Schauspieler und Schauspielerinnen streiken in Hollywood
Zehntausende Schauspielerinnen und Schauspieler sind in den Streik getreten. Gewerkschaftsvorsitzende Fran Drescher (Zweite von rechts) bezeichnete sich und ihre Kollegen als "Opfer einer sehr gierigen Einheit".
AFP/CHRIS DELMAS

Hollywood – Die Schauspieler und Schauspielerinnen in den USA schließen sich dem Streik der Drehbuchautoren und -autorinnen an – Hollywood befindet sich im Shutdown. Steht nun tatsächlich die Traumfabrik still?

Die Antwort darauf ist eindeutig Ja, in Hollywood geht vorerst nichts mehr. Die Branchenvertretung SAG-AFRTA, die am Donnerstag den Ausstand verkündete, spricht für 160.000 Mitglieder aus der Film- und Fernsehwelt. Selbst nichtorganisierte Schauspieler und Schauspielerinnen, die jetzt in kleinen, unabhängigen Produktionen eine Chance wittern, würden sich eine größere Karriere verderben, wenn sie in der derzeitigen Situation arbeiten würden. Der Streik erfasst das ganze Feld: große Studios wie Disney oder Universal, aber auch die Streamer wie Netflix und Amazon.

Video: In Hollywood sind nach den Drehbuchautoren jetzt auch die Schauspieler in einen Streik getreten
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Frage: Gestreikt wird immer für bestimmte Forderungen. Worum geht es in diesem Fall?

Antwort: Die Drehbuchautoren und -autorinnen, die schon im Mai die Arbeit niedergelegt haben, wollen sich einerseits gegen die wachsenden Möglichkeiten absichern, Inhalte durch KI erstellen oder optimieren zu lassen. Außerdem drängen sie darauf, dass die Vergütungen an die veränderten Auswertungsketten angepasst werden – zugespitzt gesagt, sie wollen mehr Tantiemen von den Streamern. Bei den Vertretern von Schauspielern und Schauspielerinnen, die ja nicht nur Meryl Streep oder Ben Stiller vertreten, sondern zahlreiche Klein- und Nebendarsteller, Stuntleute etc., geht es im Kern um das Gleiche: Stars fürchten, digital überarbeitet oder ersetzt zu werden, Komparsen sehen sich potenziell durch hochgerechnete anonyme Figuren ersetzt.

Frage: Gab es in der Filmindustrie schon öfter Arbeitskämpfe?

Antwort: Dass Schauspielerinnen und Drehbuchautoren gleichzeitig streiken, gab es zuletzt im Jahr 1960, und damals ging es um relativ spezifische Aspekte wie Krankenversicherung und andere sozialrechtliche Details. Drehbuchstreiks gab es relativ häufig, bei den Schauspielenden fand der letzte große Streik 1980 statt, ein Datum, bei dem Experten für die Unterhaltungsindustrie aufhorchen, denn damals gab es wegen der neuen Videotechnologien eine vergleichbare Umbruchsituation wie zur heutigen Zeit.

Frage: Wer verhandelt nun genau mit wem?

Antwort: Präsidentin der SAG-AFTRA, und damit auch Leiterin von deren Delegation, ist Fran Drescher, bekannt aus der Sitcom The Nanny. Sie hat schon kampfeslustig erklärt, dass sie nicht zulassen will, dass sich die Industrie "arm rechnet", um möglichst billig davonzukommen. Für die Gegenseite spricht die Alliance of Motion Picture and Television Producers, also der ebenfalls stark zentralisierte Produzentenverband. Fachbeobachter verzeichnen generell einen steigenden Organisationsgrad aller Belegschaften unterschiedlichster Branchen in den USA.

Frage: Könnte der Streik lange dauern?

Antwort: Die Verhandlungslage ist jedenfalls komplex. Denn mit Film und Fernsehen wird in Amerika zwar nach wie vor sehr viel Geld verdient, die Konkurrenzkämpfe gerade bei der Heimkinoverwertung, also bei den mittlerweile zahllosen Streamern, kosten aber gigantische Summen – und fast alle Firmen müssen sich vor den Aktienmärkten rechtfertigen. Nach Jahren des Booms stehen die Anzeichen nun auf Konsolidierung, und in dem Streik geht es im Grunde auch schon ein bisschen darum, ob Kino und Serien weiterhin als Kreativindustrie mit menschlicher Brainpower funktionieren sollen oder zunehmend automatisiert werden können.

Frage: Wird man von dem Streik im Kino und auf Netflix etwas merken?

Antwort: Natürlich nicht sofort, aber gerade bei Prestigeprojekten der Streamer wie Rings of Power (Amazon) ist schon der Wurm drin. Die zweite Staffel wurde ohne die Showrunner fertiggestellt, also quasi auf Autopilot. (Bert Rebhandl, 14.7.2023)