Drei Entwickler von Diablo 4
Gedrückte Stimmung herrschte beim Campfire-Chat von Blizzard.
Screenshot Blizzard

Action-Rollenspiele oder Hack-and-Slay-Spiele sind nichts anderes als eine spielbar gewordene Allmachtsfantasie. Man fräst sich als auserwählter Held mit Schwert, Zauberstab, durch immer mehr höllische Gegner. Diese lassen Gold und wertvolle Gegenstände fallen, mit denen die Spielerin und der Spieler immer mächtiger werden, was es ihnen ermöglicht, sich noch schneller durch die Horden zu kämpfen. Dieses Konzept ist nicht neu und "Diablo 4" ist das jüngste und wohl erfolgreichste Beispiel, dass das Spielkonzept mit seiner Spirale aus Kampf und Belohnung noch immer funktioniert.

Doch was passiert, wenn man die Spielfiguren absichtlich schlechter macht und den Fortschritt der Spielerinnen und Spieler verlangsamt? Und warum sollte man das überhaupt tun? Hersteller Blizzard hat diese Woche genau das versucht. Mit einem Update machte das Entwicklerstudio nicht nur den Charakterfortschritt signifikant langsamer, es zerstörte sogar den beliebten "Helltide"-Modus. Was folgte, war ein Shitstorm, den man in dieser Intensität in der Spielebranche selten erlebt hat. Der Userscore auf der Bewertungsplattform Metacritic sank auf historisch schlechte 2,2 Punkte – ein vernichtendes Urteil. In sämtlichen Gaming-Foren gab es nur noch ein Thema und Blizzard wurde links und rechts abgewatscht und es war Höllenfeuer am Dach.

Geknicktes Entwicklertrio

Am Freitag rief Blizzard den Notstand aus und die Entwickler mussten reagieren. In einem Campfire-Chat sollte die Lage deeskaliert und der Schaden begrenzt werden. Game Director Joe Shely, Associate Game Director Joseph Piepiora und Community-Chef Adam Fletcher traten sichtlich geknickt vor die Kamera. "Wir wissen, dass es schlecht ist, wir wissen, dass es keinen Spaß macht", und fügte hinzu: "Wir haben nicht vor, so einen Patch jemals wieder zu machen”, erklärte Fletcher.

Man habe nicht die Absicht gehabt, den Spielfortschritt zu verlangsamen, warum Blizzard aber genau das Gegenteil mit dem Update tat, blieb unklar. Es werde aber eine schnelle Lösung geben, um die Dinge nach dem Patch 1.1.0 wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die Blizzard-Manager stellten erste Informationen über die kommende Korrektur schon am kommenden Freitag in Aussicht.

Diablo IV Campfire Chat - Season of the Malignant- July 2023
Diablo

Piepiora sagte, dass das Team der Meinung ist, dass die Alptraum-Dungeons im Spiel "dramatisch übersteuert" sind und dass die Alptraum-Dungeons der Stufe 100 für die meisten Klassen "unerträglich schwierig" sind, was dazu führt, dass die Spieler sehr spezifische Builds verfolgen. Dies sei nie die Absicht gewesen, so Piepiora, und das Team plane, den Schwierigkeitsgrad dieser Stufe-100-Dungeons um etwa 30 Prozent zu senken, um die Dinge auszugleichen. Mit anderen Worten: Die Macht der Spieler wird nicht wieder auf das frühere Niveau zurückgesetzt, sondern die Spielwelt wird ein weniger bedrohlich gemacht.

Das Spiel soll wieder Spaß machen

Shely sagte, dass ein Patch der Version 1.1.1 die Dinge weiter ausbalancieren wird, indem er unter anderem mehr Monster zu Alptraum-Dungeons und einigen Helltide-Events hinzufügt. Das soll den Spaß am Kämpfen wieder deutlich erhöhen. Im nächsten Campfire-Chat, der für Freitag, den 28. Juli geplant ist, wird Blizzard mehr über diesen Patch sprechen, der laut Fletcher in "ein paar Wochen" erscheinen wird.

Der Game Director sagte auch, dass es in Zukunft keine Verringerung der Macht der Spielenden mehr geben werde, ohne überzeugende Alternativen in Form anderer Charakterbuilds anzubieten. Stattdessen wird das Team diese Builds so lange übermächtig bleiben lassen, bis sie sich besser in die allgemeinen Änderungen einfügen. Außerdem werde man die Community bereits eine Woche vorher über bevorstehende Änderungen informieren, damit diese sie besser "verdauen" kann.

Außerdem soll es leichter werden, den Charakter von Level 50 auf Stufe 100 zu bringen. Die Klassen Zauberer und Barbar sollen in der Zukunft wieder zu alter Stärke zurückfinden und die Kosten für das Umskillen des Helden werden um 40 Prozent gesenkt, damit die Fans neue Builds schneller ausprobieren können. Außerdem wollen Edelsteine nicht mehr wertvollen Inventarplatz belegen. Ein erstes Versprechen wurde bereits wenige Stunden nach dem Campfire-Chat umgesetzt: Der Helltide-Modus wurde von Blizzard repariert. Mit dem Katastrophen-Patch hat sich auch ein Fehler eingeschlichen, der Monster kaum noch Zunder droppen ließ, was den gesamten Modus unbrauchbar machte.

In der Redaktion des STANDARD haben wir uns schon gestritten, ob "Diablo 4" das Spiel des Jahres sein könnte. Die Antwort lautete "Ja", aber das war leider noch bevor Blizzard den Patch aus der Hölle veröffentlichte. (pez, 23.7.2023)