My Ugly Clementine
Die Wiener Band My Ugly Clementine mit Begleitung.
BMG/Rea von Vi´c

Die österreichische Band My Ugly Clementine blickt in ihrer kurzen Karriere auf eine beachtliche Erfolgsgeschichte zurück. Mit dem Erscheinen ihres Debüts Vitamin C vor drei Jahren fiel der Startschuss der Gruppe um die vom Popduo Leyya bekannte Songschreiberin Sophie Lindinger und die in diversen Genres wildernde Mira Lu Kovacs (Schmieds Puls, 5K HD) zwar denkbar ungünstig in die Pandemie.

Allerdings versuchte das Quartett, das Beste daraus zu machen. Es tourte, so gut es ging, und erarbeitete sich ein Stammpublikum. Es erhielt 2021 den renommierten Impala Award für das "Beste europäische Album des Jahres" und erreichte auf diversen Streaming-Plattformen hohe Zugriffszahlen. Nach Abgängen an Bass und Schlagzeug sind vom ursprünglichen Quartett heute noch Lindinger und Kovacs übrig geblieben. Mit Bassistin Nastasja Ronck ist allerdings eine Neuaufstellung erfolgt.

Aus den Wäldern Tschechiens

Mit dem jetzt veröffentlichten zweiten Album The Good Life haben My Ugly Clementine einen Wechsel vom kleinen Independent-Label zu einem Deal mit dem Unterhaltungskonzern Bertelsmann vollzogen und ihr Management professionalisiert. Eine Europatournee steht im Herbst auf dem Programm. Die neuen Songs wurden dieses Mal nach der Hauptlast auf den Kompositionskünsten Sophie Lindingers großteils im Kollektiv im Haus von Roncks Großvater irgendwo in den Wäldern Tschechiens entwickelt. Das hat den Liedern des neuen Albums hörbar gutgetan.

My Ugly Clementine

Die Stücke von Vitamin C erinnerten noch teilweise sehr stark an alte Errungenschaften des Indie-Pop und College-Rock, wie ihn der Radiosender FM4 Mitte der 1990er-Jahre in seinen Playlists stehen hatte. Das Klangbild konnte aktuell hauptsächlich über den mehrstimmigen Gesang und eine zünftigere Handhabung der Gitarren hin zum Guten erweitert werden.

Die neuen Songs verweisen also nicht mehr allzu sehr an abgespielte Hadern, wie sie schon in den 1980er-Jahren von Bands wie den Pixies oder den Breeders gespielt und später von Nirvana zum globalen Siegeszug geführt wurden.

Austarierter Sound

Eine gelungene Mischung der drei genannten Bands ist aktuell etwa auf Are You In zu hören. Das schwere Stop-and-Go-Riff und die dazugehörige Schweißbrenner-Leadgitarre werden allerdings durch aktuellere Bezüge etwa zum kalifornischen Schwesterntrio Haim und dessen Neigung zum soften Seventies-Westcoast-Sound im Stile von Fleetwood Mac austariert.

My Ugly Clementine

Im ätherischen Too Much versteckt sich dann hinter einer etwas schaumgebremsten Studioabmischung überhaupt ein klassisch verwehter und wehmütiger Song von Stevie Nicks, der Sängerin von Fleetwood Mac. (Christian Schachinger, 12.8.2023)