Peggy Strobel hat ein legendär schönen Espresso mit Witz, Esprit und guten Freunden noch schöner gemacht.
Peggy Strobel hat ein legendär schönen Espresso mit Witz, Esprit und guten Freunden noch schöner gemacht.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Naber auf der Wipplingerstraße ist ein einsames Relikt der Wiener Espressokultur, seit das Café de l’Europe am Graben, die Aidas (rettet die Wollzeile!), das Arabia am Kohlmarkt und das – ebenfalls von Oswald Haerdtl gestaltete – Café Imperial entweder ganz verschwanden oder auf eine Art verunstaltet wurden, dass von ihrer skulpturalen Schönheit nur noch groteske Verstümmelung blieb.

Die Katastrophe lässt das Naber mit der gelben Mosaikfassade und der zukunftsfroh geschwungenen Theke umso wertvoller funkeln. Dass es jetzt von Peggy Strobel, der Lebensgefährtin, einst auch Restaurantleiterin, von Markus Mraz, übernommen und somit in die wirklich lichten Sphären der Wiener Gastronoblesse entführt wurde, hilft aber auch. Strobel engagierte den eng mit Lukas Mraz befreundeten Künstler Frank Maria (der mit den urarg schönen Tatoos!), um die Decke zu gestalten, und tat sich mit Designerin und Galeristin Anna Prinzhorn sowie Percy Thonet vom hessischen Stamm der Möbeldynastie zusammen. Die beiden haben den großen, hinten ans Espresso anschließenden Bereich als Galerie gewidmet. Neben Möbeln zum Probesitzen (sehr zu empfehlen) und Keramikobjekten von Simone Oberlechner (SO Ceramics, Gefährtin von Lukas Mraz) gibt es auch Ausstellungen. Die erste, nach dem Sommer, wird Manuel Mraz gewidmet sein, der Mraz & Sohn nach Peggy Strobel als Restaurantleiter geprägt hat, sich jetzt aber ganz der Kunst widmet.

So sind die Mraz’ samt Entourage hier allgegenwärtig. Logisch, dass man das auch schmecken kann. Bei Mraz & Sohn geröstete Kakaobohnen etwa sind die Basis für die geeiste Schokolade, einen kühlen Zaubertrank voll cremiger Eleganz und Geschmackstiefe, in den man sich in Zeiten wie diesen versenken möchte – wie die Nocke Vanilleeis, die drin schwimmt. Die ist auch hausgemacht, von Zweisterner Markus Mraz persönlich, der schließlich eine Vergangenheit als Gelataio hat. Was soll man sagen? Um schlappe 5,70 Euro geht sich eine derart exquisit erfrischende Versuchung sonst nirgends aus, in der Innenstadt schon gar nicht.

Gerührten Eiskaffee gibt es auch, dafür wird ebendieses Vanilleeis mit Schlag und frisch gebrühtem Espresso aufgeschlagen (Hand! Schneebesen!). Resultiert in eisigem Ambrosia, wird mit einem breiten Strohhalm aus Metall serviert und ist binnen Sekunden hochgezogen, bis zum glücklich saugenden, finalen Röcheln. Verdammt gut, das extra brachiale Durchzugstempo ist halt dem Umstand geschuldet, dass es die Creme bei diesen Temperaturen nur noch marginal gefroren bis in den Mund schafft.

Toastbaumeister

Caffè Mrazza, Schinken-Käse-Toast
Ein klassischer Schinken-Käse-Toast mit exquisiten Zutaten.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Es gibt aber längst nicht nur Süßes, sondern vielmehr auch Toast. Mit Käse von Jumi und Schinken von einer Salzburger Fleischerei in Rufweite zur bayerischen Grenze gerät er zu einem schamlos vulgären, köstlich dahinfließenden Monument des Toastseins. Ist aber auch Karl Heinz Mraz gewidmet, dem Gründer des Brigittenauer Restaurants und Ahnvater der Kunst- und Kochchefitäten. Der Käse ist würzig, vor allem aber viel und cremig schmelzend, der Schinken saftig und kaum merkbar geräuchert, das Brot knusprig und butterig, ohne ins Keksige wegzubrechen – ein ideales Konglomerat, endgültiges Beispiel fortgeschrittener Toastbaukunst.

Die Limos (Rhabarber!), die Weine von Ebner-Ebenauer, die Crémants aus der Burgund, das Trumer Bier kriegt man hier natürlich auch, und in exquisit geformten Kelchen noch dazu. Was aber gar nicht geht, ist, auf die Seelenspitze zu vergessen, die Julian Lubinger vom Ährnst in der Burggasse nach dem Bamberger Rezept aus Peggy Strobels Heimat mit saftigem, am Rand unendlich buttrig splitterndem Plunderteig bäckt. Aber das ist eine andere Geschichte, über die wird bald zu lesen sein. (RONDO, Severin Corti, 7.7.2023)