Ein Mann mit einem großen Koffer, in dem ein Fahrrad ist, am Bahnsteig.
Die Auswahl an Packtaschen für Räder ist inzwischen groß. Die Schweizer Bahn bietet sie an, oder wie im Bild B&W.
B&W

Er solle ein Schaf zeichnen, bat der kleine Prinz. Natürlich hat Antoine de Saint-Exupérys Held nichts mit dem Radfahren oder dem Verreisen mit dem Fahrrad zu tun. Dennoch ist die Art, wie der als Zeichner talentfreie Pilot diesen Wunsch erfüllt, ein Vorbild, um Radtransportprobleme zu meisten: Der Mann zeichnete eine Kiste. Das Schaf, sagte er, sei in ihr versteckt. Problem gelöst.

Was das mit dem Fahrrad in öffentlichen Verkehrsmitteln zu tun hat? Solange ein Fahrrad offensichtlich ein Fahrrad ist, kann es tricky sein, dieses auf Reisen mitzunehmen. In einer unauffälligen Kiste (also Koffer oder Tasche) sieht die Sache anders aus: Solange Normgepäckmaße nicht überschritten werden, ist das ganz normales Gepäck. Und das darf man in Zug, Bus oder Flugzeug mitnehmen. Ergo: Problem gelöst.

Taschentransport auf dem Rad

Beinahe. Denn wie transportiert man eine Tasche oder einen Koffer, in den auch ein Rad passt, unterwegs dann am Rad? Etwa wenn man Bike-Packing betreibt – jene Form des Radreisens, die längst im Mainstream angekommen ist. Destinationen in Österreich und ganz Europa werben mit Routen jedweder Längen- und Schwierigkeitsstufe. Moderne Ausrüstung und Tipps für minimalistische Set-ups gibt es zuhauf. Was aber meist fehlt: Antworten auf die Frage, wie man das Rad an den Start bekommt. Oder wieder heim. Bike-Packing andersrum also: Um mit dem Rad zu reisen, muss zunächst oft das Rad reisen.

Mehrere alte Fahrräder in einem Zugwagon.
Wenn eine kleine Gruppe mit dem Zug auf dem Weg zu In Velo Veritas ist, bleibt kaum mehr Platz, um noch weitere Räder unterzubringen, sollte jemand zusteigen wollen.
Tom Rottenberg

Fairerweise: Ja, das geht. Nur wirklich leicht wird es dem Radvolk nicht gemacht, den Drahtesel mitzunehmen. Das Regelwerk ist reichlich divers, verlangt genaue Recherche und oft frühe, fixe Buchungen. Das lässt wenig Platz für Spontaneität.

Am einfachsten ist, eh klar, Fliegen: Man meldet das Rad als "Sportgepäck" an, zahlt und checkt das edle Teil im teuren Spezialkoffer ein. Dann hofft man, dass der sein Geld wert ist und der Behandlung am Airport standhält.

Was viele vergessen: Der Superkoffer muss zuerst zum Flughafen kommen – und von dort wieder weg. Und dann gelagert werden. Schon zu zweit ist da zumindest ein Großraumtaxi nötig. Das Kofferdepot kostet ebenfalls – und was, wenn man von anderswo wieder heimfliegt? Schlaue Radflieger pfeifen deshalb auf den Koffer – und lassen sich bei regionalen Fahrradgeschäften Transportkartons beiseitelegen, in denen Fahrräder dorthin geliefert werden. Viel Klebeband und noch mehr Gebete später geht es dann zur Großgepäckaufgabe.

Wer klimafreundlich unterwegs sein will, reist aber unverpackt – im Zug. ÖBB & Co betrommeln Radmitnahmemöglichkeiten offensiv. Grundsätzlich zu Recht, doch die Tücken lauern im Detail. Bei Fernzügen ist es unerlässlich, möglichst früh zu reservieren. Je kleiner die Gruppe, desto besser. Denn fünf, manchmal sieben Radplätze pro Railjet-Garnitur sind nicht viel. Bei der ÖBB kosten Bike-Reservierungen drei Euro online, 3,50 Euro am Schalter. Bei der Westbahn bis zu vier Stunden vor Abfahrt zwischen 4,90 Euro und 9,90 Euro. Wer ohne Reservierung einen der zwölf Radplätze pro Zug erwischt, zahlt 5,10 Euro drauf.

Wichtig ist das Kleingedruckte: Tandems, Anhänger-, Liege- oder Lastenräder scheitern meist an den maximal zulässigen Größen. Wirklich überraschend ist aber, dass heute gängige Lenkerbreiten von mehr als 50 Zentimetern und Großreifendimensionen, die bei Mountainbikes längst normal sind, Grund fürs Nichtmitdürfen sind. Tatsächlich misst kaum je wer nach – aber: Was, wenn doch?

Mit Zug und Rad ins Ausland

Auf internationalen Strecken gelten zusätzlich die Regeln und Tarife des jeweiligen Landes. Im Nightjet mit seinen raren Radplätzen dürfen Räder auf manchen (sic!) Strecken ins Schlafabteil. Zum Glücksspiel wird Radreisen in Regionalzügen: Dort muss man Radtickets (ab zwei Euro) vor Fahrtantritt bezahlen, dafür, dass dann im Zug in den Radabstellzonen Platz ist, gibt es aber keine Garantie. Erst recht auf beliebten Strecken im Sommer wird das oft zum Problem. Wann "voll" dann "zu voll" ist, entscheidet in letzter Instanz der Zugchef. Ach ja! Bei Schienenersatzverkehr gilt natürlich auch: No bikes.

Dabei können Fahrräder Bus fahren. Flixbus etwa hat Radplätze im Heck und Spezialhüllen für den Laderaum. Das kostet 18 Euro pro Rad. Aber der Service wird nicht auf allen Routen angeboten – und bei fünf Bikes ist Schluss. Außerdem: keine E-Bikes, Tandems, Drei- oder Lastenräder. Falträder, die man im Zug (in Spezialtaschen) gratis mitnehmen kann, kommen als Sondergepäck (18 Euro) in den Laderaum.

Auch regional kann man in Österreich mancherorts das Rad im Bus transportieren. Doch nicht nur das Wo, auch das Wann sollte man sehr präzise abfragen. Mancherorts – etwa auf einigen Niederflur-Postbus-Strecken oder in den Innsbrucker Stadt-Öffis – darf das Rad zu bestimmten Zeiten sogar in den Passagierraum – der Fahrer oder die Fahrerin entscheidet.

Das Rad im Bus

Ganz unterschiedlich sind die Regeln zu "Rad im Laderaum": Bei manchen Busbetreibern ist es ein No-Go, manchmal "auf eigene Gefahr" erlaubt und auf einigen Postbus-Linien sogar so vorgesehen, allerdings drei Werktage vorher anzumelden. Kurzfristig stehen die Chancen oft schlecht: Eine Mitnahmegarantie gibt es nicht.

Genau die gibt es aber eben für normales Gepäck. Derlei muss weder angemeldet noch extra bezahlt werden. Fast jedes Rad lässt sich mit ein paar Handgriffen auf "gängiges Gepäckmaß" reduzieren. Taschen, die ein ganzes Bike schlucken, gibt es online ab 35 Euro. Solche Taschen werden hierzulande diskret genutzt: Kurt Stefan, Betreiber der Wiener Veletage, etwa erzählt von einem Kunden, der so ein Ding am Rennrad in der Trikottasche mitführt: "Er radelt, solange es Spaß macht. Dann packt er ein und fährt mit Zug oder Bus heim." Stefan selbst führt solche "Packs" nicht. Noch nicht.

Dass es Bahn- und Busunternehmer freuen wird, wenn in den ohnehin knapp bemessenen Gepäckbereichen vermehrt in unauffälligen Taschen "versteckte" Fahrräder mitfahren, darf bezweifelt werden. Sie sind schließlich keine naiven Romanfiguren: Als Antoine de Saint-Exupérys Ich-Erzähler dem Kleinen Prinzen eine einfache Kiste zeichnete und erklärte, das Schaf befinde sich in ihr, strahlte der Kleine Prinz nämlich überglücklich: "Es ist ganz so, wie ich es wollte!" (Tom Rottenberg, 17.7.2023)