Polizei
In der Nacht auf Samstag ist ein 32-jähriger Innviertler wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung festgenommen worden.
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Beim Anblick des entblößten Oberkörpers bestand für die Polizisten kein Zweifel mehr: der Schriftzug "Sturm 18" in Anspielung an die Anfangsbuchstaben von Adolf Hitler auf dem einen Oberarm, ein Totenkopf mit SS-Runen auf dem anderen. Neben der Brust ein Schriftzug mit "Blut und Ehre", auf der Brust eine schwarze Sonne – eines der populärsten Symbole von Neonazis.

Diese Tattoos entlarvten den Mann am Freitagabend als jenen Badegast, der die auf seiner Haut verewigte Verherrlichung des NS-Regimes Anfang Juli im Freibad Braunau offen zur Schau gestellt hatte.

Wiederholungsgefahr

Der 32-jährige Innviertler wurde verhaftet. Am Sonntag gab die Haftrichterin grünes Licht für die Untersuchungshaft, wie Staatsanwalt Alois Ebner im Gespräch mit dem STANDARD bestätigte. Nicht nur sei der Mann bereits amtsbekannt – er ist dreifach nach dem Verbotsgesetz vorbestraft –, auch werde gegen ihn derzeit wegen einschlägiger Bilder in den sozialen Medien ermittelt. "Es besteht Wiederholungsgefahr", sagte Ebner.

Rechtsextreme und NS-verherrlichende Delikte sind in Österreich keine Einzelfälle. Das zeigt ein weiterer Aufgriff im Innviertel. Erst vor einem Monat wurde dort bei einer großangelegten Razzia ein riesiges Waffenarsenal der rechtsextremen Rockergang Bandidos ausgehoben. Neben 35 Langwaffen, 500 Pistolen und 1000 Schuss Munition wurden 550 NS-Devotionalien, darunter etwa Fahnen und einschlägige Literatur, sichergestellt.

Das Land Oberösterreich kündigte einen Aktionsplan gegen Extremismus an. Doch die große Aufregung, die der Fund auslöste, führte offenbar nicht zu einer verstärkten Sensibilisierung in Sachen Rechtsextremismus innerhalb der Polizei.

Lasches Eingreifen der Polizei

Diese muss sich aktuell den Vorwurf gefallen lassen, im Falle des 32-Jährigen Innviertlers nicht adäquat reagiert zu haben. Der Grund: Bayrischen Badegästen, darunter einem Polizisten, fielen am 9. Juli die einschlägigen Tätowierungen auf. Sie verständigten die Polizei, die auch eine Streife vorbeischickte. Doch die Schilderungen gehen auseinander, ob die Beamten auch tätig wurden und nach dem Mann Ausschau hielten oder nicht.

Der bayrische Polizist behauptete vergangene Woche im STANDARD-Gespräch, die Kollegen hätten ihn lediglich an den Bademeister verwiesen. Die Polizei bestritt diese Darstellung und erklärte wiederum, man habe den Mann nicht mehr finden können.

Was feststeht: Der Fall wird nun intern untersucht. "Wir nehmen den Vorfall sehr ernst", hieß es am Dienstag von der Landespolizeidirektion. Das polizeiliche Vorgehen werde nun "inhaltlich und disziplinarrechtlich überprüft".

Verbindung zu "Objekt 21"

Der Verdächtige selbst soll laut Kurier Verbindungen zu der Neonazigruppe Objekt 21 haben, einer verfassungswidrigen Gruppe, die in Oberösterreich 2013 zerschlagen wurde. Auch beim Waffenfund im Juni geriet eine ehemalige Führungsfigur der Gruppe ins Visier. Eindeutige Indizien für eine Verbindung des Mannes zur Vereinigung gebe es allerdings nicht, sagt dazu Staatsanwalt Ebner. Ein Näheverhältnis ließe sich aber auch nicht ausschließen.

Nach einer gegenteiligen Aussage gestand der Verdächtige dann am Sonntag, an besagtem Tag im Freibad gewesen zu sein. Dass er seine Tattoos auch abdecken könne, daran habe er nicht gedacht, habe dieser laut Ebner gesagt. Da er sich nicht gegen die Untersuchungshaft beschwert habe, ist diese nun rechtskräftig. Nach 14 Tagen wird es erneut eine Haftprüfung geben.

NS-Verherrlichung im Internet

Delikte gegen das Verbotsgesetz sind auch in einem aktuellen Bericht zu Hassverbrechen beachtlich. Anhand der Zahlen, die das Innenministerium am Wochenende veröffentlichte, zeigt sich: Von in Summe 5464 erfassten Hassverbrechen im Jahr 2022 machen diese rund ein Drittel aus. "Strafbare Handlungen nach dem Verbotsgesetz zeigen die stärkste Häufung", hieß es dazu aus dem Ministerium.

Jeder zweite Verstoß gegen das Verbotsgesetz fand dabei im Internet statt, wie es im Bericht heißt. Eine relativ hohe Zahl an Straftaten gegen das Verbotsgesetz verzeichnen dabei die Bundesländer Salzburg, Burgenland und Kärnten. Im Vergleich zur Gesamtzahl der Verdächtigen der heurigen Kriminalstatistik waren Hate-Crime-Tatverdächtige häufiger jugendlich oder strafunmündig. (Elisa Tomaselli, 23.7.2023)