Kanzler Karl Nehammer (ÖVP)
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrats, der am Dienstagabend zum 60. Mal in seiner Geschichte zusammentrat.
APA/EVA MANHART

Angesichts des Aufstands der Wagner-Gruppe in Russland vom vergangenen Wochenende hat am Dienstagabend im Wiener Bundeskanzleramt der Nationale Sicherheitsrat getagt. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) berief das Gremium ein, nachdem SPÖ-Chef Andreas Babler dies bereits am Wochenende verlangt hatte. Wie ein Sprecher des Kanzleramts dem STANDARD am Mittwoch mitteilte, wurden in der anderthalbstündigen Sitzung jedoch keine Beschlüsse gefasst und auch keine Anträge gestellt – dementsprechend sprach Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bereits im Vorfeld davon, dass die Sitzung der Vermittlung von Information diene und nicht auf Beschlüsse abziele. 

Der Nationale Sicherheitsrat besteht seit dem Jahr 2001, seine Gründung war eine Reaktion auf die 9/11-Terroranschläge in den USA. Seit damals gab es insgesamt 60 Sitzungen, zuletzt etwa im Sommer 2022 zur Lage der Gasversorgung und zuvor einige Male zu Fragen rund um den Ukrainekrieg. Die Funktion des Rats besteht in der Beratung der Bundesregierung in Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Im Gremium mit Stimmberechtigung vertreten sind Kanzler, Vizekanzler, die Ministerinnen und Minister für Verteidigung, Inneres, Äußeres und Justiz sowie Abgeordnete aller Parlamentsparteien, die von sich aus eine Einberufung des Rats veranlassen können.

SPÖ weiterhin verwundert über Nehammer-Aussagen

Zusätzlich sind ohne Stimmrecht auch hochrangige Beamte im Sicherheitsrat dabei. Da die Beratungen laut Gesetz – sofern intern nichts Gegenteiliges beschlossen wird – vertraulich sind, dürfen die genauen Inhalte der Gespräche von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Regel nicht kommuniziert werden. Darauf verwies auch der Sprecher des Kanzleramts am Mittwoch. SPÖ-Chef Andreas Babler lässt auf STANDARD-Anfrage bloß wissen, dass die Sitzung aus seiner Sicht enttäuschend gewesen sei, weil Kanzler Nehammer seine medialen Aussagen zu einem möglichen "inneren russischen Konflikt auf österreichischem Boden" nicht näher erläutert habe und eine politische Einschätzung habe vermissen lassen. 

Auch FPÖ und Neos zeigten sich bereits im Vorfeld des Sicherheitsrats über die Aussage Nehammers verwundert – vom Kanzleramt hieß es dazu, es sei ihm um verstärkte polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen etwa beim russischen Botschaftsgebäude gegangen. Es handle sich um "Prävention", damit möglichem "Aktionismus" entgegengewirkt werde. 

Die Opposition kritisiert, dass sie nicht schon am Wochenende von der Regierung umfassend über die Sicherheitslage informiert worden sei: Am Sonntag hatte das sogenannte Krisenkabinett getagt, zu dem Kanzler und Vizekanzler sowie Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, Innenminister Gerhard Karner und Außenminister Alexander Schallenberg gehören – auch der Chef des Staatsschutzes, Omar Haijawi-Pirchner, war dabei. Konkrete Hinweise auf eine vom Chaos in Russland bewirkte Gefahrenlage in Österreich sollen allerdings auch dort nicht dargelegt worden seien. (ta, 28.6.2023)