Es ist ein Satz, den man in den vergangenen eineinhalb Jahren schon recht oft gehört hat. "Die neue geopolitische Lage hat vieles verändert", sagte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). Und damit hat er zweifellos recht. Seit Russlands Angriff auf die Ukraine ist in internationalen Beziehungen einiges ins Rutschen geraten. Und nationale Armeen quer durch Europa rüsten plötzlich auf – selbst das chronisch unterfinanzierte heimische Bundesheer.

Bundesheer-Soldaten beim Training für den Feldeinsatz
Offiziere des Bundesheers sollen künftig auch die Lehrinhalte von Schulbüchern auf ihre Richtigkeit prüfen.
Gerald Grestenberger

In der aktuellen Bedrohungslage gelte es aber auch, das in der Verfassung festgeschriebene Prinzip der "umfassenden Landesverteidigung" wieder mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken, finden Polaschek und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Anfang der Woche stellten die beiden Ressortchefs deshalb vor Journalistinnen und Journalisten Pläne zur künftig stärkeren Kooperation ihrer beiden Ministerien beim Thema vor.

Kooperation in beide Richtungen

Die Kooperation soll in beide Richtungen funktionieren. Einerseits sollen die Grundsätze der umfassenden Landesverteidigung, die laut Bundesverfassung aus der militärischen, geistigen, zivilen und wirtschaftlichen Landesverteidigung besteht, stärker in der Schulbildung verankert werden. Konkret soll das vor allem im Fach politische Bildung passieren.

Dort seien etwa schon derzeit rund um die Klimakrise zahlreiche Inhalte zu einer "schonenden Ressourcenpolitik" enthalten, sagte Polaschek. Neu hinzukommen sollen künftig Ausführungen zu einer "gerechten Friedenspolitik". Die umfassende Landesverteidigung stehe in den Lehrplänen ohnehin schon recht prominent neben dem Staatsvertrag, dem Bundesheer und der Neutralität. Deren Inhalte sollen aber gleichsam wieder mehr mit Leben befüllt werden. Auch das grundsätzliche Verständnis über das Bundesheer soll darüber verbessert werden.

Offiziere sollen Schulbücher prüfen

Aufgrund der globalen Nachrichtenlage sei in Schulen natürlich auch steigendes Interesse am Konzept der Neutralität und an militärischen Themen festzustellen, sagte der Bildungsminister. Ob Cyberbedrohungen oder konventioneller Angriffskrieg – die diversen Bedrohungsszenarien würden "verstärkt Thema, wenn ein Krieg vor unserer Haustür stattfindet".

Insgesamt hätten die Krisen der vergangenen Jahre gezeigt, dass die umfassende Landesverteidigung "uns alle angeht", sagte Tanner. Deshalb sei es wichtig, schon Schülerinnen und Schüler verstärkt dafür zu sensibilisieren. Künftig würden auch zwei Bundesheer-Offiziere für die Schulbuchkommission abgestellt. Sie sollen die Richtigkeit der Lehrinhalte über die Landesverteidigung in den heimischen Schulbüchern überprüfen.

Vom Heeressportler zum Sportlehrer

Aber auch in die andere Richtung – vom Bildungs- zum Verteidigungsministerium – soll die Kooperation Früchte tragen: Um dem Personalmangel im Lehrberuf entgegenzuwirken, will man künftig auch gezielt Soldatinnen und Soldaten ansprechen – ganz besonders aus drei Gruppen, die sich laut Einschätzung der Ressortchefs besonders dafür eignen würden: Milizsoldatinnen und Milizsoldaten, Heeressportlerinnen und -sportler sowie Angehörige der Militärmusik.

So endet etwa die Laufbahn eines Heeressportlers nach maximal 15 Jahren. Danach müsse in jedem Fall ein anderer Beruf her, sagte Polaschek. Sportlehrer zu werden könne da eine interessante Möglichkeit sein. Ein Sportstudium auch schon parallel zur Laufbahn als Heeressportler werde daher gezielt beworben. Ähnlich sei es mit Angehörigen der Militärmusik und der Berufsoption Musiklehrer. Das Wissen um die umfassende Landesverteidigung nehme man in beiden Fällen gleich in die Schule mit.

Später eine Karriere im öffentlichen Dienst fortsetzen zu können könne zudem ein guter Anreiz für junge Menschen sein, sich zeitlich befristet in den Milizdienst zu begeben. Zu den später nötigen Milizübungen würden Lehrerinnen und Lehrer – wie auch schon bisher – freigestellt. (Martin Tschiderer, 5.8.2023)