Der Club U am Wiener Karlsplatz ist einer jener Orte, die etwas Mystisches an sich haben. Weil er so viele Fragen aufwirft. Wenn der Besuch zum Beispiel beim samstäglichen Rhino-Clubbing bis vier Uhr in der Früh dauert, die Menschen tanzen, Getränke ausschütten und auf den Bänken twerken, wie kann der Club zwei Stunden später wieder als Café aufmachen, sauber sein und Gäste bewirten? "Wir haben ein super Team", sagt Lena vom Club U. Der Vorname reicht, sagt sie.

Und wer sind die bisherigen Gäste, im "Otto-Wagner-Café-und-Restaurant-ich-weiß-auch-nicht-genau" (Zitat Lena), die hier am Tag Kaffee trinken und Würstel essen? Touristen und Stammgäste. Aber das möchte man jetzt mit einem neuen Konzept ändern.

Brunch-Pavillon

Mit Jahreswechsel ließ der Club-U-Chef nun die nächste Generation das Lokal neu erfinden. 25 Jahre hat dieser den Club und das Restaurant geführt. Jetzt wollte er nicht mehr, wie seine Stieftochter Lena erzählt. Er bleibe aber nach wie vor der Eigentümer. Sie selbst war zunächst etwas zögerlich mit der Übernahme dieser tragenden Rolle. "Es gab mal eine Zeit, da fühlte ich mich zu cool für den Club U", erzählt sie lachend. Was sie meint: Es war nicht ihr Club, sie hatte andere Interessen. Das hat sich aber schon lange geändert. Es gab sogar eine Anfrage einer chinesischen Gastrogruppe, mit einem Running-Sushi-Lokal in das denkmalgeschützte Gebäude einzuziehen – und damit auch ein Ende des legendären Clubs zu besiegeln. Aber das brachte sie dann doch nicht übers Herz. "Die Location ist so einmalig, die kann man nicht hergeben."

Club U Wien Karlsplatz neues Lokal
Mehr Farbe, mehr aufgeräumt: der neue Club U.
Foto: Lena Guggenbichler

Mit ihrem Freund Máté und ihrem Bruder David nahm sie die Herausforderung Club U an. Aber unter der Bedingung, frischen Wind in das schon angeranzte Interieur zu bringen. Das heißt: frische Farbe, ein zusätzliches Damenklo (endlich!) und ein neues Konzept für das Tagescafé. Lena und Máté führen schon seit ein paar Jahren erfolgreich das Café und Bagel-Lokal Budapest Bägel in der Lilienbrunngasse 3 im zweiten Bezirk. Viel Erfahrung und ein bisschen von dem dortigen Angebot hat man zum Karlsplatz mitgebracht.

Schnitzel und Naturwein

Bagels werden im neuen Club-U-Café angeboten, dazu stehen Grilled-Cheese-Sandwich und Eierspeis neu auf der Karte. Das Angebot ist angelehnt an Brunchlokale wie das Drechsler, Ramasuri und Propeller, wie Lena sagt. Lokale, in die sie selbst gerne geht. Von deren Preisgestaltung hat sie sich wohl ebenso inspirieren lassen. Eine Eierspeis aus drei Eiern mit Sauerteig-Brot kostet 7,50 Euro, Avocado-Mash (natürlich gibt's den!) auf Brot oder Bagel ist für knapp zehn Euro erhältlich, Spiegelei oder Speck schlagen extra bis zu zwei Euro zu Buche, das Grilled-Cheese-Sandwich mit drei Käsesorten, eingelegten Zwiebeln und Salat ist für elf Euro zu haben. Für ein Innenstadtlokal durchaus übliche Preise, beim Kaffee merkt man aber die Inflation: 4,50 Euro für einen Cappuccino sind etwas happig, Pommes für 5,20 Euro sind absurd. Neu auf der Karte finden sich Naturweine, ohne die keine Gastrobetrieb heutzutage auskommt.

Club U Wien Karlsplatz neues Lokal
Avocado-Mash darf natürlich nicht fehlen.
Foto: Lena Guggenbichler

Das Brunch-Angebot ist klar auf eine neue Zielgruppe zugeschnitten: jung, städtisch, bobo. Den Spagat zum alteingesessenen Publikum zu schaffen ist die Herausforderung für das junge Team: Schnitzel und Sacherwürstel, die absoluten Bestseller, hat sie auf der Karte belassen. "Wir wollen die Stammgäste, die seit 20 Jahren kommen, nicht vergraulen." Aber man müsse sich auch weiterentwickeln, sagt sie.

Bei den Touris kommen die Klassiker am besten an, was man auch beim Lokalaugenschein sieht. Eine sechsköpfige niederländische Familie bestellt ausschließlich traditionell Wienerisches ("Do you have Schnitzel?", lautet die erste Frage an die Kellnerin), auch die restlichen belegten Tische sind gesäumt von Schnitzel, Würstel und Co. Dabei kann sich das neue Angebot durchaus sehen lassen. Das Grilled-Cheese-Sandwich ist tüchtig gefüllt, das Brot kross gebraten, die Zwiebeln passen herrlich zum fettigen Käse. Dieser könnte etwas länger im Toaster bleiben, damit wirklich alles schön durchgeschmolzen ist.

Club U Karlsplatz Wien Brunch neues Lokal
Grilled-Cheese-Sandwich mit Sauerteigbrot.
Foto: Kevin Recher

Clubbing mit Aufsicht

Zwischen Touristen und Hipstern, Nachteulen und Sonnenanbeter versucht sich das neue Konzept auszutarieren. Auf Instagram ist die Änderung schon bemerkbar. Auch ein neuer Name signalisiert die Änderung: Karl & Otto heißt das Tageslokal. Pop-ups, Afterwork-Events und Bagels to go, sobald die Uni wieder startet, sollen die neue gewünschte Zielgruppe anlocken.

Was Lena merkt, ist, dass ein vermehrt queeres Publikum das Café besucht. "Die, die sich nachts bei uns wohlfühlen, kommen auch am Tag zu uns." Der Club U ist seit 17 Jahren Location für die queere Party Rhinoplasty, die alle zwei Wochen stattfindet. "Uns ist wichtig, queeren Personen einen Safe Space anzubieten", sagt die Clubbetreiberin. In Zukunft will man noch mehr Clubbings für ein LGBTIQ-Publikum anbieten. Dafür habe man seit der Neukonzipierung auch ein neues Türkonzept und Security-Team engagiert, um für mehr Sicherheit der Gäste zu sorgen. Denn in den letzten Monaten kam es immer wieder zu Übergriffen beim Rhino. Das Clubbing ist nicht nur wegen der Musik und der zentralen Location beliebt, sondern auch, weil kein Eintritt verlangt wird. Das senkt natürlich auch die Hemmschwelle für Personen, die den Safe Space und die Besuchenden nicht respektieren.

Club U Wien Karlsplatz neues Lokal
Der Club U hostet seit 17 Jahren das queere Clubbing Rhinoplasty und ist seit jeher ein Safe Space für die LGBTIQ-Community.
Foto: Lena Guggenbichler

Seit der Umstellung sei es zu keinen Situationen mehr gekommen. Generell verlangen die Club-U-Betreiber bei jedem anderen Event einen geringen Eintritt, ein gewisser Teil davon ist als Getränkebon einsetzbar. Alleine das siebt schon Personen mit problematischen Absichten aus.

Derzeit hat das Karl & Otto Mittwoch bis Sonntag ab 12 Uhr geöffnet, das Fressangebot gibt es bis knapp vor 19 Uhr. In Zukunft will man vor allem wochenends, zur Hauptbrunchzeit, um zehn Uhr aufmachen. Volley durchmachen vom Tanzen zum Brunchen ist aber nicht möglich. "Wir müssen putzen und herräumen, das geht sich nicht aus." (Kevin Recher, 26.7.2023)