Staatsoper
Sonya Yoncheva als Cio-Cio-San, die noch Hoffnung hat.
Pöhn

Knapp drei Jahre nach der Premiere wurde an der Staatsoper endlich Anthony Minghellas bezaubernde Madama Butterfly-Inszenierung wiederaufgenommen, die mit Jubelchören und fliegenden Blumenbouquets für Sonya Yoncheva endete. Die Sopranistin gab ihr Rollendebüt als Cio-Cio-San und sorgte nach anfänglichen Intonationsproblemen für eine Achterbahn der Gefühle. Yoncheva, die sich noch im März auf Twitter gegen sogenannte "Vokal-Rassisten" wehrte – der Rezensent der New York Times hatte sie anlässlich ihrer Norma an der Met uncharmant mit früheren Sängerinnen verglichen –, bringt alles mit, was die Rolle fordert: Leichtigkeit, Kraft, Wucht und Zärtlichkeit. Vor allem in den dramatischen Szenen des zweiten und dritten Akts lief Yoncheva zu Höchstform auf. Wie sie die Gefühlswelten der Cio-Cio-San zwischen Entschlossenheit und Verzweiflung, Hoffnung und Resignation vermittelte, war eine Offenbarung. Herzzerreißend ihre Un bel di vedremo -Ansprache, erschütternd das finale Tu, tu piccolo iddio. Wer hier keine Träne vergießt, ist selbst schuld.

Große Emotion natürlich

Da konnte Charles Castronovo, der ebenfalls sein Rollendebüt gab, nicht mithalten. Sein Pinkerton wirkte farblos und ging im Orchester, das Antonello Manacorda im ersten Akt etwas zu laut spielen ließ, unter. Ein Schicksal, das auch Andrea Giovannini (Goro) und Hiroshi Amako (Fürst Yamadori) ereilte. Einen Sharpless von Weltformat hingegen gab Bariton Boris Phinkhasovich, der die Partie mit Eleganz, Wärme und viel Empathie gestaltete; ergreifend und stimmlich präsent war die Suzuki von Szilvia Vörös. Im Graben setzte Manacorda auf Dramatik und große Emotionen. Das Wiener Staatsopernorchester dankte es ihm auch mit betörenden Klängen und leidenschaftlicher Italianità. (Miriam Damev, 21.6.2023)