Smartphoneverbot an Schulen.
Handys an Schulen sind ein Streitthema – das Bildungsministerium sieht keinen Grund für Änderung.
APA/dpa/Sebastian Gollnow

Beleuchtete Gesichter, die in der Klasse, in den Pausen, auf der Toilette, also bei jeder Gelegenheit, auf das Smartphone starren: Es ist ein Anblick, den die Wiener Mittelschullehrerin Raphaela Friedl bestens kennt – und damit nicht allein sein dürfte. Eine interne Regel, dass Handys abgenommen werden können, gab es an ihrer Schule im zweiten Bezirk zwar. Aber diese griff dann nicht mehr. "Es hat einfach überhandgenommen."

Eine Lösung musste her. Und diese sah ab Jänner 2023 vor, dass die Smartphones in Boxen verstaut werden – eine Regel, die laut Friedl nur kurz auf Widerstand stieß.

Gefahr von übermäßiger Handynutzung

Mit diesem Quasi-Verbot leistet die Mittelschule, an der die 27-Jährige unterrichtet, wie zahlreiche andere Schulen in Österreich einer Unesco-Empfehlung bereits Folge. In einem neuen Bericht wird vor den Gefahren einer übermäßigen Handynutzung von Schülern gewarnt. Nicht nur würde diese im Zusammenhang mit schlechteren Schulleistungen stehen; auch hätte das Kleben an den Bildschirmen negative Auswirkungen auf die emotionale Stabilität von Kindern.

Doch die Kritik richtet sich nicht nur gegen die Handynutzung, sondern auch gegen den massiven Einsatz digitaler Technologie im Schulalltag. Zwar hätte dies während der Corona-Pandemiezeit einen Zusammenbruch des Bildungswesens verhindert. Nun gelte es jedoch zu gewährleisten, dass Tablets, Laptops und letztlich auch künstliche Intelligenz in einem vertretbaren Rahmen mit klaren Zielen und Grundsätzen zum Einsatz kommen, heißt es sinngemäß in dem Bericht, für den 200 Bildungssysteme analysiert wurden. Was würde also ein generelles Verbot von Handys an Schulen bewirken – und sollte das angestrebt werden?

Verbot für Ministerium kein Thema

In Österreich ist es bislang so, dass die Schulstandorte selbst darüber entscheiden, wie und ob Handys im Unterricht genutzt werden. Wie viele Schulen ein Handyverbot festgeschrieben haben, wird nicht zentral erfasst. Geregelt ist all das in der Hausordnung der jeweiligen Schule.

Geht es nach dem Bildungsministerium, soll das auch so bleiben. "Wir sind prinzipiell gegen ein Handyverbot", hieß es am Donnerstag auf Nachfrage. Es obliege den Schulen bzw. den einzelnen Lehrkräften, wie sie mit Smartphone und Co. im Klassenzimmer umgehen. Generell sehe man in der Digitalisierung "eine Chance".

Gespräche mit Schülern

Ein generelles Verbot einzuführen hält auch Bildungspsychologin Christiane Spiel im STANDARD-Gespräch nicht für sinnvoll. Letztlich sei das Schulsystem hierzulande ohnehin schon sehr hierarchisch geordnet. "Es wäre besser, wenn man das Thema mit den Schülerinnen und Schülern im Unterricht aufgreift und sie selbst Vorschläge machen lässt, wie man mit den Handys umgehen könnte."

Dabei will sie die negativen Auswirkungen des Smartphone-Konsums auch nicht kleinreden: "Wenn die Handys nicht im Unterricht sind, ist die Wahrscheinlichkeit natürlich größer, dass man sich konzentriert." Immerhin würden auch zahlreiche Studien darauf verweisen, dass ein ständiges Multitasking zu einer starken Überforderung führt und das Lernen behindert. "All das gilt es aber mit den Kindern zu besprechen", sagt die Expertin.

Weniger Machtspiele, mehr Spiele

Einbezogen hat auch Friedl ihre Klasse. "Ja, wir sind die ganze Zeit am Handy", hätten sich die Schülerinnen einsichtig gezeigt. Nachdem ein weiterer Probeversuch scheiterte, führte für sie kein Weg an einem Verbot vorbei – auch zur Erleichterung der Eltern. "Viele waren sehr froh darüber, weil sie meinten, dass die Kinder sich über deren Handyverbote hinwegsetzen würden."

Positive Auswirkungen habe das Verbot jedenfalls: Die Kinder würden mehr miteinander spielen, und auch Machtspielchen hätten abgenommen, erzählt Friedl. Wichtig sei ihr, dass sich die Schüler mit dem Laptop auskennen, der auch in den meisten Fächern zum Einsatz kommt. Das würde ihnen mit Blick auf das Arbeitsleben helfen. "Mit dem Handy beschäftigen sie sich eh die ganze Zeit." (Elisa Tomaselli, 27.7.2023)