Sie soll die in die Jahre gekommene Wiener Stadthalle als Österreichs größte Veranstaltungshalle ablösen und bei Konzerten und anderen Großveranstaltungen Platz für bis zu 20.000 Besucher bieten: Die pompösen Pläne für die Mehrzweckarena, die in Neu Marx auf einem Areal bei der Südosttangente (A23) realisiert werden soll, stehen in groben Zügen bereits seit längerem fest. Damit will die Stadt Wien internationale Top-Acts und auch Großevents im Sport wieder nach Wien holen – was über Umwege auch Wirtschaft und Tourismus zugutekommt. Die Details zur modernen Eventhalle, die alle Stückerln spielen soll, hängen aber weiterhin in der Schwebe: Bezüglich der konkreten Gesamtkosten, des Baustarts oder der geplanten Inbetriebnahme der Arena hält sich die Stadt weiterhin bedeckt.

Bisher konnten die grob umrissenen Zeitpläne für das Leuchtturmprojekt nicht gehalten werden. Im Jänner 2019, als der Standort Neu Marx für die Halle auserkoren wurde, war die Fertigstellung für das Jahr 2024 geplant. Nach dem EU-weiten Architektenwettbewerb, bei dem sich im Dezember 2020 das Wiener Team Christian Kronaus, Peter Mitterer und Reinhardt Gallister durchsetzte, wurde die Inbetriebnahme für das Jahr 2026 angekündigt. Im November 2021 revidierte Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) erneut: Die Eröffnung wurde für 2027 angepeilt. Als Gründe wurden Verzögerungen durch die Corona-Pandemie genannt. Zudem hat sich die Stadt dazu entschieden, sich auf die Suche nach einem privaten Partner für Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung zu machen. Die Realisierung des Projekts selbst obliegt der städtischen Wien Holding.

Wien Holding Arena
Die aktuell noch Wien Holding Arena genannte geplante Mehrzweckhalle soll bei Konzerten und anderen Großevents Platz für bis zu 20.000 Personen bieten. Ein Termin für den Baustart steht noch nicht fest.
Rendering: Architekten Kronaus Mitterer Gallister

Privater Partner soll im Sommer feststehen

Nach wie vor steht der private Partner aber noch nicht fest. Dabei sollte dieser eigentlich laut Wien Holding bis Ende des Vorjahres verkündet werden. Ein Sprecher des Konzerns verwies bei einer aktuellen STANDARD-Anfrage darauf, dass die verbliebenen Bieterinnen im Vergabeverfahren Mitte Juni ihre "Last & Final Offers" abgegeben hätten. "Diese werden nun begutachtet und bewertet." Bei der Wien Holding geht man davon aus, dass der strategische private Partner "voraussichtlich noch im Sommer bekanntgegeben" wird.

Die bisher von der Stadt genannten Kosten spiegeln die Realität und die finanzielle Dimension des Großprojekts jedenfalls nicht wider. So bezog sich der ausgeführte Kostenrahmen von 250 Millionen Euro für die Wien Holding Arena nur auf die Bereiche Rohbau, Technik, Ausbau und Außenanlagen – mit Preisbasis vom Dezember 2019. In einem Prüfbericht des Wiener Stadtrechnungshofs vom November 2021 wurden hingegen Gesamtkosten von 742 Millionen Euro ausgewiesen – mit einer Schwankungsbreite plus/minus 30 Prozent. Diese Gesamtsumme ist nur bis ins Jahr 2026 valorisiert. Die Prüfer des Stadtrechnungshofs gingen aber schon im November 2021 davon aus, dass das Arena-Projekt im "real case" erst im März 2029 abgeschlossen sein dürfte. Da sind die Verzögerungen bei der Suche nach dem privaten Partner noch gar nicht eingepreist. Die Wiener ÖVP ging zuletzt davon aus, dass sich die Gesamtkosten auf eine Milliarde Euro erhöhen könnten.

Um den Kostenrahmen trotz Verzögerungen und der aktuellen Teuerung zu halten, erscheint es aber auch als plausible Option, dass bei der Halle Abstriche gemacht werden müssen. Ob es zu diesen kommen wird, steht erst nach dem Ende der Verhandlungen zwischen der Wien Holding und dem schlussendlich zum Zug gekommenen privaten Partner fest.

Fernbusterminal vorerst auf Eis gelegt

Die Arena ist derzeit nicht das einzige Großprojekt der Stadt, das die Wien Holding mit einer privaten Firma umsetzen will. Beim Stadion Center am Handelskai soll der neue Fernbusterminal im Rahmen eines großen Infrastrukturprojekts realisiert werden. Und wie bei der Mehrzweckhalle kämpfen die Betreiber mit jahrelangen Verzögerungen und Kostensteigerungen: Ursprünglich hätte der Busbahnhof bereits im Jahr 2024 seinen Betrieb aufnehmen soll, im Vorjahr wurde 2027 als Eröffnungsdatum genannt.  Ob sich das ausgeht, ist offen: Nach Problemen bei der Finanzierung wurde dem Vorhaben Mitte Juni eine sechsmonatige Pause verordnet, um diese in den Griff zu bekommen.

Was ist passiert? Aus dem Vergabeverfahren um die Finanzierung und Errichtung des 200-Millionen-Euro-Projekts ist eine private Investorengruppe um Ariel Muzicant und Markus Teufel als Sieger hervorgegangen. Dabei ist der zweistöckige Fernbusterminal mit 34 An- und Abfahrtsstationen nur ein Teil des Vorhabens: Ebenfalls geplant sind ein 105-Meter-Hochhaus für Büros und ein Hotel sowie ein weiteres Gebäude mit vier Obergeschoßen. Im Deal inkludiert ist auch eine Fußgänger- und Radverbindung über dem Handelskai in Richtung Donau mit zwei je zehn Meter breiten Stegen.

So, wie es aktuell geplant ist, wird das Projekt aber nicht kommen. Das kündigte Investor Muzicant an. Er verwies auf "erhebliche finanzielle Probleme bei der Finanzierung" und auf das aktuell schwierige Marktumfeld für Immo-Investments. "Wir müssen einen zweistelligen Millionenbetrag streichen", sagte er dem STANDARD. So könne von den beiden Stegen nur einer errichtet werden. Die geplante Holzfassade sei "gestrichen" und werde durch "klassischen Stahlbeton" ersetzt, auch die Terrasse über dem Handelskai sei kein Thema mehr.

Die Wien Holding pocht hingegen darauf, dass vertraglich vereinbarte Leistungen "auch geliefert werden. Und dazu sind nun die notwendigen Gespräche in den kommenden sechs Monaten zu führen."

Für die Stadt heißt das, dass Busse zumindest bis zum Jahr 2027 oder noch länger den in die Jahre gekommenen Busbahnhof in Erdberg anvisieren müssen. Dieses Schicksal teilt der alte Terminal in Erdberg mit der Wiener Stadthalle: Auch diese wird noch länger als erwartet für Konzerte gebraucht. 2028 feiert die Stadthalle übrigens das 70-Jahr-Bestehen – und könnte da möglicherweise noch Österreichs größte Veranstaltungshalle sein. (David Krutzler, 27.6.2023)