Frames bewege. Immerhin seien die Ladezeiten extrem kurz.

Dass er sich zu einer hohen Wertung hinreißen lasse, liege an einem wohlschmeckenden Videospielgericht aus drei Zutaten: "der fesselnden, 'Game of Thrones'-artigen Geschichte, dem dynamischen Kampfsystem sowie den gigantisch inszenierten Esper-Kämpfen." 

Kein Lied von Eis und Feuer

Gita Jackson von Polygon ist nicht uneingeschränkt beeindruckt, gesteht aber ein, dass es eines der besten Spiele aller Zeiten wäre, wenn jeder Bestandteil des Spiels so gut wäre wie die Bosskämpfe. Die gescriptete Story hingegen sei langweilig und vorhersehbar. Noch schlimmer ist für sie, dass "die Handlung dem Gameplay diametral entgegengesetzt ist: hölzern, wo das Gameplay lebendig ist, routiniert, wo das Gameplay einfallsreich ist." Bei einigen Sequenzen sei sie regelrecht eingeschlafen. Eine Wertung hat sie nicht vergeben.

Diese Meinung teilt auch Eleen Reinke von der Gamepro: Die temporeiche Action, die ein wenig an "Devil May Cry" erinnere, nehme erst im späteren Verlauf des Spiels Fahrt auf und biete gut ausbalancierte Kämpfe, die stets fordernd, aber nie unfair seien. Was "Final Fantasy XVI" aber nicht schaffe, sei, "seine komplexe Story durchwegs verständlich oder nuanciert zu erzählen. Manchmal werden Themen zu grobschlächtig abgehakt oder Story-Fäden einfach fallen gelassen."

Reinke kommt zu dem Schluss, dass die neue Ausrichtung von "Final Fantasy XVI" sicherlich nicht allen Fans schmecken werde. Wer aber in erster Linie ein gut inszeniertes Action-Rollenspiel suche und sich an diesen Schwächen nicht störe, werde nicht enttäuscht und komme – im Gegenteil – voll auf seine Kosten.

DER STANDARD wird zu einem späteren Zeitpunkt eine eigene Rezension nachreichen. Alle Spielerinnen und Spieler, die eine Playstation 5 besitzen und sich spätestens jetzt nicht mehr sicher sind, ob der spielerische und stilistische Neustart von "Final Fantasy XVI" das richtige für sie ist, können sich in einer kostenlosen und rund zweistündigen Demo selbst einen ganz hilfreichen Ersteindruck verschaffen. (bbr, 21.6.2023)