Sona MacDonald als divenhafter Zauberer Prospero in Gmunden.
Sona MacDonald als divenhafter Zauberer Prospero in Gmunden.
Rudi Gigler

Rache ist süß. Geht mit der Retourkutsche auch noch moralische Verbesserung einher, eignet sich der Stoff umso mehr für die Empathieanstalt Theater. Bei William Shakespeares Der Sturm (1611) kommt aber noch die ehrenwerte Gnade hinzu, die der Rachsüchtige am Ende walten lässt: Verzeihen lernen und den eigenen Frieden finden, auch wenn einem Unrecht widerfahren ist und man ganz schön gelitten hat.

Die Rede ist von Prospero, der sich ein insulares Ersatzkönigreich errichtet hat, nachdem ihn der eigene Bruder vom rechtmäßigen Mailänder Thron auf die offene See hinausbugsiert hat. Zwölf Jahre ist die kriminelle Tat nun her und die Zeit der Vergeltung gekommen. Wie vorbestellt taucht eines Tages ein Schiff mit den Übeltätern von damals am Horizont auf. Prospero hat für die Revanche leichtes Spiel, denn – und das macht Shakespeares Sturm seitjeher so beliebt – der ehemalige Herzog verfügt neben seinen Zauberkräften über zwei sensationelle Untertanen: den sklavisch ergebenen Ungustl Caliban sowie den Luftgeist Ariel, der die Winde beherrscht und der der royalen Besatzung den titelgebenden Sturm schickt.

Joachim Lux’ auf drei Darsteller verschlankte Sturm-Fassung, die am Samstag in der auf Märchenoptik setzenden Regie Moritz Franz Beichls bei den Salzkammergut Festwochen Premiere hatte, hilft jedem Theaterbetrieb zu sparen, ohne auf das Wesentliche des Dramas zu verzichten. Hier geriert sich Prospero (Sona MacDonald) als Erzähler und Spielleiter, der das Geschehene von seinen beiden Mitbewohnern wie einen ewig wiederzukauenden Ritus nachspielen lässt. Das verringert den Einsatz der Mittel.

Heißestes Theater

Caliban (Josephine Bloéb) und Ariel (Sebastian Wendelin) performen mit wenigen Kostümverrutschungen somit auch Prosperos Tochter Miranda und sämtliche Schiffbrüchige, darunter Alonsos Sohn Ferdinand oder die spaßigen Matrosen Stefano und Trinculo.

Im Stadttheater Gmunden, dem heißesten Theater Österreichs, dem man dringend eine Mäzenin für eine Klimaanlage wünscht, beginnt alles im Lichtkreis des Zauberers (MacDonald), der im roten Kleid auf dem Boden hockt und das Rachespiel ankurbelt. Gemalte Felsenkulissen schieben sich allmählich ins Bild, dahinter ein magisch mutierendes Gewölk vor dem Prospero seine beiden Spieler herbeibefehligt.

Beichl, 2019 mit einem Nestroy ausgezeichnet, vertraut ganz auf Imagination, hat aber vor allem in den Übergängen Tempoprobleme, die den wechselvollen Ablauf hemmen. Irgendwie geht sich das am Ende gerade noch aus. Bloéb und Wendelin vollziehen unter dem divenhaften Dirigat Prosperos einen gelungenen hundertminütigen Wandelmarathon, bei dem Frisurenänderungen oder Bewegungen das Spiel im Spiel markieren (Kostüme, Bühne, Video: Robin Metzer).

Dieser Drei-Personen-Sturm – die Fassung war mit Joachim Meyerhof, Maria Happel und Johann Adam Oest 2007 auch am Burgtheater zu sehen – wandert im Herbst weiter zum Koproduktionspartner, dem Stadttheater Klagenfurt. (Margarete Affenzeller, 17.7.2023)