Eine kleine "Skyline" gibt es in der Seestadt Aspern am Südufer des Sees durchaus schon, der Holz-Hybrid-Turm HoHo Wien ist mit seinen 84 Metern gleichsam das höchste Gebäude und auch so etwas wie ein Wahrzeichen des in Bau befindlichen größten Wiener Stadtentwicklungsgebiets. Doch in den nächsten vier bis fünf Jahren wird sich das ändern. Denn drei neue "Hochpunkte" sind an der U2-Endstation Seestadt sowie entlang des nördlichen Seeufers geplant, zwei davon werden aller Voraussicht nach das HoHo Wien später einmal überragen.

ARE baut das "Seestadtkrokodil"

Auf dem Baufeld J6, auf dem sich derzeit eine temporäre Diskonter-Filiale befindet, wird die ARE, eine Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft, einen Büroturm mit rund 90 Meter Höhe sowie einen Wohnblock und eine Hochgarage errichten. Der Name des rund 42.000 Quadratmeter an Bruttogeschoßfläche umfassenden Projekts lautet "Seestadtkrokodil", unter anderem weil die Fassade zumindest auf der ersten Visualisierung grünlich schimmert. Gerd Pichler, Leiter der ARE-Projektentwicklung, betonte aber auf einer Pressekonferenz am Montag, dass es sich bei dem Namen um einen Arbeitstitel handle.

Das Projekt der ARE (Bildmitte) trägt den Arbeitstitel "Seestadtkrokodil". Rechts daneben das schon länger fertiggestellte HoHo Wien.
Visualisierung: Klammer Zeleny

Der Turm ist in Holz-Hybrid-Bauweise geplant und soll mit Erdwärme sowie Photovoltaik auf dem Dach und an der Fassade energieautark werden. Büroflächen im Ausmaß von etwa 30.000 Quadratmetern werden errichtet, was Platz für rund 1.000 Arbeitsplätze ergeben werde, sagte Pichler. Im Nebengebäude sind außerdem rund 100 Wohnungen geplant; ob sie vermietet oder verkauft werden, kann man bei der ARE noch nicht sagen. Der nunmehrige Siegerentwurf von Klammer Zeleny Architekten mit den Landschaftsplanern Lindle Bukor diene als Grundlage für die Erlangung der Bebauungsbestimmungen für dieses Baufeld.

Das "Seestadtkrokodil" wird auf einem Baufeld errichtet, auf dem sich derzeit noch eine temporäre Hofer-Filiale befindet.
Bild: Klammer Zeleny

"Pier05" bebauen Moser und STC

Ebenfalls höher als das HoHo dürfte der Turm von Moser Wohnbau und STC Development auf dem Baufeld H5 werden, das aus Vermarktungsgründen auch "Pier05" genannt wurde und sich direkt vis-à-vis dem HoHo befindet. Der Siegerentwurf stammt von den Architekturbüros Zechner & Zechner und StudioVlayStreeruwitz sowie DnD Landschaftsplanung.

Auf Baufeld H5 entstehen rund 30.000 Quadratmeter an Bruttogeschoßfläche in vier Baukörpern.
Visualisierung: Zechner & Zechner/VLST

Auch hier sind gleich mehrere Baukörper geplant, der höchste davon wird das HoHo geringfügig überragen und hauptsächlich Wohneinheiten beherbergen. In allen vier Bauteilen sind ab dem vierten Obergeschoß insgesamt 312 Wohneinheiten geplant. Im Sockel aber werden einerseits auch Co-Working-Flächen sowie ein Multifunktions- und Veranstaltungsraum entstehen, andererseits wird die Sockelzone zum See hin als Arkade ausgeführt. Dort soll gemäß dem Leitbild für die sogenannten "Seeterrassen" viel Platz für Gastronomieflächen und Schanigärten entstehen. Diese Flächen werden, wenn sie fertig sind, übrigens auch von der Seestädter Einkaufsstraßen GmbH angemietet und an Gastronomen und andere Gewerbetreibende weitervermietet.

Das Projekt von Moser Wohnbau und STC vom gegenüberliegenden Ufer des Sees betrachtet (Höhe HoHo Wien).
Visualisierung: Zechner & Zechner/VLST

Solier baut "Lili am See"

Das gilt auch für die Fortsetzung des Sockels vom Baufeld H5 in Richtung "Knie" des Sees im Norden, wo sich das Baufeld H1 befindet. Die insgesamt 160 Meter lange "Waterfront" dieses Baufelds sei das eigentliche Filetstück der Seestadt, sagte Ingrid Soulier von Soulier Immobilien auf der Pressekonferenz am Montag. 45 Millionen Euro hat ihr Unternehmen für das 7.500 Quadratmeter große Grundstück bezahlt, hier ist nun das Projekt "Lili am See" nach Plänen der Architekturbüros F+P und querkraft sowie Yewo Landscapes geplant: Mehrere viergeschoßige Sockelgebäude mit Dachgärten, von denen zwei mit fünfgeschoßigen Hochpunkten überbaut werden. Außerdem wird im Osten des Baufelds ein Turm mit 16 Geschoßen aus dem Sockel wachsen, der nach Fertigstellung rund 65 Meter hoch werden dürfte.

Das Projekt von Soulier setzt auf viel Grün und einen Pool in der Sockelzone.
Visualisierung: F+P ARCHITEKTEN / querkraft / Patricia Bagienski-Grandits

Auf einem der Sockel ist ein Pool geplant, außerdem wird es Co-Working-Bereiche, Gemeinschaftsflächen sowie einige Serviced Apartments geben. Das Baufeld wird in der Mitte durch den öffentlichen "Platz der Kulturen" durchbrochen. Insgesamt sollen hier 372 freifinanzierte Wohnungen entstehen, der Großteil ist als Mietwohnung geplant. Bei Soulier wollte man am Montag aber nicht ausschließen, dass einige Wohnungen auch als Eigentumswohnungen auf den Markt kommen werden.

Bis die Türme gebaut werden, wird aber noch einige Zeit vergehen. Zunächst muss die Stadtstraße fertig sein, die die Seestadt mit der Südosttangente verbindet; ihre Verkehrsfreigabe ist eine Bedingung für die Erteilung von Baugenehmigungen im Seestädter Norden. Ab 2025 wird wohl an den Türmen gebaut werden können, zwei bis drei Jahre später dürften sie fertiggestellt sein.

Das Projekt "Lili am See" vom Ufer aus betrachtet.
Visualisierung: F+P ARCHITEKTEN / querkraft / Patricia Bagienski-Grandits

Die Entwicklung der Hochhäuser folge einerseits dem Wiener Fachkonzept Hochhäuser, erklärte Andreas Kleboth, Vorsitzender des Aspern-Beirats und Mitglied in allen Wettbewerbsjurys. Andererseits natürlich dem Masterplan für die Seestadt, der Hochhäuser an den beiden U2-Stationen Seestadt und Aspern Nord vorsieht.

11.000 Menschen wohnen bereits in der Seestadt, berichtete Robert Grüneis, seit Jahresbeginn Vorstand der Entwicklungsgesellschaft Wien 3420 Aspern Development AG. 5.000 Arbeitsplätze gebe es zudem bereits im Stadtentwicklungsgebiet. (Martin Putschögl, 26.6.2023)