Italiens Premierministerin Giorgia Meloni
Italiens Premierministerin Giorgia Meloni will die geplante Banken-Sondersteuer anpassen.
REUTERS/JONATHAN ERNST

Rom – Nach heftigen Börsenturbulenzen hat Italiens Regierung für ihre beschlossene Sondersteuer auf Bankgewinne eine Obergrenze gesetzt. Die überraschende Entscheidung für eine Übergewinnsteuer hatte am Dienstag Aktien der italienischen Geldhäuser am Finanzmarkt abstürzen lassen. Das Finanzministerium versuchte daraufhin am späten Abend, die Märkte zu beruhigen. Es teilte mit, die Einnahmen aus der Steuer würden 0,1 Prozent der Bilanzsumme der Institute nicht überschreiten.

Die rechtsgerichtete Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will mit der Steuer Gewinne abschöpfen, die die Geldhäuser mithilfe der Zinsentwicklung einfahren. Voraussichtlich würden knapp drei Milliarden Euro durch die Steuer zusammenkommen, die 2023 einmalig erhoben würden, hatten mit dem Vorgang vertraute Personen gesagt.

Regierung verteidigt Sondersteuer

Die italienische Regierung verteidigte indes ihr Vorhaben. "Teil der höheren Gewinne, die die Banken in diesem Jahr allein aufgrund der fehlgeleiteten Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) erzielen werden, sollen zur Unterstützung der Familien verwendet werden", kommentierte der stellvertretende Ministerpräsident Matteo Salvini den Beschluss der Regierung. "Einige Banker bedauern unseren Beschluss. Wir sprechen allerdings von einem Bankensektor, der Milliarden verdient, ohne einen Finger zu rühren, und dies dank der EZB-Beschlüsse. Es ist eine wirtschaftliche und soziale Pflicht, Teil dieser Gewinne den Italienern zurückzugeben", argumentierte er im Interview mit dem Radiosender Radio 1.

Auch Ministerpräsidentin Meloni verteidigte die Sondersteuer für Banken. "Das Geld wird zur Finanzierung von Maßnahmen zur Unterstützung von Familien und Unternehmen verwendet, die aufgrund der Zinsentwicklung eine schwierige Zeit durchmachen", sagte Meloni in einer Videobotschaft. "Wir erleben eine komplizierte wirtschaftliche und finanzielle Phase, auch wegen der Inflation in ganz Europa, auf die die EZB mit einer Maßnahme reagiert hat, über die wir diskutieren können", sagte die Ministerpräsidentin.

Durch den Anstieg der Zinssätze werden italienische Unternehmen und Haushalte im Jahr 2023 5,4 Milliarden Euro und im Jahr 2024 neun Milliarden Euro mehr Zinsen zahlen müssen, also fast 14,4 Milliarden Euro in zwei Jahren, wie aus Schätzungen des italienischen Handelsverbands Confesercenti hervorgeht. Bis 2024 werden 185 Milliarden Euro Kredite fällig, die nur zu höheren Zinssätzen als bei der ursprünglichen Zeichnung verlängert werden können.

Banken-Sondersteuer in Österreich "derzeit nicht vorgesehen"

Auch andere europäische Länder wie Spanien und Ungarn haben bereits Sondersteuern für Banken eingeführt. In Österreich gibt es eine solche Sondersteuer für den Sektor nicht. Der Vorstoß der italienischen Regierung rief am Dienstag die FPÖ auf den Plan, die sich für eine Maßnahme nach italienischem Vorbild aussprach. Am Mittwoch erteilte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) der Maßnahme eine Absage – das sei "derzeit nicht vorgesehen".

In Italien traf die Regierungsentscheidung Analysten zufolge den Finanzmarkt unvorbereitet – was das Vertrauen der Anleger geschädigt habe. Italiens Regierung hatte schon zuvor die Idee einer Bankensteuer ins Spiel gebracht. Doch sie schien zuletzt die Pläne fallenlassen zu wollen. Die Entscheidung zugunsten der Steuer fiel dann selbst für Minister überraschend, die Montagabend zu einer Kabinettssitzung zusammengekommen waren. Italiens Bankaktien waren daraufhin am Dienstag 7,6 Prozent in den Keller gerauscht. Die Aktie von Intesa Sanpaolo büßte 8,6 Prozent ein – Titel des mittelgroßen Instituts BPER sackten sogar um 10,9 Prozent ab.

Ryanair protestiert gegen geplante Eingriffe in Flugpreise

Auch bei einer anderen geplanten Maßnahme verspürt Italiens Regierung Gegenwind. Meloni hatte auch angekündigt, gegen den Preisanstieg bei Binnenflügen vorgehen zu wollen. Die Meloni-Regierung machte die Algorithmen für den Preisanstieg in den vergangenen Monaten verantwortlich, insbesondere für Verbindungen zwischen dem Festland und den Inseln Sizilien und Sardinien. Das Regierungsdekret verbietet, dass Algorithmen die Preise bestimmen, wenn sie auf saisonal bedingte Nachfragespitzen angewendet werden und wenn sie dazu führen, dass der Preis für Tickets oder Zusatzleistungen 200 Prozent über dem Durchschnittspreis liegt. Verbraucherschutzverbände hatten zuvor wiederholt gegen die Preise protestiert.

Die Fluggesellschaften lehnen diese Maßnahme jedoch ab und drohen mit Protesten in Brüssel. Eddie Wilson, Geschäftsführer von Ryanair, traf am Mittwoch in Rom Industrieminister Adolfo Urso, bei dem er wegen der Regierungsmaßnahme protestierte. "Diese Maßnahme ist lächerlich, illegal und nach EU-Recht ein Eingriff in den freien Markt. Sie muss rückgängig gemacht werden", forderte Wilson. Die Behauptung des Präsidenten der Region Sizilien, Renato Schifani, Ryanair sei in ein Preiskartell verwickelt, bezeichnete er als "Blödsinn". "Ryanair hat über 185 Millionen Passagiere erreicht, weil wir die Preise gesenkt haben und den Kunden einen Mehrwert bieten", sagte Wilson.

"Der Geschäftsführer von Ryanair hat die Entwicklungspläne des Unternehmens für das Land und die Probleme, mit denen es konfrontiert ist, vorgestellt. Ich bin bereit, mich mit anderen Fluggesellschaften zu treffen, um zu sehen, ob die Maßnahme verbessert werden kann", sagte Industrieminister Urso. (APA, Reuters, red, 9.8.2023)