Eine wärmere Welt bedeutet mehr extreme Wetterereignisse. Häufigere Überflutungen und langanhaltende Dürren im Jahresrhythmus haben diesen Zusammenhang in den letzten Jahren in manchen Regionen der Erde teilweise drastisch vor Augen geführt. Doch der Klimawandel verstärkt nicht nur diesen Effekt, er verändert ihn auch: Die steigenden Durchschnittstemperaturen lassen es künftig regnen, wo früher Schnee vom Himmel fiel.

Vor allem in den Gebirgen der Nordhalbkugel müssen sich die Menschen darauf einstellen, berichtet nun ein US-Forschungsteam. Die Gefahren, die sich aus dieser Entwicklung ergeben, seien nicht zu unterschätzen, warnen die Wissenschafter: Die Wassermassen werden zu Überschwemmungen, Erdrutschen und Bodenerosion führen.

Gebirgsregion
Es wird in den Bergen der Nordhalbkugel künftig mehr regnen und weniger schneien – mit all den gefährlichen Begleiterscheinungen dieser Entwicklung.
Foto: IMAGO/Jan Eifert

Riskante Bergregionen

"Ein Viertel der Weltbevölkerung lebt in Gebirgsregionen oder an ihren Aufläufern", sagte Mohammed Ombadi vom Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien, Erstautor der im Fachjournal "Nature" veröffentlichten Studie. "Sie alle werden von diesem Risiko direkt betroffen sein."

Dass die Niederschläge bei extremen Ereignissen mit dem Klimawandel zunehmen, wurde bereits in früheren Studien und Modellen nachgewiesen. Nicht ganz klar war allerdings, ob diese Wassermengen regional und saisonabhängig als Regen oder Schnee niedergehen. Um nachzuvollziehen, zu welchen Verschiebung der Niederschlagsmuster die Klimaveränderungen führen könnten, kombinierten Ombadi und seine Kolleginnen und Kollegen Daten aus Klimabeobachtungen der letzten 70 Jahre mit modellbasierten Prognosen bis zum Jahr 2100.

15 Prozent pro ein Grad Celsius

Die nun präsentierten Ergebnisse zeichnen einen eindeutigen Trend vor: Künftig wird der Anteil des Wassers, das als Schnee fällt, in Gebirgsregionen abnehmen, der Regenanteil nimmt im Gegenzug zu. Diese Entwicklung konnte das Team um Ombadi sogar in Zahlen fassen: Für jeden Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um ein Grad Celsius erwarten die Forschenden durchschnittlich 15 Prozent mehr Regen in hohen Lagen.

"Diese Zunahme der Niederschlagsextreme wird nicht erst in den kommenden Jahrzehnten auf uns zukommen – wir können sie schon jetzt beobachten", sagte Ombadi. "Die von uns festgestellte Rate war auch in den Daten von 1950 bis 2019 zu erkennen. Die Niederschlagsextreme in den Gebirgen haben also bereits zugenommen."

Klimawandel, Erdrutsche, mehr Regen
In der vergangenen Woche kamen bei Überschwemmungen und Erdrutschen in Nepal zahlreiche Menschen ums Leben. Derartige Katastrophen könnten nach Ansicht der Forschenden in den nächsten Jahren weiter zunehmen.
Foto: REUTERS/Roman Gurung

Betroffen davon sind praktisch alle Gebirgszüge der nördlichen Hemisphäre, doch einige nordamerikanischen Gebirge am Pazifik, der Himalaja und die Regionen in den hohen Breiten sind den Forschern zufolge besonders stark von extremen Niederschlägen bedroht. Über die Gründe für diese ungleiche Verteilung herrscht noch Unklarheit.

Vorbauen

"Es könnte jedoch daran liegen, dass in den betroffenen Gebirgen, etwa den nordamerikanischen Gebirgszügen am Pazifik, ein erheblicher Teil der Schneefälle typischerweise bei Temperaturen knapp unter null Grad Celsius fällt", sagte Ombadi. Schon bei der geringsten Änderung der Lufttemperatur würden sich demnach diese Schneefälle in Regen verwandeln.

Ombadi hofft, dass dieser Wandel bei den Niederschlägen von Bauingenieuren und Planern nicht außer Acht gelassen wird. "Wir müssen diese Ergebnisse bei der Planung und dem Bau der Infrastruktur in Bergregionen berücksichtigen, damit sie den negativen Folgen zunehmender Niederschlagsextreme standhalten können", betont der Klimaforscher. (Thomas Bergmayr, 28.6.2023)