So mögen Rechte Frauen. Aber bitte nicht sprachlich berücksichtigt in Dokumenten.
So mögen Rechte Frauen. Aber bitte nicht sprachlich berücksichtigt in Dokumenten.
imago images / Westend61

Die FPÖ war stets Speerspitze im Skandalisieren der genderfairen Sprache – also dass nicht nur Männer durch das Maskulinum sprachlichen Ausdruck finden. Jahrelang ging das so, FPÖ und auch Teile der ÖVP warnten vor "Sprachdiktaten" und orteten darin unsinnige Pseudomaßnahmen statt "richtiger" Frauenpolitik.
Interessanterweise fielen gerade die Warner vor genderfairer Sprache selbst nie mit feministischen Forderungen auf. Maßnahmen gegen die Lohnschere? Nix da. Ideen, wie die Anzeigen- und Verurteilungsquote bei sexualisierter Gewalt raufgehen könnte? Auch nichts. Bei Gewalt schaltet man sich vor allem dann ein, wenn es um Strafverschärfungen geht, im Besonderen, wenn die Gewalt von Männern mit Migrationshintergrund ausgegangen ist. Doch Moment! Ein Thema gab es doch, mit dem sich die FPÖ und Teile der ÖVP einen frauenpolitischen Anstrich gaben.

Vor einigen Jahren war es das Kopftuch, das rechte und konservative Politiker:innen auf den Plan rief, um zu erklären, welch sofortiger und dramatischer feministischer Rückschritt damit einhergehen würde, wenn Frauen überhaupt und erst recht im Job eines tragen. Kopftuchverbote waren die Antwort vieler Politiker:innen, die sich plötzlich als die große Frauenbefreier gerierten – mit Zwangsmaßnahmen für eine Minderheit, muslimische Frauen. Hier wie auch beim Thema Gendern schaffen es die Rechten immer wieder, sich als Freiheitskämpfer zu inszenieren. Nun können Gegner:innen des Gendersterns, des Doppelpunkts oder des eigentlich schon längst in die Jahre gekommene Binnen-I hoffnungsfroh nach Niederösterreich schauen, wo die ÖVP-FPÖ-Regierung das Land von geschlechtergerechter Sprache befreit – zumindest in offiziellen Dokumenten und Veröffentlichungen des Landes.

Billiger Dreh

Wir sehen daran zweierlei: Rechte schaffen es laufend und erstaunlicherweise noch immer, die Bedeutung von Zwang und Freiheit völliger Willkür zuzuführen. Und sie schaffen den Spin, das paradoxe Bild des benachteiligten Privilegierten immer wieder neu zu verankern. Egal ob es um Minderheiten, Geschlechterverhältnisse oder beides geht. Das funktioniert derzeit wieder wunderbar bei Transrechten. Dabei sind es wirklich billige Drehs, wie ein aktuelles Beispiel zeigt.

Marcus Franz, ehemaliger Team-Stronach- und ÖVP-Abgeordneter, wollte auf Twitter ein weiteres arges Diktat aufzeigen: In Spitälern dürfe man wohl nicht einmal mehr "Muttermilch" sagen, sondern stattdessen Humanmilchbank, ein Begriff, den er auf einem Schild in einer Klinik las. Er hat einen "Woke-Verdacht", schrieb er auf Twitter, und einmal mehr gehe es um eine "Sprachregelung", die am "realen Leben vorbeigeht". Mit so etwas wolle man "die Biologie" verbiegen, "Begriffe erfinden, um die Realität zu manipulieren". Nun, worauf er damit anspielte: Wegen der für ihn offenbar zu vielen Forderungen nach einer Gleichstellung von Transmenschen dürfe man jetzt nicht mehr "Muttermilch" sagen, weil sich womöglich Transpersonen ausgeschlossen fühlen könnten – deshalb sollten "Mütter" und gar Frauen aus dem Sprachgebrauch verschwinden. Ein Behauptung, die inzwischen beileibe nicht nur von Rechten zu hören ist – in sozialen Medien schließen sich viele andere dieser gezielten Hetze gegen eine Minderheit an.

"Mütter" verschwinden? 

Oder ist es doch überschießende politische Korrektheit, diese "Humanmilchbank"? Nein, wie Kollegen vom "Profil" zeigten, denn die "Bank" hat nicht nur "Muttermilch", die die Milch einer Mutter für ihr eigenes Baby meint, sondern auch "Frauenmilch", also Milch von Spender:innen ihrer Milch – für andere Babys, deren Mütter sie nicht sind.

Es zeigte sich, "Humanmilchbank" ist im deutschsprachigen Raum in medizinischen Kontexten nicht neu und auch geläufig. Und: Es wird neben diesem Begriff auch "Muttermilch" oder "Frauenmilch" verwendet, man darf das. Franz, der einmal sagte, "Feminismus geht von hässlichen Frauen aus", oder dass "freiwillige Kinderlosigkeit" und deshalb auch Homosexualität "amoralisch" seien, tut nun so, als gehe es ihm darum, dass Frauen respektive Mütter – bei ihm fällt wohl beides in eins – sprachlich verschwinden. Ein Ex-Politiker einer Partei, die in Niederösterreich nun verbietet, in bestimmten Schriftstücken Frauen sprachlich sichtbar zu machen. 

Also: Wie oft lassen sich auch Konservative bis Liberale von diesem giftigen Benachteiligungsdiskurs privilegierter Männer einlullen? Es wäre Zeit, endlich dazuzulernen. (Beate Hausbichler, 28.6.2023)