Galaxie mit Quasar
Eine künstlerische Darstellung einer Galaxie mit einem Quasar in der Mitte. Dabei handelt es sich um ein supermassives Schwarzes Loch, das unter anderem Radiowellen abstrahlt.
via REUTERS/NASA, ESA and J. Olmsted

Kurz nach dem Urknall schien der Kosmos keine Eile gehabt zu haben. Die Vorgänge des frühen Universums erscheinen für heutige Beobachter extrem langsam. Doch bislang war dieser Effekt nur für bestimmte Himmelskörper nachweisbar. Ein Team von der Universität Sydney fand Belege dafür, dass die physikalischen Prozesse in sehr alten Quasaren von der Erde aus betrachtet deutlich langsamer ablaufen. Davon berichtet eine neue Studie, die nun im Fachjournal "Nature Astronomy" erschien.

"Dank Einstein wissen wir, dass Zeit und Raum miteinander verwoben sind und dass sich das Universum seit dem Beginn der Zeit in der Singularität des Urknalls ausdehnt", sagt Geraint Lewis von der Universität Sydney, der Erstautor der Studie. "Diese Expansion des Raums hat zur Folge, dass unsere Beobachtungen des frühen Universums viel langsamer erscheinen sollten." Doch bisher ließ sich das nur für Sternexplosionen zeigen, die etwa halb so alt waren wie das Universum. Durch die Beobachtung der Quasare ist der Effekt nun auch für deutlich frühere Zeiträume belegt.

Gilt auch für Quasare

Überraschend ist das Ergebnis nicht. Die allgemeine Relativitätstheorie sagt genau diesen Effekt voraus. Dennoch animierte der fehlende Nachweis der Zeitverzögerung bei Quasaren Zweifler der Relativitätstheorie dazu, hier eine Schwachstelle zu vermuten. "Diese früheren Studien führten dazu, dass man sich fragte, ob Quasare wirklich kosmologische Objekte sind oder ob die Vorstellung eines sich ausdehnenden Raums überhaupt richtig ist", sagt Lewis.

Quasar mit Jet
Eine künstlerische Darstellung des Quasars P172+18 beim Ausstoßen von Jets.
APA/AFP/European Southern Observatory/M. Kornmesser

Besonders beliebt ist dieser Einwand in Kreisen, die an eine Lehre namens Kreationismus glauben, nach der Gott das Universum erst vor wenigen Tausend Jahren erschaffen hat. Diese Überzeugung ist unter anderem in den USA verbreitet, wird zum Teil sogar an Schulen unterrichtet und bedarf einer ganzen Reihe kühner Hilfshypothesen. So müssten nach dem kreationistischen Weltbild Steinzeitmenschen und Dinosaurier zeitgleich existiert haben, um erdgeschichtliche Zeitspannen von vielen Millionen Jahren auf wenige Tausend Jahre zusammenschrumpfen zu können.

Auch die Kosmologie mit ihren Milliarden Jahre dauernden Zeitspannen ist für diese Lehre ein Problem. Laut kreationistischer Lesart gibt es Hinweise, dass Quasare eigentlich aus jüngeren Galaxien stammen und später hinausgeschleudert wurden, um so die Verschiebung des von ihnen abgestrahlten Lichts hin zu längeren Wellenlängen, Rotverschiebung genannt, zu erklären. Die Rotverschiebung wäre damit kein Hinweis auf eine große Entfernung. Quasare dienten so als eine Art Rettungsanker, um nach Möglichkeit die ungeliebte Relativitätstheorie in Zweifel zu ziehen oder vielleicht sogar zu Fall zu bringen.

Relativitätstheorie bewährt sich

Doch das Ergebnis von Lewis und seinem Team schließt eine weitere Lücke in unserem Verständnis des Universums. "Mit diesen neuen Daten und Analysen ist es uns gelungen, das schwer fassbare Ticken der Quasare aufzuspüren, und sie verhalten sich genau so, wie Einsteins Relativitätstheorie es vorhersagt", zeigt sich Lewis zufrieden. Den Ausschlag gaben Beobachtungsdaten von etwa 190 Quasaren über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren.

Die Bezeichnung Quasar ist ein Kunstname, der verrät, dass es sich um eine sternenähnliche Quelle von Radiowellen handelt. Eigentlich handelt es sich um aktive Galaxienkerne. Es sind supermassive Schwarze Löcher im Zentrum von Galaxien, die für extrem energiereiche Strahlungsausbrüche in verschiedenen Wellenlängen sorgen. Schwarze Löcher schlucken eigentlich alles Licht, das sie erreicht, doch sie sammeln Gas in ihrer Umgebung, in dem durch die enorme Schwerkraft teils extreme Bedingungen herrschen, die für die Ausbrüche verantwortlich sind.

Ein fiktiver Beobachter vor Ort hätte damals übrigens keinen Unterschied bemerkt, betont Lewis: "Wenn Sie dort wären, in diesem jungen Universum, würde Ihnen eine Sekunde wie eine Sekunde vorkommen. Aber von unserer Position aus, mehr als zwölf Milliarden Jahre in der Zukunft, erscheint die Zeit gestreckt."

Dass sich Menschen, die dem Kreationismus anhängen, von dem neuen Ergebnis beeindrucken lassen, darf bezweifelt werden. (Reinhard Kleindl, 4.7.2023)