Mehr als drei Viertel des gesamten Welthandelsvolumens an Waren werden heute auf dem Seeweg transportiert. Die Mengen, um die es dabei geht, steigen rasant – der Verkehr auf den Meeren wird immer dichter. Damit klettern auch die Emissionen in die Höhe, die die Schifffahrt erzeugt. Heute verursacht sie rund drei Prozent der globalen Treibhausgase. Bis 2030 könnten die Emissionen im Vergleich zu 2008 um über 15 Prozent steigen. Alternativen zu dem billigen, aber dreckigen Schweröl, das weiterhin häufig eingesetzt wird, stecken noch in den Kinderschuhen.

Schiff im Meer von vorne, Froschperspektive
Die Schifffahrt belastet das Klima, aber auch die Natur - etwa durch im Meer entsorgtes Öl.
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Dennoch zeigen neue Studien: Die Emissionen der Schifffahrt könnten bis 2030 halbiert werden, sogar ohne den Handel zu beeinträchtigen. "Die Länder wissen, dass dieses Ziel sowohl machbar als auch bezahlbar ist", sagt John Maggs, Direktor für Schifffahrtspolitik bei der Organisation Seas at Risk. Sie hat anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Internationalen Konvention zum Stopp der Meeresverschmutzung durch Schiffe (Marpol) eine neue Studie veröffentlicht. Sie kritisiert: Die Schifffahrt habe bislang dabei versagt, ihre Emissionen entsprechend zu reduzieren. Der Umstieg auf alternative Kraftstoffe gehe zu langsam.

Frachter sollen zahlen

Einige Antworten soll die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) – jener Arm der UN, der die globale Schifffahrt reguliert – liefern. Die Staaten treffen sich dazu diese Woche in London. Neben neuen Klimazielen und Möglichkeiten, auf nachhaltigere Antriebsarten umzustellen, geht es dort auch um eine neue Steuer. Laut Vorschlägen, die dazu kursieren, soll sie bis zu hundert Dollar pro Tonne CO2 betragen und der globalen Klimafinanzierung zugutekommen.

Die Pläne dazu wurden bereits vergangene Woche auf dem Pariser Gipfel für einen neuen Finanzpakt diskutiert. Bislang wird die internationale Meeresschifffahrt kaum besteuert, weil keine Regierung für die Hochsee zuständig ist. Eine neue Steuer müsste die IMO beschließen. Damit könnte sie den Umstieg auf nachhaltigere Technologien beschleunigen, so die Annahme.

Weniger Unfälle, aber der Schein trügt

Es gäbe jedenfalls viel aufzuholen: Neben den Emissionen und ihrer steigenden Klimawirkung schadet die Schifffahrt auch der Unterwasserwelt. Große Tanker- und Bohrlochunfälle seien zwar seltener geworden, heißt es in dem Bericht von Seas at Risk. Trotzdem gelangt jeden Tag viel Öl ins Meer – etwa beim Ablassen von Ölresten. Diese kleinen illegalen Entsorgungen verschmutzen die Meere insgesamt zehnmal stärker als die großen Unfälle, so die Organisation.

Dazu kommen Rückstände der giftigen Antifouling-Farbe, die von Schiffsrümpfen ins Meer gelangt, Abwässer von Kreuzfahrtschiffen und die Lärmbelästigung, die in den vergangenen 50 Jahren um das 32-Fache zugenommen hat.

Schiff MV Yara Birkeland liegt im Hafen, Langkaia, Oslo.
Die norwegische Yara Birkeland soll das erste autonom fahrende, elektrisch betriebene Frachtschiff der Welt werden.
AP

All diese Folgen nehmen überall auf der Welt zu – auch in Gebieten, in denen die Schifffahrt bislang weniger präsent war, wie der Arktis. Weil sich das Eis allmählich zurückzieht, wird das Gebiet als Abkürzung zwischen Pazifischem und Atlantischem Ozean immer attraktiver. Dabei ist die Arktis besonders empfindlich: Ein Ölunfall hätte dort katastrophalere Folgen als anderswo, und die Rußpartikel der Schiffe führen dazu, dass weniger Sonnenlicht von der weißen Oberfläche ins All reflektiert wird – was den Klimawandel weiter anheizt.

Segel und Ammoniak

Ideen, um die Klima- und Umweltauswirkungen der Schifffahrt zu mindern, gibt es genug. Forschungseinrichtungen und Unternehmen versuchen etwa, Schiffe nachhaltiger zu machen, indem sie zurück zu den Ursprüngen der Schifffahrt gehen – und Segel statt Motoren als Antrieb nutzen. Zwar sind bereits eine Handvoll Segelfrachter unterwegs, doch die Wiederentdeckung des Windes hat erst begonnen. Für schwere Containerschiffe müssten Segel enorm groß sein – und könnten auch dann nur einen Teil der Motorleistung ersetzen.

Schiff vom Hafen in Kobe, Japan, aus gesehen.
Die Suiso Frontier, ein mit Wasserstoff betriebenes Schiff in Kobe, Japan. Wasserstoff und aus Wasserstoff hergestellte Treibstoffe gelten als Zukunftstechnologie für die Schifffahrt.
via REUTERS

Vielversprechender sind andere Antriebsarten. In Skandinavien sind etwa bereits Fähren und Frachtschiffe mit Batterieantrieb unterwegs. Dieser eignet sich aktuell aber nur für kurze Strecken. Für die Hochseeschifffahrt sind eher alternative Treibstoffe wie Wasserstoff, Ammoniak oder Methanol gefragt, die aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Die dänische Reederei Maersk, die zweitgrößte der Welt, hat bereits 19 Containerschiffe geordert, die auch mit Methanol betrieben werden können.

Derzeit fehlen allerdings noch die benötigten Mengen an alternativen Treibstoffen. Das liegt auch an der geringen Nachfrage – denn die Anreize für die Reedereien, den viel teureren Öko-Sprit zu tanken, sind gering.

China blockiert

Eine neue Steuer auf Schifffahrtsemissionen könnte alternative Antriebsarten attraktiver machen. Doch mehrere der 175 Staaten, die an der Konferenz der UN-Organisation in London teilnehmen, stellen sich gegen eine solche Abgabe.

Wie die Financial Times berichtet, soll China Entwicklungsländer dazu aufgefordert haben, ein übermäßig ehrgeiziges Emissionsreduktionsziel abzulehnen. Auch Brasilien, Argentinien und Südafrika, die stark vom Schiffsverkehr abhängig sind, haben sich gegen eine Abgabe ausgesprochen. Andere Staaten, allen voran Barbados, fordern die Abgabe mit Nachdruck – sie soll zusätzliches Geld in die Klimafinanzierung lenken.

Während die Uno weiterverhandelt, gibt es in der EU Fortschritte: So hat das EU-Parlament kürzlich für eine Reform gestimmt, mit der der bestehende Emissionshandel auch auf die Schifffahrt ausgeweitet werden soll. Reedereien müssen dann für jede Tonne CO2, die sie ausstoßen, zahlen – und sich nach Alternativen umsehen. (Philip Pramer, Alicia Prager, 4.7.2023)