FPÖ-Chef Herbert Kickl
Uneins: Kanzler Karl Nehammer (li.) und Herbert Kickl.
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Es ist das nächste Kapitel eines andauernden Streits zwischen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und FPÖ-Chef Herbert Kickl: Ein freiheitlicher Kanzler Kickl stelle für Österreich ein "Sicherheitsrisiko" dar, betonte Nehammer am Dienstag. Am Mittwoch bezeichnete er Kickl in der "ZiB2" als "keinen glaubwürdigen Verhandlungspartner".

Video: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat eine Koalition unter Beteiligung von FPÖ-Chef Herbert Kickl bereits beim Kanzlergespräch am Dienstag ausgeschlossen
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Es sei mit der FPÖ unter Kickl "kein Staat zu machen", eine Koalition mit den Blauen sei daher ausgeschlossen. Bei der FPÖ nimmt man die Kritik gelassen. Nach der nächsten Wahl sei Nehammer ohnehin nicht mehr Kanzler und Parteichef, meint Generalsekretär Christian Hafenecker.

Auch wenn sich ÖVP und FPÖ seit längerem im Bund in die Haare kriegen und für Nehammer eine türkis-blaue Koalition mit Kickl undenkbar ist: In Salzburg, Nieder- und Oberösterreich regieren ÖVP und FPÖ gemeinsam. Und nicht nur das. In Salzburg und Niederösterreich sitzen mit Marlene Svazek und Udo Landbauer zwei enge Kickl-Vertraute an der Spitze ihrer Landesregierung – die oberösterreichischen Blauen gelten als gemäßigter.

In den Ländern wollen die ÖVP-Funktionäre die Aussage Nehammers nicht kommentieren. Wohl auch, um das Koalitionsklima mit den Freiheitlichen in den Bundesländern nicht zu stören. Dass die Ablehnung gegenüber Kickl in der Volkspartei aber groß ist, kann auch in den Ländern niemand ganz verschweigen. Die FPÖ wiederum ist auf Konfrontationskurs mit Nehammer aus.

"Der Ton ist ein anderer"

In Salzburg, wo Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) die Tonalität von FPÖ-Parteichef Herbert Kickl bereits vor der Salzburg-Wahl scharf kritisiert hatte, will man sich auf die Landespolitik konzentrieren. "Der Ton auf Ebene des Bundes ist ein anderer als in Salzburg. Das färbt nicht auf die Koalition ab – das eine ist Kickl, das andere die Salzburger FPÖ", sagt Haslauers Sprecher auf STANDARD-Anfrage. In der ÖVP sei Haslauer in seiner Kritik nicht alleine. "Da gibt es eine breite Basis, die diesen Kickl’schen Ton als unangebracht und grenzüberschreitend betrachtet." Das Salzburger Klima sei ein anderes. Mögliche Koalitionsvarianten auf Bundesebene mit oder ohne FPÖ-Chef Kickl wolle man aus Salzburg nicht bewerten, "weil so viel passieren kann in eineinhalb Jahren".

Die Salzburger FPÖ-Chefin Svazek bewertet Nehammers Aussage anders und greift den Bundeskanzler an: "Ein Sicherheitsrisiko für das Land stellt eher ein Kanzler dar, der sich anstatt um die mitverantworteten multiplen Krisen um seinen Vorwahlkampf kümmert. In Salzburg arbeiten wir für die Menschen. Das würde Nehammer auch guttun." Auf die Zusammenarbeit in Salzburg werde das keine Auswirkung haben. Die Äußerung sei dem Wahlkampf geschuldet, Nehammer wolle nur Aufmerksamkeit erhaschen.

Auch in St. Pölten hören die Freiheitlichen die Aussage von Bundeskanzler Nehammer nicht gern. Man lasse sich von Nehammer nicht ausrichten, wie die eigene Personalpolitik zu gestalten sei. "Der Wählerwille geht vom Volk aus und nicht von einem scheidenden Kanzler", betont FPÖ-Landeschef Udo Landbauer auf Anfrage des STANDARD.

Keine Liebesbeziehung

Die niederösterreichische ÖVP will sich wiederum auf die Landespolitik konzentrieren. Aber: "Für die Bundesebene hat sich der Bundesparteiobmann entsprechend geäußert", betont Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner (ÖVP). Im flächenmäßig größten Bundesland arbeite man jedenfalls konstruktiv zusammen, wie beide Parteien bemüht sind, regelmäßig zu betonen. Dass das Verhältnis zwischen ÖVP und FPÖ in Niederösterreich keiner Liebesbeziehung gleicht, sagen die beiden Parteien aber offen. Persönliche Differenzen würden immer bleiben, sagte Landbauer etwa bei der Präsentation des Regierungsprogramms. Aber diese wolle man zwecks einer guten Zusammenarbeit beiseitelegen.

Auf Anfrage wollen weder ÖVP noch FPÖ in Oberösterreich die Aussage kommentieren. Die Koalition zwischen Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und FPÖ funktioniert aber, zumindest nach außen, über weite Strecken friktionsfrei. Im Jahr 2021 einigten sich die beiden Parteien nach der Landtagswahl erneut auf ein Arbeitsabkommen.

An der Zusammenarbeit wollte der Landeshauptmannstellvertreter und FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner unbedingt festhalten. Und er war bereit, auch deutlich auf Distanz zu seiner eigenen Bundespartei zu gehen. Von Stelzer ging damals nämlich eine klare Botschaft aus: Oberösterreich dürfe nicht "Kickl-Land" werden. (Markus Rohrhofer, Stefanie Ruep, Max Stepan, 12.7.2023)