Zwei Planeten mit ähnlichen Ausmaßen, die auf einer gemeinsamen Bahn ihr Muttergestirn umkreisen – zumindest theoretisch hielten Fachleute dieses Szenario für möglich. Nun könnte ein solches co-orbitales Paar (bzw. in einem Fall dessen Bestandteile) tatsächlich beobachtet worden sein: Ein Team um Olga Balsalobre-Ruza vom Zentrum für Astrobiologie in Madrid, Spanien, erspähte mit dem Radio-Observatorium Atacama Large Millimeter / Submillimeter Array (Alma) in Chile eine Trümmerwolke um einen Stern, die sich die Umlaufbahn mit einem Exoplaneten teilt. Ob es sich bei den Fragmenten um die Bausteine eines heranwachsenden Planeten handelt oder um die Überreste einer zerstörten Welt, ist allerdings unklar.

Jupiters Trojaner

Himmelskörper, die auf einem gemeinsamen Orbit unterwegs sind, kennt man unter der Bezeichnung Trojaner, sie existieren auch in unserem Sonnensystem. Ein prominentes Beispiel sind die trojanischen Asteroiden des Jupiters: Über 12.000 Gesteinsobjekte befinden sich auf der gleichen Umlaufbahn um die Sonne wie der Gasriese. Es spricht nichts dagegen, dass trojanische Planeten auch um einen anderen Stern als unsere Sonne existieren könnten. Beweise dafür fehlten allerdings bisher.

Das junge Planetensystem PDS 70 in rund 370 Lichtjahren Entfernung beherbergt eine Besonderheit: einen Exoplaneten (PDS 70 b) und seinen Trojaner (von der strichlierten Linie umschlossen), der einst ein anderer Planet war oder gerade zu einem heranwächst. Die ringförmige Struktur, die das Bild dominiert, ist eine zirkumstellare Scheibe, in der neue Planeten entstehen. Der zweite bekannte Exoplanet des Systems, PDS 70c, ist bei etwa drei Uhr am inneren Rand der Scheibe zu erkennen.
Foto: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO) /Balsalobre-Ruza et al.

"Exotrojaner waren wie Einhörner: Theoretisch könnten sie existieren, aber niemand hat sie je entdeckt", sagte Co-Autor Jorge Lillo-Box, ebenfalls vom Zentrum für Astrobiologie. Jetzt jedoch hat ein internationales Team von Astronominnen und Astronomen dank Alma im 370 Lichtjahre entfernten System PDS 70 den bislang stärksten Beobachtungshinweis für die Existenz trojanischer Planeten gefunden.

Doppelt so schwer wie der Mond

Dass um den jungen Stern zwei große, jupiterähnliche Exoplaneten, PDS 70 b und PDS 70 c, kreisen, war schon länger bekannt gewesen. Bei der Analyse archivierter Alma-Beobachtungen des Systems fand das Team eine Trümmerwolke an einer Stelle, an der sich eigentlich die Umlaufbahn von PDS 70 b befindet.

Trojaner sind normalerweise in zwei sogenannten Lagrange-Zonen zu finden. Dies sind ausgedehnten Regionen auf der Umlaufbahn vor und hinter einem Planeten, in denen die kombinierte Anziehungskraft des Zentralgestirns und des Planeten Material einfangen kann. Bei der Untersuchung dieser beiden Bereiche auf der Umlaufbahn von PDS 70 b entdeckten die Forschenden ein schwaches Signal. Die Daten deuten darauf hin, dass sich dort eine Ansammlung von Trümmern befindet, die in Summe etwa der doppelten Masse unseres Mondes entspricht.

Zweifach besetzte Bahn

Die Gruppe vermutet, dass diese Trümmerwolke auf eine bereits existierende trojanische Welt in diesem System zurückgeht, die inzwischen wieder auseinandergebrochen ist. Die andere Möglichkeit wäre, dass dort gerade ein neuer Planet aus einzelnen Planetesimalen heranwächst. „Wer könnte sich zwei Welten vorstellen, die sich die Dauer des Jahres und die Bedingungen für die Bewohnbarkeit teilen?", so Balsalobre-Ruza.

Die Animation zeigt zwei hypothetische Trojanerwolken vor und hinter einem Exoplaneten.
ESO

"Unsere Arbeit ist der erste Beweis dafür, dass diese Art von Welt existieren könnte", so die Forscherin weiter. Auch wenn bekannt sei, dass ein Planet wie der Jupiter seine Umlaufbahn mit Tausenden von Asteroiden teilen kann, sei es verblüffend, dass sich auch zwei Planeten dieselbe Umlaufbahn teilen könnten, meinte die Astronomin.

Geduld bis zur Bestätigung

"Unsere Forschung ist ein erster Schritt, um nach co-orbitalen Planeten in einem sehr frühen Stadium ihrer Entstehung zu suchen", sagte Nuria Huélamo, leitende Wissenschafterin am Zentrum für Astrobiologie, die an der Untersuchung beteiligt war. Dies würde allerdings neue Fragen zur Entstehung von Trojanern aufwerfen, wie sie sich entwickeln und wie häufig sie in verschiedenen Planetensystemen vorkommen, schreiben die Forschenden im Fachjournal "Astronomy & Astrophysics".

Für eine vollständige Bestätigung ihrer Entdeckung wird sich das Team allerdings noch etwas gedulden müssen: Erst 2026 wird es mithilfe von Alma möglich sein zu prüfen, ob sich sowohl PDS 70 b als auch seine Geschwisterwolke aus Trümmern auf ihrer gemeinsamen Umlaufbahn um den Stern deutlich bewegen. "Dies wäre ein Durchbruch auf dem Gebiet der Exoplaneten", sagte Balsalobre-Ruza. Noch mehr werden die Forschenden ab 2030 über das System herausfinden können. Dann nämlich wird Alma erweitert, was die Fähigkeit des Arrays, Trojaner in vielen anderen Sternen zu charakterisieren, massiv verbessern wird. (tberg, red, 23.7.2023)