Uni Wien
Die Uni Wien konnte sich in den vergangenen Jahren in Uni-Rankings verbessern, doch zumindest auf dem Papier will Österreich mehr.
APA/EVA MANHART

Die Chefin der Universitätenkonferenz versucht erst gar nicht, ihr aktuelles Hauptthema mit der Aura des Originellen zu umhüllen. "Es geht ums Geld, es ist immer wieder das Gleiche", sagte Sabine Seidler daher am Dienstagabend bei einem Mediengespräch.

Die hohe Inflation trifft naturgemäß auch die Hochschulen. Insbesondere die Technischen Unis – Seidler leitet jene in Wien – ächzen mit ihrem energieintensiven Forschungsbetrieb unter den im Vorjahr in die Höhe geschnellten Energiekosten. Da die Uni-Budgets in Verhandlungen mit der Regierung für dreijährige Perioden im Voraus festgelegt werden und die Inflation beim letzten Beschluss noch nicht absehbar war, klagten die Unis vergangenen Winter über massive reale Verluste. Erst nach wochenlanger Alarmstimmung an den Hochschulen samt Protestaktionen konnte das Bildungsministerium von Martin Polaschek (ÖVP) für die Unis ein Sonderbudget für 2023 herausholen.

Ministerium optimistisch

Für das kommende Jahr sind die von den Unis als Mehrbedarf bezifferten 525 Millionen Euro allerdings noch nicht fix, weswegen Seidler nun wieder vor Horrorszenarien wie radikalem Personalabbau und schlechten Studienbedingungen warnt, sollte das Geld von der Regierung nicht freigegeben werden. Das Bildungsministerium erklärt auf STANDARD-Anfrage, dass man ohnehin die Sichtweise der Unis auf den Budgetbedarf für 2024 teile. Man stehe in "konstruktiven Gesprächen" mit dem (ebenfalls ÖVP-geführten) Finanzministerium und sei zuversichtlich, dass sich die Sache demnächst gütlich klären lasse.

Doch auch längerfristig steht die österreichische Praxis der Uni-Finanzierung vor Herausforderungen. Zwar hat der Bund den Unis durch die Leistungsvereinbarungen der vergangenen sechs Jahre insgesamt reale Budgetsteigerungen beschert, doch wesentliche Ziele der Hochschulpolitik liegen noch in weiter Ferne. Dass hier wenig weitergeht, zeigt etwa ein Blick auf die Umsetzung der Strategie für Forschung, Technologie und Innovation (FTI). Damit hat sich die Regierung etwa vorgenommen, dass Österreich zwei Universitäten in die Top 100 des globalen "Times Higher Education"-Universitätsrankings bugsiert, um die globale Sichtbarkeit des heimischen Hochschulraums zu erhöhen. Doch das wird sich ohne strukturelle Reformen auch bis 2030 klar nicht ausgehen, wie das begleitende Monitoring des Forschungs- und Technologierats zeigt. Momentan liegt die am besten abschneidende Uni Wien auf Rang 124, die Med-Uni Graz auf 168.

Ranking-Erfolg im Visier

Der Ökonom Jürgen Janger, der kürzlich für das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) eine international vergleichende Studie zur Uni-Finanzierung veröffentlich hat, urteilt: "Das Ziel besteht zwar auf dem Papier, aber es werden kaum Maßnahmen gesetzt, damit es erreicht werden kann." Mit den bestehenden Finanzierungsstrukturen bräuchte es laut Studie für das Uni-System bis 2030 Budgetsteigerungen von jährlich rund acht Prozent, um die Rankingpläne zu erfüllen (exemplarisch berechnet für das CWTS-Leiden-Ranking). Da Rankings eng mit den Ausgaben von Unis pro Studierenden korrelieren, sind diese Steigerungen notwendig, um auf die gewünschten Plätze vorzurücken. Derzeit gibt Österreich pro Studierenden rund 14.000 Euro aus, für die Top 100 müssten hingegen knapp 20.000 Euro in die Hand genommen werden – das wäre beispielsweise das Niveau Dänemarks und der Niederlande.

Eine andere Option sieht Janger darin, die Budgetverteilung zwischen den Unis beträchtlich umzuschichten und an der Herausbildung weniger Top-Unis zu arbeiten. Als Vorbild könnte etwa Israel dienen, wo das Weizmann-Institut zum naturwissenschaftlichen Spitzenstandort hochgezüchtet wurde, während die restlichen Unis weitgehend durchschnittlich sind.

Gegen eine solche Mittelverteilung würde es in Österreich jedoch hohe politische Widerstände geben, glaubt Janger – zumal die Konstruktion der Rankings auch berechtigte Kritik erfahre. So führt etwa die international ungewöhnliche Eigenständigkeit der Medizin-Unis nahezu zwangsläufig zu schlechteren Platzierungen der Unis, von denen sie Anfang des Jahrtausends abgespalten wurden.

Personal halten

Eine größere Entscheidung zur Zukunft der Unis steht im Herbst an, da wird deren Budget für den Zeitraum 2025 bis 2027 von der Regierung unterschrieben. Der Rektor der Uni Wien, Sebastian Schütze, sagt dem STANDARD: "Jetzt bei den Universitäten zu sparen wäre fatal. Ohne gut finanzierte Unis beschneidet Österreich das eigene Innovationspotenzial und schadet dem Wirtschaftsstandort." Die befristet beschäftigten Nachwuchswissenschafter wären trotz aller Ambition die ersten Leidtragenden gekürzter Personalkosten – doch nicht nur sie, fürchtet Schütze: "Wenn wir den Top-Leuten unter den Professorinnen und Professoren keine angemessene Ausstattung bieten können, sind sie sofort weg. Dann waren all unsere Bemühungen der letzten Jahre umsonst." (Theo Anders, 5.7.2023)