Eigentlich könnte es sich die Bundesregierung bei der Frage der Pensionserhöhung leichtmachen. Das Gesetz sieht einen Anstieg von 9,7 Prozent für das kommende Jahr vor, was die Inflationszahlen der letzten zwölf Monate widerspiegelt. Wenn sich der Staat an diese Faustregel hält, würden die Pensionen nach Kaufkraft berechnet weder steigen noch fallen.

Aber bei Pensionen ist nichts einfach. Kaum ist die Zahl bekannt geworden, riefen die einen, das sei zu wenig, und die anderen, es sei zu viel.

Die Inflation auch bei Pensionen abgleichen? Ja, aber bloß keine Pensionszuckerln vergeben.
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Pensionsvertreter, SPÖ und Caritas fordern mit Unterstützung des Boulevards für kleine Pensionen eine Erhöhung, die über die Teuerung hinausgeht. Dieser Ruf erschallt jedes Jahr, meist mit Erfolg: Seit 2018 hat die Mehrheit der Ruheständler stets mehr als den Inflationsausgleich erhalten. Das hat den Staat bisher viele Milliarden gekostet.

Deshalb rufen vor allem Wirtschaftsvertreter nach einer geringeren Anpassung als die gesetzlich vorgesehene. Schließlich werde die Inflation zu Jahresende nur bei etwa fünf Prozent liegen. Die 9,7 Prozent würden das Budget mit rund fünf Milliarden Euro belasten – Geld, das dann anderswo fehlt.

Allerdings wurde das letzte Pensionszuckerl nur in Form von Einmalzahlungen ausbezahlt, die Erhöhung des Sockelbetrags betrug recht magere 5,8 Prozent. Ein Anstieg unter den 9,7 Prozent für das kommende Jahr würde daher langfristig zu Kaufkraftverlusten führen. Der Fiskus kann diese zusätzliche Belastung gut verkraften, da die Inflation auch Pensionsbeiträge und Steuereinnahmen in die Höhe treibt.

Daher wäre es heuer für die Regierung ein gutes Jahr, dem populistischen Druck zu widerstehen und sich bei der Pensionsanpassung an die eigenen Vorgaben zu halten. Mit 9,7 Prozent Plus für alle wären die Folgen der Inflation für die älteren Jahrgänge voll abgefedert. Mehr Geld für niedrige Pensionen ist aus sozialer Sicht zwar immer wünschenswert, aber hätte auch unerwünschte Folgen: Das ohnehin fragile staatliche Pensionssystem käme finanziell weiter unter Druck, und das Versicherungsprinzip würde noch mehr untergraben werden. Dieses besagt, dass sich die Höhe einer Pension nach den eingezahlten Beiträgen richten soll.

Ungünstige Demografie

Das bedeutet nicht, dass über das Pensionssystem nicht diskutiert werden soll – im Gegenteil. Österreich hat eines der großzügigsten Pensionswesen der Welt und – so wie alle europäischen Staaten – eine ungünstige Demografie. Dank des Umlageverfahrens wird immer genügend Geld für die Altersvorsorge da sein, aber die Belastung für die arbeitende Generation wird stetig steigen. Je mehr Mittel aus dem Budget zur Finanzierung der Pensionen benötigt werden, weil die Beiträge nicht reichen, desto weniger Geld gibt es für Pflege, Gesundheit, Bildung oder das Klima.

Fachleute verweisen auf zwei Wege, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken: Das Pensionsantrittsalter muss steigen, da die Menschen ja auch immer länger leben. Und gegen allzu niedrige Pensionen vor allem für Frauen helfen mehr Vollzeit- statt Teilzeitstellen, was wiederum von einer besseren Kinderbetreuung abhängt.

Die Höhe der jährlichen Anpassung ist hingegen der falsche Hebel, um das Pensionssystem gleichzeitig gerecht und stabil zu halten. Ein Verzicht auf Aktionismus fällt Politikern schwer, macht das längerfristige Regieren aber leichter. (Eric Frey, 2.8.2023)