Logan Parsons musste vor kurzem erfahren, dass Fluglinien kein Herz für Pfennigfuchser haben. Der US-amerikanische Teenager wurde auf dem Flughafen Gainesville in Florida wegen "Skiplagging" festgenommen. Der Vorfall sorgte für Schlagzeilen, auch weil American Airlines den 17-Jährigen in der Folge gleich für drei Jahre von ihren Flugzeugen verbannte.

Aber der Reihe nach: Beim Check-in von American Airlines wollte Parsons seine Bordkarten für den Flug nach New York abholen. Der beinhaltete auch einen Zwischenstopp in Charlotte im Bundesstaat North Carolina. Er zeigte seinen Führerschein. Das ließ einen Mitarbeiter stutzig werden. Denn der Ausweis war in North Carolina ausgestellt worden. Der Verdacht: Der Bursche wolle gar nicht nach New York, sondern billig nach Charlotte kommen. Ein paar Nachfragen später dürfte Parsons seinen Plan offengelegt haben: New York war nie sein Ziel gewesen.

American Airlines geht hart gegen Skylagger vor.
American Airlines geht hart gegen "Skylagger" vor.
AFP/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/JOE Raedle

Das fand man bei American Airlines gar nicht lustig. Man stornierte das Ticket, für das die Familie des Teenagers 150 US-Dollar bezahlt hatte. Stattdessen mussten sie ein neues Ticket für einen Direktflug lösen. Kostenpunkt: 400 US-Dollar. 250 Dollar mehr also.

An diesem Beispiel sieht man bereits, was den Reiz dieser Praxis, die auch "Hidden City"- oder "Throwaway"-Ticketing genannt wird, ausmacht: Flüge mit Umstieg sind oft deutlich billiger als Direktflüge. Will man also eigentlich in die Stadt C, bucht man einen Flug von A nach B mit einem Zwischenstopp in C, steigt dort aus und bleibt da. Der Flug C nach B wird nicht angetreten.

Sparen zum Leidwesen der Airlines

Ein Beispiel rechnet man bei "Aerotelegraph" vor: Bucht man bei Lufthansa für den 31. August einen Flug von Frankfurt nach Mykonos via Zürich, zahlt man dafür 173 Euro. Ein direkter Flug nach Zürich kostet mindestens rund 250 Euro.

Die Flugbuchungs-Website Skiplagged.com hat dieses Konzept zu ihrem Geschäftsmodell gemacht, indem sie eine Plattform anbietet, die Reisende auf der Grundlage ihres bevorzugten Flughafens und Reiseziels auf entsprechende Angebote hinweist. "Wir haben Skiplagged in den letzten fünf bis acht Jahren fast ausschließlich genutzt", gab auch der Vater des Teenagers, Hunter Parsons, zu, der für die Buchung des Fluges verantwortlich war. Es hätte nie ein Problem gegeben, postete er. Dass man seinen Sohn so behandle, sei inakzeptabel. Doch das beeindruckte American Airlines nicht: Man sperrte Logan für drei Jahre als Passagier.

American Airlines ist dafür bekannt, eine harte Linie zu fahren, und kündigte bereits im Jänner 2021 in einem Mitarbeiter-Memo an, gegen diese Praxis vorgehen und neue Instrumente einführen zu wollen, die dabei helfen sollen, auf potenzielle Skiplag-Buchungen aufmerksam zu machen. "Wir haben diese Art von Buchungspraktiken schon immer verboten", erklärte die Fluggesellschaft damals gegenüber "Travelpulse".

Dünnes Eis

Tatsächlich ist dies aus dem Blickwinkel der Fluggesellschaft nachvollziehbar: Denn einerseits entgehen ihr Einnahmen. Andererseits erschwert die Praxis die Prognosemethoden, mit denen Airlines die Überbuchungsquoten für Flüge berechnen. Durch die Überbuchung – also das Verkaufen von zu vielen Tickets pro Flug – versuchen Fluglinien, die Auslastung zu optimieren, weil es auf vielen Flügen bestimmte Prozentsätze sogenannter "No Shows" gibt, wie bei "Aerotelegraph" erklärt wird.

"Skiplagger" bewegen sich rechtlich auf dünnem Eis. Den wenigsten wird bewusst sein, dass sie gegen Beförderungsrichtlinien verstoßen. Sie sehen nur den günstigen Flug. Die Beförderungsbedingungen der Lufthansa beispielsweise verbieten es allerdings, einen Umsteigeflug mit der Absicht zu buchen, vorher auszusteigen. Dort heißt es: "Wird die Beförderung nicht auf allen oder nicht in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge der einzelnen Teilstrecken bei ansonsten unveränderten Reisedaten angetreten, werden wir den Flugpreis entsprechend Ihrer geänderten Streckenführung nachkalkulieren." Soll heißen: Man muss nachzahlen.

Schwer nachweisbar

Ähnlich sieht es bei so gut wie allen anderen Fluggesellschaften aus. Und diese Beförderungsbedingungen sind verbindlich, denn: Wer ein Ticket kauft, schließt einen Vertrag mit der Airline ab, mahnt man bei "Aerotelegraph" und schildert einen Fall aus der Vergangenheit: Im Jahr 2019 verklagte die Lufthansa einen Passagier, nachdem dieser 657 Euro für ein Businessclass-Ticket von Oslo nach Seattle über Frankfurt bezahlt hatte – aber auf dem Rückflug in Frankfurt ausgestiegen und stattdessen mit einem anderen Lufthansa-Ticket von Frankfurt nach Berlin geflogen war. Laut Lufthansa hätte das Ticket 2.769 Euro kosten sollen. Die Airline forderte vor Gericht eine Rückzahlung von 2.112 Euro plus Zinsen ein. Zwar gab das Gericht der Airline nicht recht – aber vor allem, weil es die Neuberechnung des Preises intransparent fand. Im Grundsatz habe die Airline recht, den Reisenden für die Nichteinhaltung der Beförderungsbedingungen zu belangen.

Auch wenn es sich verlockend anhört und vermutlich schwer nachzuweisen ist, sollte man lieber die Finger von diesem umstrittenen "Travel-Hack" lassen. Und dennoch sind die Airlines nicht ganz unschuldig an der Situation, sagen Experten wie Henry Harteveldt, Reiseanalyst und Mitbegründer der Atmosphere Research Group. Er meinte bereits 2019 gegenüber der BBC, dass "Skiplagging" ein von den Fluggesellschaften selbst geschaffenes Problem sei. "Als Analyst und Geschäftsmann verstehe ich sehr gut, warum die Fluggesellschaften so viel wie möglich herausholen, wenn sie eine Chance haben. Darum geht es im Geschäftsleben", sagte Harteveldt. Aber wenn eine Airline "dumme Preise" für Flüge zu den großen Drehkreuzen anbiete, dann sei das fast schon eine Einladung zum "Skiplagging". (max, 30.7.2023)