Es gibt also wieder einen neuen Termin: "Im Herbst" soll das lange versprochene Informationsfreiheitsgesetz beschlussreif ins Parlament kommen. Das hat Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) unlängst versprochen. Die Reform soll ja das Amtsgeheimnis aus der Verfassung streichen und stattdessen ein einklagbares Recht auf Information von staatlichen Stellen für alle bringen.

Zur Erinnerung: Die Regierung hatte die Abschaffung des Amtsgeheimnisses ursprünglich schon für Sommer 2020 angekündigt. Zu diesem Zeitpunkt war es dann laut der türkis-grünen Koalition "auf der Zielgeraden". Im Februar 2021 sagte Edtstadler, sie wolle kein Zieldatum mehr nennen. Wenig später hatte sich die Koalition auf einen Entwurf geeinigt und schickte ihn in Begutachtung. Nach zahlreichen kritischen Stellungnahmen passierte lange nichts. Im Dezember 2022 kündigte Edtstadler Änderungen am Entwurf an. Diese sollten im Juni 2023 vorgestellt werden – was dann aber nicht passiert ist.

Ein mit einem Vorhängeschloss versperrter Aktenschrank mit der Aufschrift
Österreich ist ein geheimnisvolles Land. Das Amtsgeheimnis steht im Verfassungsrang, die Verwaltung kann im Verborgenen arbeiten.
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Jetzt also will Edtstadler ihren überarbeiteten Entwurf "im Herbst" in den parlamentarischen Prozess schicken. Nachdem eine Vorgängerversion des Gesetzes schon in Begutachtung war, soll die Informationsfreiheit dann als Regierungsvorlage direkt zur Abstimmung geschickt werden. Eine Sprecherin Edtstadlers verwies auf Nachfrage auf das letzte Statement der Ministerin: "Wir befinden uns bei der Informationsfreiheit auf den letzten Metern." Das gelte nach wie vor.

Grüne ohne Entwurf

Die Grünen haben noch keine Zeile des neuen Entwurfs gesehen, wie Verfassungssprecherin Agnes Sirkka Prammer auf STANDARD-Anfrage bestätigt. "Wir sind jeden Tag bereit, weiter zu verhandeln", sagt die Mandatarin.

Immer mehr spricht dafür, dass auch dieser Anlauf für ein Informationsfreiheitsgesetz nicht erfolgreich sein wird. Denn bis dato hat es die Verfassungsministerin noch nicht einmal geschafft, ihre eigene Partei vom ausverhandelten Entwurf aus dem Jahr 2021 zu überzeugen. Und auch die überarbeitete Version, die Bedenken von Ländern und Gemeinden berücksichtigen soll, ist dem Vernehmen nach ÖVP-intern noch nicht abgestimmt. Selbst Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) schien zumindest im Vorjahr nicht überzeugt von dem Vorhaben: Am Parteitag erklärte er die Volkspartei zur Partei der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und äußerte in Bezug auf die Informationsfreiheit ein "Ja zur Transparenz", aber auch ein "Ja zu einer funktionierenden Verwaltung, die bürgernah ist und nicht durch Querulanten lahmgelegt werden kann".

Karoline Edtstadler und Werner Kogler
Müsste sich nach einer ÖVP-internen Zustimmung auch noch mit Grünen-Chef Werner Kogler über das Informationsfreiheitsgesetz einig werden: Karoline Edtstadler.
APA / roland schlager

Doch selbst wenn sich Edtstadler mit den Grünen schnell einig werden sollte, ist der Herbst als Zieldatum ambitioniert. Die Regierung braucht für den Beschluss der Verfassungsmaterie nämlich eine Zweidrittelmehrheit, also auch die Stimmen von FPÖ oder SPÖ.

Die Freiheitlichen haben in den vergangenen Jahren kaum Interesse an der Materie signalisiert – und auch mit der SPÖ könnten schwierige Verhandlungen bevorstehen. Nicht nur, weil die Partei mit viel Selbstbewusstsein ausgestattet ist und sich angesichts des Desinteresses der FPÖ über eine gute Verhandlungsposition freut. Sondern auch, weil die Sozialdemokratie intern ebenfalls uneins scheint, was die Informationsfreiheit betrifft. Während die Bundespartei die Koalition drängt, endlich in Verhandlungen zu treten, steht der rote Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser auf der Bremse: Er sehe noch "einige offene Fragen", sagte er am Wochenende auf Ö1. Kaiser hat mit Juli den Vorsitz der Landeshauptleute-Konferenz übernommen. Er wolle aber alles tun, dass man "vielleicht in diesem nächsten halben Jahr", in dem Kärnten den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz führt, "final in eine Entscheidungsfindung" komme. Eine Zusage zu Edtstadlers Herbstfahrplan klingt anders.

Lange Übergangsfrist

Und dann gibt es noch den ganz banalen Faktor Zeit: Die nächste Nationalratswahl findet planmäßig im Herbst 2024 statt. Erfahrungsgemäß plagen sich Bundesregierungen gegen Ende ihrer Legislaturperiode immer mehr, große Vorhaben weiterzubringen – der Wahlkampf naht und Kompromisse werden zunehmend schwieriger.

Und selbst wenn das neue Gesetz bald beschlossen und kundgemacht wird: Vor der nächsten Wahl tritt es nicht in Kraft. Damit sich Behörden auf die Änderungen einstellen können, gilt nämlich eine Übergangsfrist von voraussichtlich einem Jahr. Man will ja nichts überstürzen mit der Informationsfreiheit. (Sebastian Fellner, 5.7.2023)