Unfreiwillige Staus führen oft zu Frust.
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Die Samstage in den Sommerferien riechen nach Auspuff und verbrannten Reifen. Sie glitzern bunt. Rote, grüne, blaue, silberne Punkte – wie aufgefädelt über dem Asphalt, die Luft flimmernd über den heißen Motorhauben. Daneben, stehend, rauchende, schimpfende, schlechtgelaunte Menschen mit roten Köpfen.

Ich bin in Tirol aufgewachsen, in einem kleinen Dorf im Bezirk Reutte. Dort schlängelt sich die Fernpassstraße B179 vorbei, ein enger Gebirgspass, auf dem sich Fahrzeuge in Massen in Richtung Süden schieben. Stau gehört zu meinen sommerlichen Kindheitserinnerungen wie am Flussufer gegrilltes Stockbrot, Barfußlaufen und Mückenstiche. Am Wochenende sind wir nur im Notfall ins Auto gestiegen, eingekauft wurde unter der Woche. In manchen Tälern, im Zwischentoren zum Beispiel, blockiert die Blechlawine die Ausfahrt aus dem Dorf. Bei medizinischen Notfällen wird der Hubschrauber gerufen. Verstopfte Straßen, verpestete Luft, Lärm. Alltag für viele Menschen hier.

Tirol war im vergangenen Sommer laut ÖAMTC-Bilanz mit 26,8 Prozent aller Stauaufkommen das staureichste Bundesland, gefolgt von Salzburg mit 22,6 und der Steiermark mit 15,8 Prozent. Hauptausschlaggebend dafür, dass Tirol etwa ein Viertel aller Staus zu verzeichnen hatte, war die Fernpassstraße aus meinen Kindheitserinnerungen. Als Ende Juni die Sommerferien im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen starteten, staute sich der Verkehr dort abschnittsweise über 17 Kilometer.

Der ÖAMTC verzeichnete im Sommer 2022 einen leichten Staurückgang – auf insgesamt 535 Staus. Als solcher gilt eine Kolonne ab eineinhalb Kilometer Länge oder Verzögerungen von mehr als 15 Minuten. Gemessen wurde an den Samstagen und Sonntagen während der Ferien. Eine Staubilanz für diesen Sommer liegt natürlich noch nicht vor. Seit Freitag ist aber bekannt, dass eine zusätzliche Belastung ansteht: Ab 6. August wird die Brenner-Bahnstrecke für zwei Wochen gesperrt. Der Personen- und der Güterverkehr drängen in dieser Zeit von der Schiene auf die Straße.

Was ist zu erwarten?

1. Wochenenden meiden

Ein Anruf bei einer, die es wissen muss: Dagmar Schröckenfuchs arbeitet für die ÖAMTC-Mobilitätsinformationen. "Der Hauptreisetag ist immer noch der Samstag, die Rückreise wird meist am Sonntag angetreten", sagt Schröckenfuchs. Dennoch sei festzustellen, dass sich immer mehr Menschen schon am Donnerstag ans Steuer setzen. Schröckenfuchs rät: "Wer zeitlich ausweichen kann, soll das machen."

2. Abfahrverbote beachten

Dass im vergangenen Jahr etwas weniger Staus verzeichnet wurden, liegt ihrer Meinung nach auch an den Durchfahrtssperren entlang der Transitrouten. Insgesamt 76 Ab- und Durchfahrtssperren führten dazu, dass das Staugeschehen auf die "Haupttransitrouten" konzentriert wurde. Dazu zählen neben der beschriebenen Fernpassstrecke die Tauern-Autobahn A10 in Salzburg, die Pyhrn-Autobahn A9 in der Steiermark wie auch die West-Autobahn A1 und die Karawanken-Autobahn A11 sowie die Brenner-Autobahn A13. In Tirol hätten die Abfahrverbote erst mit Ferienbeginn erfolgen sollen. Nun wurden sie für den Großraum Innsbruck aber schon um zwei Wochen vorverlegt. Ziel-, Quell- und Anrainerverkehr sind ausgenommen.

3. Baustellen recherchieren

Die meisten Staus – im vergangenen Sommer waren es laut ÖAMTC 42,2 Prozent – werden durch eine Verkehrsüberlastung verursacht, gefolgt von Unfällen, die für 30,8 Prozent der Staus verantwortlich waren. Die dritte Ursache sind Baustellen, die sich in manchen Fällen umfahren und vermeiden lassen. Geschremmt, getüftelt und renoviert wird in diesem Sommer etwa auf der Brenner-Autobahn A13.

Die A13 führt durch das enge Wipptal, an Dörfern vorbei, die sich an steile Bergflanken schmiegen. Sie wurde in den 1960ern erbaut und ist damit eine der ersten Gebirgsautobahnen der Welt. Heute ist der Brenner-Korridor vor allem eines: billig. Und zwar sowohl was die Mauttarife als auch was die Treibstoffpreise betrifft. Deshalb ist der Abschnitt beliebt bei Urlaubenden, Speditionen und Transportunternehmen.

Rund 40 Prozent des Gütertransits am zentralen Alpenbogen werden über die Brenner-Achse abgewickelt. Knapp 2,5 Millionen Lkws sind laut Autobahnbetreiber Asfinag im Vorjahr über den Brenner gedonnert.

Den Menschen im Wipptal geht es wie jenen in meinem Heimatbezirk: Sie ächzen unter der Blechlawine. Aber nicht nur sie, sondern auch die Infrastruktur. Die A13 ist schwer baufällig. Die Asfinag betont zwar stets, dass die Arbeiten nach Verkehrsaufkommen geplant und immer zwei Spuren freibleiben würden. Theoretisch. Ein Wohnwagen mit Boot im Schlepptau hat manchmal neben einem Lkw keinen Platz.

Heute lebe ich in Innsbruck. Von hier aus ist man in gut 40 Minuten in Italien. Freie Fahrt über die A13 vorausgesetzt. Doch meistens, vor allem an den Wochenenden, steht man im Stau. Im Sommer kommen Kindheitserinnerungen hoch. Sie riechen nach Asphalt und verbrannten Reifen und glitzern bunt über dem flimmernden Asphalt. (Maria Retter, 29.6.2023)