Im malerischen kleinen Ort Lovran an der "Opatija Riviera" hat der Lions Club eine Gedenktafel abgebracht: "In diesem Haus wurde Vicko Palmic, 1841–1885, geboren". Wer war dieser Mann? Ein kroatischer Matrose, der an der österreichisch-ungarischen Nordpolexpedition Weyprecht-Payer 1872–1874 teilnahm.

Österreichisch-ungarische Nordpolexpedition? Ja, die gab es. Man entdeckte dabei "Franz-Josef-Land", eine Inselgruppe nördlich von Nowaja Semlja. Wie diese zweijährige Entdeckungsfahrt am Ende der Welt im späten 19. Jahrhundert gewesen sein muss, davon gibt schon der Titel des Romans, den Christoph Ransmayr vor Jahren über die Reise geschrieben hat – "Die Schrecken des Eises und der Finsternis" –, eine Vorstellung. Und in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wird derzeit eine Ausstellung über die Expedition ("Land, endlich Land!") gezeigt.

Eine der schmucken Villen an der Opatija Riviera
Eine der schmucken Villen an der Opatija Riviera.
Hans Rauscher

Es waren überwiegend kroatische und italienische Matrosen, die diese Quälerei mit den Expeditionsleitern Julius Payer und Carl Weyprecht auf sich nahmen. Und Matrose Vicko Palmic, der nur etwas über 40 Jahre alt wurde, hat hoffentlich in seinem malerischen Heimatstädtchen Lovran einen angenehmen Lebensabend gefunden.

Dichte Wälder und Kieselstrand

Denn der Küstenstrich der Kvarner Bucht an der kroatischen Adria rund um Lovran – genannt "Opatija Riviera" – eignet sich sehr gut als Kontrastprogramm zum Nordpol. Die dichten Wälder reichen fast bis zum Kieselstrand (unterbrochen von der Küstenstraße), an der Küste reihen sich die  ehemaligen Fischerdörfer wie Moscenica Draga, Lovran, Volosko und selbstverständlich der Hauptort Opatija aneinander.

Ein historisches Hotel in Opatija
Ein historisches Hotel in Opatija.
Hans Rauscher

Opatija war das maritime Kurzentrum der k. u. k. Monarchie (damals hieß es Abbazia). Die "Opatija Riviera" strengt sich heute sehr an, einen modernen, etwas gehobeneren Tourismus zu bieten, aber die Nostalgie nicht zu vernachlässigen. Das zeigt sich in den zahlreichen historischen Hotels und Villen aus der Zeit des Fin de Siècle um 1900, die zum Teil aufwendig und originalgetreu renoviert wurden und werden. Dazwischen stehen (und entstehen) aber auch moderne Großhotels. Um ein jüngeres Publikum anzulocken, gibt es Events wie ein "Cocktail-Festival" vor dem Hotel Kvarner, mit ohrenbetäubendem Bumm-Bumm aus mannshohen Boxen.

Das Hotel Kvarner: renovierte k.u.k. Pracht
Das Hotel Kvarner: renovierte k. u. k. Pracht.
rau

Aber das Gesamtflair der Küste ist erhalten, sobald man die Ball- und Speisesäle der k. u. k. Hotels betritt, von der Liburnia-Kette liebevoll renoviert, oder man in den exotischen Parkanlagen von Opatija in der üppigen Mittelmeervegetation flaniert. Oder mit einem kleinen Ausflugsboot die Küste entlang nach Lovran und zum ehemaligen Fischerdorf Moscenicka Draga tuckert. Da reiht sich Villa an Villa, manche prachtvoll hergerichtet, manche vielleicht lohnende Bastlerhits für betuchte Interessenten.

Am 12 Kilometer langen Lungomare, der Seepromenade
Am zwölf Kilometer langen Lungomare, der Seepromenade.
Hans Rauscher

Hier haben sich die Reichen und Schönen der Monarchie dem Müßiggang ergeben. Man hat es vor dem inneren Auge, wie die Herren im leichten Sommerleinen – selbstverständlich mit Krawatte (kommt vom kroatischen Halstuch) und Weste – und die Damen im Hochgeschlossenen mit Sonnenschirm entlang der zwölf Kilometer langen Meerespromenade "Lungomare" (auch "Franz-Josefs-Weg") spazierten, über Börsenkurse und die neuesten Affären sprachen und schon dem "petit-déjeuner" entgegenfieberten.

Ritter und eine Dame im mittelalterlichen Kostüm am Burgberg des Bergdorfes Veprinac
Ritter und eine Dame im mittelalterlichen Kostüm am Burgberg des Bergdorfs Veprinac.
Hans Rauscher

Und heute? Man kann lang an diesem Fußweg mit herrlichem Meeresblick gehen und viele Stufen in den malerischen Orten im bergigen Hinterland steigen. Man wird möglicherweise im Bergdorf Veprinac von einem Herrn in Ritterrüstung und einer Dame im mittelalterlichen Kostüm empfangen und darf vor dem Burgverlies kurz erschauern.

Deftig und durchaus modern

Man kann mit dem Boot auf die schöne Insel Krk übersetzen (vorbei am Flüssiggasterminal, an dem vielleicht einmal auch Österreich profitieren soll), man kann im glasklaren Meer baden, Party feiern und im Hinterland diverse Outdoor-Sportarten betreiben. Man kann aber auch in zahlreichen Restaurants und Hotels die deftige bis durchaus moderne kroatische Küche mitsamt sehr guten Weinen genießen. Und man kann es so machen, wie es ein bekanntes Wiener Künstlerehepaar dem Autor mitteilte: "Wir gehen eigentlich aus dem herrlich renovierten alten Hotel und seiner Open-Air-Wellness-Anlage gar nicht heraus." Oder man kann einfach die "nahezu allergenfreie und mit Meeresaerosolen und ätherischen Ölen aus den Kiefernwäldern angereicherte Luft als natürliche Aromatherapie" (Opatija-Werbung) anwenden.

Wie kommt man hin? Am besten mit dem Auto. Die Entfernung von Wien beträgt 500 Kilometer, durchwegs auf Autobahnen, mit Flugzeug und Bahn ist es etwas umständlich.

Der Blick vom 5-Stern Hotel Ambasador
Der Blick vom Fünf-Sterne-Hotel Ambasador.
rau

Eine ganze Reihe der historischen Hotels und Villen gehört zur Liburnia-Kette, etwa das Hotel Kvarner, das Heritage Hotel Imperial, die Villa Amalia. Das Flaggschiff ist das – nicht historische, aber 2019 voll renovierte – Fünf-Sterne-Hotel Ambasador, ein Bettenturm in bester Aussichtslage (rund 280 Euro pro Zimmer). Ausstattung und Service entsprechen internationalen Ansprüchen, ergänzt durch eine gewisse rau-herzliche Gastfreundschaft der Kroaten. Angesichts der üppigen Küche ist die Opatija Riviera eher nicht als  Fastenkurort geeignet. In der Stadt selbst warten noch etliche herrliche Bürgerhäuser und Villen auf die Renovierung, Shoppingmöglichkeiten wären noch ausbaubar und würden durch eine Fußgänger- oder Begegnungszone im Ortsinneren sicher verbessert.

Insgesamt scheint die Wiederbelebung des k. u. k. Charmes und die Verbindung mit den Ansprüchen einer modernen Touristik gut gelungen. Ein Ziel für ein bürgerliches Publikum. (Hans Rauscher, 23.6.2023)