Dieser Tage versammelten sich rund 500 Demonstranten vor dem Mahnmal gegen den Faschismus auf dem Wiener Helmut-Zilk-Platz vor der Albertina. An dieser prominenten Stelle in der Wiener Innenstadt – die Oper und das Hotel Sacher sind nicht weit – steht das vom Bildhauer Alfred Hrdlicka gestaltete Denkmal, das unter anderem die Figur des "straßenwaschenden Juden" enthält – eine Erinnerung an die Wiener Nazis, die im März 1938 jüdische Mitbürger unter wüstem Gejohle zur Entfernung der Parolen des soeben schmählich untergegangenen nationalkatholischen Schuschnigg-Regimes zwangen.

Eine rechte Demonstration an jenem Platz in Wien, wo Alfred Hrdlickas Mahnmal gegen Krieg und Faschismus steht.
© Christian Fischer

Die Demonstranten waren allerdings keine Antifaschisten, sondern Anhänger der sogenannten Identitären-Bewegung, die man ohne Übertreibung als rechtsextrem mit eindeutigen Nazi-Anklängen bezeichnen kann. Die Demo lief unter dem Titel "Remigration" (von "Ausländern").

Neo-Faschisten demonstrieren also auf dem Gelände des Mahnmals gegen Faschismus. Außer den Identitären unter ihrer Galionsfigur Martin Sellner waren noch Neonazis, Aktivisten aus dem Umfeld von Corona-Demonstrationen – sowie FPÖ-Funktionäre und Funktionärinnen zu sehen und zu hören. Denn auch ein Mitglied der Freiheitlichen Jugend hielt eine Rede. Womit sehr deutlich wurde, dass die unter FPÖ-Parteichef Norbert Hofer geltende (Pro-forma-)Abgrenzung von den Identitären unter dem neuen FPÖ-Chef Herbert Kickl zu einer offiziellen Verbrüderung und Vereinnahmung geworden ist. Kickl hatte ja schon vor einiger Zeit die Identitären als "rechte NGO" und "unterstützenswertes Projekt" bezeichnet.

Das alles zeigt: 1.) die Kickl-FPÖ lässt alle Pseudo-Rücksicht auf demokratische Kultur fallen und verbündet sich mit rechtsextremen Aktivisten, in deren Reihe auch aggressive junge Männer in Einheitskluft marschieren, die u. a. Journalisten bedrohen; und 2.) die Rechten und Rechtsextremen wittern Morgenluft.

Das war an diesem Wochenende auch sehr deutlich beim Parteitag der rechtsextremen AfD in Deutschland zu sehen. Die wähnt sich bereits auf der Siegerstraße (22 Prozent bundesweit, stärkste Partei in einigen Ex-DDR-Bundesländern) und fantasiert bereits von der Auflösung der EU und einem "Dexit" nach dem Vorbild des Brexit.

FPÖ und AfD sind in wichtigen Politikfeldern deckungsgleich: Anti-EU, Sympathie für und Zusammenarbeit mit Putins Russland, rabiat gegen Zuwanderung, "Festung Europa", Umwandlung der Demokratie nach ungarischem Vorbild zu einer Autokratie. Kickl bezeichnete jetzt in einem Video zu zehn Jahren Gründung der AfD diese Partei als "das Symbol der Hoffnung für Deutschland".

Die AfD hat sich seit ihrer Gründung als neoliberale Professorenpartei extrem radikalisiert und wird vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet. Einige ihrer Führungsfiguren wie Björn Höcke sind klar rechtsextrem mit NS-Hautgout. Die FPÖ hat sich unter Kickl fast ebenso radikalisiert – und liegt noch besser in dem Umfragen, nämlich konstant an erster Stelle. Kickl sieht sich schon als "Volkskanzler". Der Unterschied – in Deutschland lehnt die konservative CDU eine Koalition mit der AfD strikt ab; in Österreich hält die ÖVP unter Karl Nehammer zwar nicht Kickl, aber doch die FPÖ an sich für koalitionsfähig. (Hans Rauscher, 1.8.2023)