Impulstanz
Intendant Karl Regensburger leitet Impulstanz seit 40 Jahren.
APA/HANS PUNZ

Mit insgesamt rund 148.000 Besucherinnen und Zuschauern ist Impulstanz zu 96 Prozent ausgelastet. Die aktuelle Ausgabe mit ihren 68 Produktionen in 165 Aufführungen und mit 224 Workshops läuft bis Sonntag und bietet kommende Woche als Epilog noch ein "Noisical" im Odeon: The Grand and Glorious Party.

Mittlerweile operiert Impulstanz auf drei Ebenen. Neben den Bühnenaufführungen und Performances in Ausstellungskontexten wächst auch das Filmprogramm vor allem im Österreichischen Filmmuseum. Etwa mit 1001 Nights Apart von Sarvnaz Alambeigi, der berührenden Darstellung von Tanzschaffenden im Iran, deren Kunst dort verboten ist. Oder der Doku Umwelt, de l’autre côté des miroirs (David Mambouch, 2022), einem packenden Blick auf die Vorgänge hinter der Bühne von Maguy Marins Masterpiece Umwelt (2004).

Herausragend war auch die Vorpremiere von The Post Confinement Travelogue (2023) des Belgiers Michael Laub (70), der die Einsamkeit des Unterwegsseins in Zeiten der Pandemie darstellt. Weiters wurden Filme von Alain Platel und Anton Ovchinnikov sowie zwei Musikvideoprogramme gezeigt.

Impulstanz hat seine Bandbreite bei der Präsentation von Gegenwartschoreografie bestätigt. Aktuell ist diese ästhetische Vielfalt sogar der Inbegriff von "zeitgenössisch", weil ein Avantgarde-Anspruch, wie er noch zur Jahrtausendwende für die konzeptuelle Choreografie galt, zurzeit keine Relevanz hat.

Leerstelle Klima und Natur

Seit 20 Jahren hat der Tanz kaum neue künstlerische Formen entwickelt. Ausgerechnet in seinen als "progressiv" kategorisierten Bereichen ist er formal sogar regrediert. Erstaunlich, dass er – wie andere Künste auch – nur wenig zu den Diskursfeldern Klima und Natur (zu den Ausnahmen zählte eine Arbeit von Lisa Hinterreithner), Krieg und künstliche Intelligenz zu sagen hat.

Überragend unter den Neuentdeckungen des Festivals waren Marina Oteros so radikale wie brillante Arbeiten Fuck Me und Love Me. Darüber hinaus kommt den Werken der großen Tanzschaffenden wie Lucinda Childs, Meg Stuart, Emmanuelle Huynh oder Jérôme Bel eine neue Funktion zu: Sie zeigen die kulturgeschichtliche Tiefe des Tanzes. Dem gibt Impulstanz den nötigen Raum. Für seine aktuelle, fast fünfwöchige Ausgabe hat das Festival ein Budget von rund acht Millionen Euro zur Verfügung, die Einnahmen an den Kassen werden zwei Millionen betragen. (Helmut Ploebst, 3.8.2023)