Die Datenauskunft von Bitcoin.de könnte über die Landesgrenzen hinaus Folgen für Anleger haben.
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Wie bereits bekannt geworden ist, will die Finanzverwaltung im deutschen Nordrhein-Westfalen mögliche Steuerhinterziehungsfälle im Kryptobereich aufdecken. Zu diesem Zweck hat sie Informationen über Anleger angefordert, die zwischen 2015 und 2017 auf der Kryptobörse Bitcoin.de gehandelt haben. Das daraus resultierende Datenpaket soll rund 4.000 Personen benennen, die mehr als 50.000 Euro pro Jahr umgesetzt haben. Auch für Österreich könnte diese Initiative Folgen haben: Kryptosteuer-Expertin Natalie Enzinger von crypto-tax.at erklärt, warum Kryptoanleger in Österreich bald Post vom Finanzamt bekommen könnten – und was in so einem Fall zu tun ist.

Der Vorstoß aus Deutschland könnte aus guten Gründen auch die österreichische Finanzverwaltung auf den Plan rufen. Einerseits besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die Auskunft von Bitcoin.de Daten von Österreichern enthält. "Wenn sich herausstellt, dass jemand in Österreich ansässig ist, wird dies mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ignoriert. In der Regel werden solche Informationen innerhalb der EU mit anderen Finanzverwaltungen geteilt", sagt Enzinger. In so einem Fall ist ein Abgleich der Finanzverwaltung nur eine Frage der Zeit. Fällt auf, dass nichts erklärt worden ist, folgt eine aktive Nachfrage.

Dominoeffekt der Kontrolle

Andererseits könnte eine Vorgehensweise wie bei Bitcoin.de auch einen Dominoeffekt in EU-Ländern auslösen. "Bisher standen Kryptowährungen nicht im Fokus der Finanzbehörden, aber wenn Deutschland jetzt solche Maßnahmen ergreift, könnten andere Länder früher oder später ähnliche Initiativen starten", sagt Enzinger. Generell sei es schwierig abzuschätzen, wie hoch die hinterzogenen Steuern in Österreich im Zusammenhang mit Kryptowährungen sind. Öffentliche Zahlen zu Österreich liegen nicht vor.

Enzinger vermutet, dass Kryptowährungen im Vergleich zu anderen Formen der Steuerhinterziehung einen geringeren Anteil ausmachen. Es sei für die Finanzbehörden aber nicht schwer, nationale Kryptodienstleister um Auskunft zu bitten und in weiterer Folge auffällige Personen auszumachen. "Wenn man an Kryptobörsen anknüpft, könnten diese Schritte schon ein wesentlicher Aspekt zur Überprüfung der Steuerehrlichkeit von Steuerpflichtigen in Österreich sein", sagt die Kryptosteuer-Expertin.

Selbstanzeige gegen hohe Strafen

Der Tatbestand der Abgabenhinterziehung ist leicht erfüllt, sobald man als Anleger weiß, dass Kryptowährungen zu versteuern sind, und das nicht gemacht hat. Das Strafausmaß selbst hängt von der Höhe der Steuerverkürzung ab, geht aber maximal bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrags. Aus einer Steuerverkürzung von 5.000 Euro würde also eine Strafe in der Höhe von 10.000 Euro resultieren. Ist man unbescholten, ist die Erststrafe wesentlich geringer, das Mindestmaß beträgt aber auch dann noch zwanzig Prozent des Zweifachen des Verkürzungsbetrags, im fiktiven Beispiel also 2.000 Euro. Bei ganz hohen Beträgen ist eine Freiheitsstrafe nicht mehr auszuschließen.

Das Hauptproblem dabei ist häufig, dass Betroffene erst dann zu handeln beginnen, wenn sie schon von der Finanzverwaltung angeschrieben worden sind. In so einem Fall muss erst geprüft werden, ob Selbstanzeige überhaupt noch möglich ist. Es besteht nämlich ein Unterschied darin, ob man sozusagen "entdeckt" wurde oder ob man ganz allgemein zur Steuererklärung aufgefordert wird. "Aktuell haben wir das Gefühl, dass die Leute eher erst dann zu uns kommen, wenn der Hut brennt. Wir haben noch immer laufende Fälle, wo Leute für die Jahre 2017 und danach Selbstanzeige erstatten", bestätigt Enzinger. Die Erstellung von Krypto-Selbstanzeigen und die Begleitung in der Abwicklung mit der Finanzbehörde gehört für sie und ihr Team zum "daily business".

Ist eine Selbstanzeige möglich, handelt es sich um ein formales Schreiben, das vorgegebene Punkte und die genaue Steuerlast enthalten muss. Innerhalb einer gewissen Frist, in der Regel einen Monat nach dem Bescheid, muss die Steuer auch bezahlt werden. Sind die finanziellen Mittel nicht verfügbar, lässt sich der Betrag bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren auch in Raten abbezahlen. Für eine Straffreiheit muss aber unbedingt eine Form der Zahlung geleistet werden. Damit vermeidet man nicht nur die Strafe, sondern auch die ganzen Verfahrenskosten, die daraus resultieren können.

Der Druck wird erhöht

In den kommenden Jahren wird das Entdeckungsrisiko für Steuerhinterziehung im Kryptobereich mit hoher Wahrscheinlichkeit zunehmen, da die EU-Regulierung den automatischen Datenaustausch zwischen Kryptobörsen und Steuerbehörden vorsieht und die Steuerbehörden ihre Fähigkeiten zur Datenauswertung verbessern.

Frühestens ab dem 1. Jänner 2026 wird zum einen die sogenannte DAC-8-Richtlinie in Kraft treten. Sie verpflichtet Kryptodienstleister, zum Beispiel Börsenplattformen, die in der EU ansässig sind, Kundendaten an das jeweilige Ansässigkeitsfinanzamt zu melden. Dadurch soll eine Transparenz geschaffen werden, die Behörden jederzeit wissen lässt, wer welche Kryptowährungen in welchem Land besitzt. Zum anderen kommt die OECD-Maßnahme CARF (Crypto-Asset Reporting Framework) hinzu, die Steuerbehörden weltweit einen besseren Einblick in Krypto-Transaktionen und ihre Nutzer geben soll.

Als Kryptoanleger ist es angesichts dieser Entwicklungen ratsam, sich eher früher als später um die korrekte Besteuerung seiner Kryptotransaktionen zu kümmern, um zeitlichen Druck zu vermeiden. Die Erstellung einer vollständigen Dokumentation der Transaktionen kann nämlich zeitaufwendig sein – sie "ist aber unabdingbare Voraussetzung, um die Steuerlast zu berechnen, die in der Selbstanzeige genannt werden muss", gibt Enzinger abschließend zu bedenken. (bbr, 1.7.2023)