Die einen müssen, weil sie Sorgearbeit leisten, die anderen wollen es freiwillig, um mehr Freizeit und Ausgleich zu haben: Gründe für eine Anstellung in Teilzeit gibt es viele. Vor allem in der heutigen Arbeitswelt wird eine kürzere Woche oft als Weg zu mehr Zufriedenheit, (psychischer) Gesundheit und Balance im Leben gesehen. Nur: Man muss es sich leisten können. Sehr häufig ist der finanzielle Faktor jener, warum Menschen nicht die Hälfte der Zeit arbeiten wollen oder können.

Teilzeit zu arbeiten können sich viele nicht leisten
Teilzeit ist immer auch eine Kostenfrage.
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Eine neue Umfrage von Marketagent im Auftrag der Jobplattform karriere.at hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher auf das höhere Einkommen aus einer Vollzeitbeschäftigung nicht verzichten können. Über 50 Prozent der Befragten gaben außerdem an, mit einer Vollzeitbeschäftigung sicherstellen zu wollen, später eine ausreichend hohe Pension zu haben. Im Mai wurden für diese Studie dazu 1.025 erwerbsfähige Personen in Österreich befragt. 677 befanden sich in Vollzeit- und 274 Personen davon in Teilzeitanstellung.

Bei den Gründen für die Pension oder des Einkommens gab es zwar kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Bei den restlichen Antwortmöglichkeiten, warum die Teilnehmenden in Vollzeit beschäftigt sind, zeigt sich allerdings eine deutliche Differenz. Von den männlichen Teilnehmern gaben 28 Prozent an, ihre Position nicht in Teilzeit ausführen zu können. Von den Frauen wählten nur 16 Prozent diese Antwort. Ein Viertel der männlichen Befragten fanden außerdem, ein höheres Gehalt sei ihnen wichtiger als mehr freie Zeit. Von den Frauen antworteten dies 13 Prozent.

Wenige Männer leisten Sorgearbeit

Von den Personen, die nicht in Vollzeit arbeiten, gaben 39 Prozent an, wegen der Care-Arbeit weniger zu arbeiten. Dabei zeigt sich auch eine deutliche Kluft zwischen Frau und Mann. 36 Prozent der befragten Frauen gaben diesen Grund für das Arbeiten in Teilzeit an, bei den Männern nur sieben Prozent. Bei den männlichen in Teilzeit Arbeitenden ist hingegen häufiger der Grund, dass sie mehr Freizeit haben wollen. Auch in den verschiedenen Altersklassen in der Studie zeigen sich deutliche Unterschiede, warum Menschen in Teilzeit arbeiten müssen oder wollen. Von den Befragten im Alter von 30 bis 39 gaben mehr als die Hälfte an, Care-Arbeit leisten zu müssen, aber nur 18 Prozent, weil sie es sich leisten können. Bei den Teilnehmenden im Alter von 18 bis 29 Jahre war für 15 Prozent die Care-Arbeit der Grund für Teilzeit, aber für fast die Hälfte das Studium nebenbei.

Vollzeitarbeit, warum?
Balken Gründe für Vollzeit
Marketagent, karriere.at, Der Standard

Generell ist in Österreich die Teilzeitquote in den letzten 20 Jahren um über zehn Prozent gestiegen und liegt aktuell bei 30 Prozent. Heute arbeiten 13 Prozent der erwerbstätigen Männer und 51 Prozent der Frauen in Teilzeit, besagt die Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2022 der Statistik Austria, es geht dabei um den Jahresdurchschnitt über alle Wochen.

Die Teilzeitquote ist allerdings in Österreich im EU-Durchschnitt deutlich höher als in den anderen Ländern. Nur in den Niederlanden ist die Quote noch höher. Die unterschiedlichen Lebensrealitäten jener, die in Teilzeit arbeiten, haben die Soziologin Caroline Berghammer und der Soziologe Bernhard Riederer in einem Gastblog für den STANDARD aufgearbeitet.

"Der hohe Anteil von Teilzeit steht in Übereinstimmung mit starken Normen gegen Vollzeit von Müttern. Die Meinung, dass eine Mutter von Kindern unter drei Jahren nicht Vollzeit erwerbstätig sein sollte, wird in Österreich von beinahe der Hälfte der Bevölkerung vertreten", schreiben Berghammer und Riederer. Unter den 27 am European Social Survey im Jahr 2018 teilnehmenden Ländern wären nur in Lettland und Russland mehr Menschen dieser Ansicht gewesen. "Damit trifft die aktuelle Debatte auf eine in Teilen skeptische Bevölkerung." Dazu kommt auch, dass die wöchentliche Stundenanzahl der Vollzeit erwerbstätigen Männer in Österreich in Europa ebenfalls eine der höchsten ist. "Dies wird unter anderem durch steuerliche Begünstigung von Überstunden und All-in-Verträgen begünstigt", erklären die Soziologie-Fachleute.

Viertagewoche immer beliebter

Häufig wird in der Debatte um Arbeitszeiten die Viertagewoche als Lösung diskutiert. Aus der Studie von karriere.at geht hervor, dass jüngere und geringfügig Beschäftigte die kürzere Arbeitswoche positiver bewerten als ältere und Vollzeitbeschäftigte. Mehr als die Hälfte der befragten Arbeitnehmenden (58 Prozent) erwartet sich eine Viertagewoche auch für Vollzeitbeschäftigte. Mit 83 und 76 Prozent sind es geringfügig und nicht Berufstätige, die diese Forderung am häufigsten stellen. Bei den Voll- und Teilzeitarbeitnehmenden sind es nur 50 Prozent. Ein Viertel ist davon überzeugt, dass eine Viertagewoche zu einer positiven Balance zwischen der Arbeit und der Freizeit beitragen kann. Je älter die Beschäftigten, desto skeptischer sind sie gegenüber der Viertagewoche, vor allem die 50- bis 60-Jährigen.

Immer wieder führen auch in Österreich Unternehmen die Viertagewoche, als eine verkürzte Woche mit 30 Stunden, oder auch eine verkürzte Woche mit 40 Stunden und 10 Stunden pro Tag ein – bei vollem Lohnausgleich. Start-up-Gründer Ali Mahlodji etwa gründete mehrere Unternehmen, um jungen Menschen bei der Berufsorientierung zu unterstützen, darunter Watchado. Seit Anfang 2022 gilt in allen seinen Unternehmen die Viertagewoche. Sein Fazit erzählte er bereits im Juni dem STANDARD: Wann immer er davon erzähle, frage ihn eine Person, ob er noch eine Stelle frei habe. Ähnliches erzählt auch Andrea Bertl, Geschäftsführerin des Recruiting-Unternehmens epunkt. Weil sie Leute finden und auch halten wollte, habe sie eine verkürzte Arbeitswoche eingeführt. (red, 8.8.2023)