Das Bild zeigt das Logo von Threads, wie es sich den Logos von Twitter spiegelt.
Es wäre nicht das erste Mal, dass Mark Zuckerberg eine grundsätzlich gute Idee für seinen Konzern übernimmt.
APA/AFP/Reynolds

"Let's do this. Welcome to Threads", schreibt Meta-Boss Mark Zuckerberg in seinem ersten Post auf der neuen Twitter-Alternative Threads, die sein Konzern am Donnerstag in mehr als 100 Ländern vom Stapel gelassen hat. Nur EU-Staaten müssen aus regulatorischen Gründen noch warten. Aber zahlt sich das Warten auch aus? Während bei Analysten bereits vollmundig von einem "Twitter-Killer" die Rede ist, lassen erste Erfahrungsberichte in den US-Medien genauere Rückschlüsse zu. Bei Threads dürfte es sich "nur" um einen Twitter-Klon handeln, der angesichts des desolaten Zustands, in dem sich das "Original" befindet, dennoch gut getimt ist.

Video: Erste Einblicke in die neue Twitter-ähnliche Kurznachrichtenapp "Threads"
AFP

Threads ist Twitter in wichtigen Punkten sehr ähnlich, konstatiert "The Verge". Wie gewohnt zeigt der Hauptfeed der App Beiträge – oder eben "Threads" – von Konten, denen der Nutzer folgt. Inkludiert sind, wie sollte man es bei Meta anders erwarten, auch Beiträge von Konten, die der Algorithmus von Instagram empfiehlt.

Das Bild zeigt eine Übersicht der unterschiedlichen Ansichten von Threads
So sieht Threads aus: Profilseite, Thread schreiben, Feed-Ansicht (von links).
STANDARD/Screenshot

Die enge Verbindung von Threads und Instagram ermögliche das schnelle Teilen von Threads-Posts in einer Instagram-Story oder einem Feed. Links zu Threads-Beiträgen können auch in anderen Apps geteilt werden. Laut "The Verge" gibt es derzeit auch noch kein kostenpflichtiges Verifizierungssystem, das zusätzliche Funktionen für Nutzerinnen und Nutzer freischaltet.

Fehlende Funktionen

Apropos Funktionen: So ähnlich Threads Twitter in der Grundfunktion sein mag, ist auch hervorzuheben, dass sich die App vorerst auch genau darauf beschränkt. Wie die "Washington Post" berichtet, gibt es nämlich zahlreiche Funktionen von Twitter, die Threads noch fehlen. Demnach gibt es zum Start keine separate Funktion für Direktnachrichten. Bei Threads sucht man auch eine Hashtag- oder Trending-Topics-Funktion vergeblich.

Noch gibt es zudem keine Möglichkeit, in Threads ausschließlich die Beiträge von Konten anzuzeigen, denen man folgt. Außerdem fehlt die Option, den Feed chronologisch zu ordnen. Stattdessen wird er nach den Beiträgen geordnet, von denen der Algorithmus glaubt, dass sie am interessantesten für die Nutzerin oder den Nutzer sind. Zudem muss man sich damit abfinden, dass Inhalte nicht mehr bearbeitet werden können, wenn sie einmal veröffentlicht wurden, dafür kann man die Likes verbergen und definieren, wer antworten darf.

Klare Startvorteile

Auch die britische BBC betont die engen Bande zu Instagram. Mit einem Instagram-Account habe man die Möglichkeit, allen Instagram-Followern zu folgen, und erhält so zum Start gleich eine vorgefertigte Follower-Liste. Auf diesen Startvorteil können andere Twitter-Alternativen nicht zurückgreifen. Neben mehr als einer Milliarde Instagram-Kundinnen und -Kunden, die Threads einen enormen Startbonus verleihen können, holt sich Mark Zuckerberg auch die Hilfe prominenter Insta-Nutzer, um vom Netzwerkeffekt profitieren zu können.

Wie andere Twitter-Alternativen ist Threads an das Fediverse angeschlossen, ein Netzwerk voneinander unabhängiger Mikroblogging-Dienste. Das bedeutet vereinfacht formuliert, dass man das Zusammenspiel unterschiedlicher Plattformen vereinfachen will, damit Nutzerinnen und Nutzer nicht in jeder App bei null anfangen müssen. Eine "unheimlich Twitter-ähnliche Erfahrung" bestätigt auch der "Guardian". "Metas Klon von Twitter" fühle sich vor allem deshalb frisch und neuartig an, weil Twitter seit der Übernahme durch Elon Musk immer klobiger und weniger benutzbar geworden sei.

VIDEO: Elon Musks Twitter-Übernahme.
DER STANDARD

Wartezeit aus guten Gründen

Dass die App in EU-Staaten noch auf sich warten lässt, hat gute Gründe, wie die ersten Erfahrungsberichte ebenfalls bestätigen. Vor der Nutzung der App muss man nämlich einer Datenschutzerklärung zustimmen, die ihr das Abgreifen einer Fülle an Daten erlaubt, darunter Gesundheits-, Finanz-, Kontakt-, Standort- und Browserdaten sowie Suchverlauf und sonstige "sensible Informationen". Meta selbst betont, an einer Einführung von Threads in weiteren Ländern zu arbeiten, dürfte aber nach der letzten gerichtlichen Auseinandersetzung in der EU besonders vorsichtig geworden sein. Ein konkretes Datum für einen Start in Europa gibt es noch nicht. (bbr, 6.7.2023)