Vorgefertigte Module aus Holz, die in der Fabrik hergestellt und auf der Baustelle mit wenigen Handgriffen zu mehrstöckigen Wohngebäuden zusammengeschraubt werden: Das ist das Geschäftsmodell des österreichisch-deutschen Start-ups Gropyus. Ein erster Prototyp des "nachhaltigen seriellen Bauens", das Gropyus zum Ziel erklärt hat, wurde im Vorjahr in der Nähe von Koblenz errichtet (DER STANDARD berichtete), ein zweites Großprojekt läuft derzeit im deutschen Immendingen in der Nähe des Bodensee. Dort sollen in neun Bauteilen 99 Wohneinheiten entstehen, unter anderem um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines nahe gelegenen Werks eines Autoherstellers zu versorgen, berichtet Bernd Oswald, Mitgründer von Gropyus.

In Immendingen errichtet Gropyus 99 Wohneinheiten.
In Immendingen errichtet Gropyus 99 Wohneinheiten.
Visualisierung: Gropyus

Wiederaufbaukonferenz

Große Chancen für die möglichst zeit- und ressourcensparende Bauweise erblickt man aber auch im notwendigen Wiederaufbau der Ukraine. Zigtausende Wohngebäude wurden und werden dort bekanntermaßen von russischen Raketen zerstört. Ist der Krieg einmal beendet, wird der Wiederaufbau eine große Herausforderung.

Eine zweitägige internationale Konferenz hat sich kürzlich in London damit beschäftigt. Oswald war mit dabei und hat dort in Gesprächen mit ukrainischen Immobilienentwicklern, aber auch mit westlichen Investoren das Gropyus-Modulsystem vorgestellt. "Der Wille ist da", so Oswalds Resümee nach der Konferenz. "Die Ukraine würde gerne so schnell wie möglich mit dem Wiederaufbau beginnen", im Westen herrsche aber noch Skepsis vor, insbesondere natürlich deshalb, weil es leider nach wie vor Raketen auf ukrainische Städte und Dörfer hagelt.

Doch etwa 500 globale Unternehmen seien an Investitionen in der Ukraine interessiert, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj nach der Konferenz, auf der 60 Milliarden Euro für den Wiederaufbau der Wirtschaft des kriegszerstörten Landes zugesagt wurden. Ein Großteil davon kommt aus einem 50 Milliarden Euro schweren Hilfspaket, das die Europäische Union bis 2027 bereitstellen will. Sehr wichtig wären aus Oswalds Sicht allerdings Versicherungslösungen, um private Investitionen in der Ukraine gegen Kriegsrisiken abzusichern.

Arbeitsplätze schaffen

Gropyus würde für die Ukraine seine modulare Bauweise etwas adaptieren, sagt Oswald. Die Wohnbauten sollten nämlich möglichst manuell auf- und auch wieder abgebaut werden können, "denn es braucht ein System, das auch Leute vor Ort wieder in Beschäftigung bringen kann".

Im Gropyus-Werk im deutschen Richen wird derzeit laut Oswald eine Ausweitung der Produktion angestrebt, ein Etappenziel ist die Herstellung von 3.500 Wohneinheiten pro Jahr. An Gropyus beteiligt ist seit ein paar Monaten auch die deutsche Vonovia AG, zu der die Buwog gehört. Die Firma beschäftigt derzeit rund 380 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Standorten in Deutschland, Österreich und Liechtenstein, etwa 100 davon sind Software-Entwickler. (Martin Putschögl, 6.7.2023)