Sparzinsen
Was tun gegen niedrige Sparzinsen?
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PRO: In die Pflicht nehmen

von Günther Strobl

Österreichs Banken scheinen das perfekte Geschäftsmodell gefunden zu haben: Vor langem schon haben sie begonnen, Schalterstunden zu reduzieren und Tätigkeiten, bei denen früher Bankbeschäftigte behilflich waren, an Kunden und Kundinnen auszulagern, auf dass diese selbst Überweisungen machen oder Bargeld am Bankomaten statt am Schalter beheben. Im Gegenzug werden Kontoführungsprovisionen kassiert, und das gar nicht zu knapp.

Zu allem Überfluss kommt jetzt aber hinzu, dass Kredit- und Sparzinsen wieder einmal auseinanderklaffen. Das Phänomen ist altbekannt: Hebt die Europäische Zentralbank den Leitzins an, um Geld zu verteuern und so indirekt die Inflation zu bekämpfen, steigen die Kreditzinsen rasch, die Sparzinsen hingegen erst zeitversetzt und bei weitem nicht so dynamisch. Mit dem Geld der Kunden und Kundinnen, ohne das Banken gar nicht arbeiten könnten, verdienen sich die Institute damit quer durch die Bank eine goldene Nase.

Das muss nicht sein. Der Gesetzgeber könnte beschließen, dass Banken im Gleichschritt mit den Leitzinsen auch die Sparzinsen anheben müssen, wie sie das mittels Zinsgleitklauseln bei Krediten ganz ohne Einflüsterung tun. Konsequent zu Ende gedacht müsste es im Gegenzug allerdings erlaubt sein, dass Sparer und Sparerinnen Negativzinsen zahlen, also Geld für die Aufbewahrung ihres Geldes in der Bank – sofern das Zinsniveau entsprechend niedrig ist. Einen Versuch wäre es wert. (Günther Strobl, 1.8.2023)

KONTRA: Suchen statt jammern

von Eric Frey

Sparer, so lautet ein abgewandeltes Bonmot, sind dumm und frech. Dumm, weil sie ihr Geld zur Bank tragen, und frech, weil sie dafür auch noch Zinsen haben wollen.

In den vergangenen Jahren war nur die erste Hälfte wahr, denn Banken konnten angesichts der Nullzinspolitik der Notenbanken normale Spareinlagen nicht verzinsen. Dass sich das trotz der massiven Zinserhöhungen nur schleppend verändert hat, sorgt derzeit für Empörung – zu Unrecht.

Banken stehen im Wettbewerb, seit dem EU-Beitritt selbst in Österreich. Würden sie mehr Spareinlagen benötigen, dann stiegen auch ihre angebotenen Zinsen rasch. Das war etwa vor der Weltfinanzkrise 2008 der Fall. Aber angesichts der geringen Kreditnachfrage vor allem aus dem Immobilienmarkt haben die Institute dazu wenig Anlass. Stattdessen verbreitern sie ihre Zinsmarge – also die Differenz zwischen Kredit- und Sparzinsen, eine wichtige Ertragsquelle – und bauen so Reserven für schlechtere Zeiten auf.

Statt zu jammern, könnten Sparerinnen und Sparer nach Alternativen zum Sparbuch suchen. Onlinebanken bieten derzeit rund zwei Prozent auf täglich fällige und drei Prozent auf gebundene Einlagen. In breitgestreute Aktienfonds lassen sich auch kleine Beträge anlegen. Staatliche Eingriffe führen bloß zu wirtschaftlichen Verzerrungen, die sich irgendwann rächen. (Eric Frey, 1.8.2023)