Die Bundesregierung hat am Mittwoch angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine strengere Speicherverpflichtungen für Erdgas in Aussicht gestellt. Für geschützte Kunden müssen künftig größere Gasmengen in Österreich vorsorglich gespeichert werden. Zudem müssen Betreiber von Gaskraftwerken zur Stromproduktion in Zukunft einen Sicherheitspolster vorhalten. Für das Vorhaben ist eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat erforderlich.

Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) gab die Pläne am Mittwoch vor dem Ministerrat bekannt. Konkret müssen demnach ab Oktober 2024 Reserven für 45 Tage angelegt werden. Nur wenn nachgewiesen wird, dass das Gas nicht aus russischen Quellen stammt, beträgt die Verpflichtung wie bisher 30 Tage, sagte Gewessler. Darüber hinaus wird die Einspeicherung der staatlichen strategischen Gasreserve bis 2026 verlängert.

Mit dieser Maßnahme setze die Bundesregierung konkrete Vorschläge aus dem Expertenpapier von Gerhard Roiss und Walter Boltz um, wurde betont. Auch sie hätten zur Sicherung der Versorgung eine erhöhte Speicherverpflichtung vorgesehen.

Martin Graf und Energieministerin Leonore Gewessler im Bundesministerium
Gewesslers Ziel ist es, bis 2027 ohne russisches Gas auszukommen.
APA/ROBERT JAEGER

Mehr Rechte für Gaskunden

Zudem sollen Gaskunden analog zur Elektrizitätswirtschaft weitreichendere Rechte gegenüber ihrem Versorger bekommen, geht aus dem Ministerratsvortrag hervor. Unter anderem bekommen Endverbraucher das Recht, Vorauszahlungen einmal pro Halbjahr zu adaptieren. Die gesetzlichen Einmeldeverpflichtungen der Energieversorger an die E-Control werden verstärkt, um eine Verbesserung des Tarifkalkulators zu erzielen. Außerdem kommt die Verpflichtung der Energieversorger, alle Kunden vor Ende der Vertragsbindung und mindestens einmal jährlich auf das Auslaufen der Vertragsbindung bzw. die Wechselmöglichkeit und den Tarifkalkulator der E-Control hinzuweisen.

Energieversorgung soll diversifiziert werden

Bereits im vergangenen Jahr habe die Bundesregierung umfangreiche Maßnahmen zur Einspeicherung von Erdgas in Österreich und auch zur Diversifizierung der Gasversorgung gesetzt, hieß es. Mit der vom Ministerrat vorgesehenen Novelle folgten nun die nächsten Schritte. Für die Beschlussfassung im Parlament solle rasch ein Initiativantrag eingebracht werden, dort ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

"Der letzte Winter hat uns eines gelehrt: Unsere Versorgung ist nur sicher, wenn wir die Vorsorge selbst in die Hand nehmen", begründete Gewessler die Neuregelung. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach von einer strengeren Regelung im Sinne der Versorgungssicherheit und Widerstandsfähigkeit, sollte Russland wieder versuchen, mit Gas Politik zu machen. Ohnehin sei die Versorgungssicherheit aber auf gutem Weg, liege der Speicherfüllstand doch derzeit bei 82 Prozent. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sah sich darin bestätigt, dass die Energiewende mehr Unabhängigkeit und mehr Freiheit bringe. (APA, 5.7.2023)