Gemeindebundpräsident Alfred Riedl (ÖVP) hat Konsequenzen aus den gegen ihn erhobenen Vorwürfen gezogen - zurückgetreten, wie dies SPÖ-Vertreter gefordert hatten, ist er aber nicht. Er stelle seinen Vorsitz "ruhend", hieß es am Dienstag nach einer rund einstündigen Präsidiumssitzung via Aussendung. Riedl werden fragwürdige Grundstücksdeals in seiner Heimatgemeinde Grafenwörth vorgeworfen. Durch die Ruhendstellung solle der Gemeindebund "aus der Schusslinie" genommen und entlastet werden, um in Ruhe weiterzuarbeiten, hieß es.

Die sozialdemokratischen Vertreter hatten Riedl den Rückzug aus dem Amt nahegelegt. Vizepräsident Rupert Dworak (SPÖ) betonte, es gehe darum, weiteren Schaden vom Gemeindebund abzuwenden. Auch aus den eigenen Reihen wurden Stimmen laut, die Riedls Rücktritt fordern. "Die Stimmung im Gemeindebund ist sehr schlecht, weil Riedls Geschäfte auf alle Bürgermeister zurückfallen, das schadet dem Gemeindebund sehr", sagt Günther Mitterer (ÖVP), Obmann des Gemeindebundes Salzburg. Man habe deshalb eine Erklärung gefordert, fügt Mitterer hinzu.

Riedl entschied sich für den Mittelweg: "Ich habe den ersten Vizepräsidenten Erwin Dirnberger und Vizepräsidentin Andrea Kaufmann gebeten, meine Aufgaben im Gemeindebund bis zur nächsten Sitzung des Bundesvorstandes zu übernehmen", wurde er in der Aussendung zitiert. Der Vorschlag sei von den Präsidiumsmitgliedern einstimmig angenommen worden.

Es ist jedenfalls eine langjährige Politikkarriere, die nur wenige im Land vorweisen können: Alfred Riedl ist einflussreicher ÖVP-Politiker, Ex-Landtagsabgeordneter, Grafenwör­ther Bürgermeister, war bis vor kurzem noch Gemeindebundpräsident und, wie nun vermehrt in der Öffentlichkeit bekannt wird, geschickter Immobilienhändler.

Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl bei einer Pressekonferenz.
In einer Präsidiumssitzung am Dienstag stellte Riedl seine Funktion ruhend.
IMAGO/Sepa-Media

Seit 33 Jahren steht Riedl an der Spitze seiner Heimatgemeinde. Doch aktuell sind die Zeiten für den gebürtigen Grafenwörther schwerer geworden. Riedls Mehrfachfunktionen sorgen seit längerem für mehr Stirnrunzeln als für Beachtung. Nicht nur zuletzt wegen eines Projekts in Grafenwörth: Dort entstehen 200 Ein- und Mehrfamilienhäuser, die sich um einen künstlichen Foliensee winden. Für besondere Brisanz sorgt der Blick auf einen ehemaligen Grundstückseigentümer: Alfred Riedl.

Noch brisanter wird es, wenn der Blick auf die vergangenen Umwidmungen fällt. Die ÖVP-Fraktion im Ort widmete neun Flächen, darunter vier Gründe von Riedl, von Grün- auf Bauland um. Der Preis stieg dadurch enorm. Und die Flächen wurden von Riedl weiterverkauft – eine Million Euro soll der Gemeindebund-Präsident dadurch verdient haben. Recherchen der "Wiener Zeitung" legen nahe, dass weitere Flächen nach einem Riedls ähnlichen Schema gehandelt wurden. Der ÖVP-Politiker bestreitet, sein Insiderwissen als Bürgermeister für private Zwecke benutzt zu haben.

Kein Rütteln an Umwidmungen

An seiner jahrelang verteidigten Position hält er weiterhin fest: Gemeinden sollen autonom über Umwidmungen entscheiden können. Es ist ein Gesamtbild, das der 70-Jährige versucht geradezurücken. Riedl weiß sich als Politiker und studierter Wirtschaftstreuhänder zu inszenieren.

Erfahrung hat der dreifache Familienvater nicht nur in der Politik gesammelt. Bevor Riedl einst
als ÖVP-Vizeklubobmann und enger Vertrauter des Landeshauptmanns Erwin Pröll ohne viel Widerstand die niederösterreichische Politik bestimmte, war er Lehrer an einer Wiener Handelsakademie. Wenig später gründete er seine eigene Steuerberatungskanzlei.

Aber seit Wochen hagelt es Kritik, das ist für ihn neu. Ob seine Behauptung, er habe bei etwaigen Bauprojekten als Privatperson gehandelt, stimmt, wird sich weisen. Dienstagnachmittag zog Riedl jedenfalls die Notbremse und stellte seine Funktion als Gemeindebund-Präsident ruhend. Zurückgetreten sei er aber nicht, hieß es in einer Aussendung. Der Vorschlag sei von den Präsidiumsmitgliedern einstimmig angenommen worden. Zusatz: "Die medialen Angriffe und die vielen Spekulationen habe ich mir und hat sich meine Familie nicht verdient."

Gemischte Reaktionen

Die Generalsekretärin der Grünen, Olga Voglauer, begrüße den Schritt Riedls. Jetzt müsse Aufklärung das Gebot der Stunde lauten, schrieb sie auf Twitter. Der Gemeindebund-Chef habe "mit zweifelhaftem Eifer" Flächen versiegelt und Böden unnutzbar gemacht. Die Aufgabe von Gemeindevertreterinnen und Vertretern sei es aber eigentlich, "sich vor Ort für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder einzusetzen".

Unzufrieden mit den Konsequenzen zeigte sich die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die Riedl ebenfalls vorgeworfen hatte, an der Versiegelung fruchtbarer Böden verdient zu haben. "Wer so agiert, kann nicht im Namen der österreichischen Gemeinden so wichtige Materien wie die Bodenschutz-Strategie verhandeln. Ein Rücktritt auf Zeit reicht da nicht aus", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Führung des Gemeindebundes müsse auf neue Beine gestellt werden. (Max Stepan, red, 25.7.2023)