15 Tage mehr im Jahr, an denen sie reisen und sich entspannen kann. Julia A. (30), eine Angestellte im Digitalmarketing, arbeitet in Malta, wo es noch mehr gesetzliche Feiertage gibt als in Österreich – und sie darf sich diese freien Tage nach Belieben einteilen. "Es ist für mich wirklich praktisch, weil ich 15 mehr Urlaubstage habe, die ich mir einteilen kann", sagt A. dem STANDARD. "Gleichzeitig arbeite ich manchmal gerne an einem Feiertag, weil es ruhig ist." An einem 25. Dezember etwa ist es für sie oft praktischer, ein paar Stunden zu arbeiten, weil sie in Ruhe etwas Arbeit erledigen könne. Den freien Tag nimmt sie sich dafür an einem anderen in Jahr, wenn sie und ihr Ehemann verreisen wollen. "Für mich ist dieses System perfekt."

Mehr Urlaub für zufriedenere Mitarbeiter
Noch mehr Urlaubstage mit "gleitenden" Feiertagen? In Österreich derzeit grundsätzlich nicht möglich.
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A.s Firma in Malta ist nicht die einzige, die es erlaubt, Feiertage nach Belieben einzuteilen. Vor einiger Zeit erklärte die niederländische Firma für Online-Unterkunftssuche Housinganywhere, warum sie intern Feiertage abschuf, dafür diese Tage zusätzlich zum Urlaubskonto der Angestellten dazubuchte. Die Firma hätte 90 Mitarbeiter aus 28 Nationen. Auch die Konfessionen seien sehr unterschiedlich, manche Mitarbeitende seien gar nicht religiös. Der CEO habe recherchiert, dass es in den Niederlanden keine Vorschrift gäbe, genau die vorgesehenen Feiertage zu nehmen. Somit hatte er die Idee, die sieben Tage als zusätzliche Urlaubstage zu addieren, dann könne jeder diese nehmen, wie er oder sie möchte, erzählte Geschäftsführer Djordy Seelmann der "Süddeutschen Zeitung".

Die Influencer-Marketing-Agentur Billion Dollar Boy aus Großbritannien ermöglicht es auch seit diesem Jahr ihren 130 Mitarbeitenden, bestehende britische Festtage in Urlaubstage zu tauschen. Sie würden damit eine inklusive Arbeitskultur schaffen, teilte das Unternehmen im Zuge der neuen Regelung öffentlich mit. Die acht gesetzlichen Feiertage in England, welche hauptsächlich christliche Feiertage sind, könnten einfach mit Feiertagen anderer Religionen getauscht werden, wie zum Beispiel das islamische Fastenbrechenfest oder Pessach.

Ähnlich ging auch die Musikstreaming-Plattform Spotify aus Schweden im Jahr 2018 vor. "Wir haben Mitarbeiter mit über 90 verschiedenen Nationalitäten, die über die ganze Welt verteilt sind", schrieb das Tech-Unternehmen in einem Blog, "Daher ist es unnötig zu sagen, dass nicht jeder mit dem Feiertagsplan des Landes, in dem er gerade arbeitet, übereinstimmt." Jeder sollte seine Feste mit den gleichen Bedingungen feiern können.

Gesetz nicht dafür ausgelegt

Ein faires Arbeitsumfeld, in dem jeder und jede Angestellte die Möglichkeit hat, die verschiedenen Feiertage zu feiern (oder nicht zu feiern), bringt mehr Motivation der Mitarbeitenden und hilft, Stress zu reduzieren und vielen anderen Prioritäten im Leben nachgehen zu können: Die Firmen nennen verschiedene Vorteile davon, die Feiertage frei im Jahr einteilen zu können. Ähnlich auch bei Julia A. in Malta. Bald ändert sich ihre Position in dem Unternehmen, das die Regelung nun für die gesamte Belegschaft ausgeweitet hat. "Man muss natürlich eintragen, wann genau man frei haben will, und darf sich auch nur drei Feiertage hintereinander einteilen", erklärt sie.

Diverse Studien zeigen jedenfalls, dass flexible Arbeitszeiteinteilung die Produktivität der Angestellten steigern sowie die Zufriedenheit und somit die Bindung an das Unternehmen fördern kann. In Österreich ist das Arbeitsrecht jedoch nicht darauf ausgelegt, Feiertage flexibel nach Bedarf zu verschieben. Denn das Arbeitsruhegesetz besagt: An Sonn- und Feiertagen darf grundsätzlich nicht gearbeitet werden. Nur eine Verordnung bestimmt Tätigkeiten, die an diesen Tagen erlaubt sind. Das gilt etwa für die Industrie und Anlagen, die nicht gestoppt werden dürfen, im Krankenhaus, in Tourismusgebieten und einigen mehr.

"Für Berufe, die nicht auf dieser Liste stehen, gibt es dahingehend keine Gestaltungsmöglichkeit", sagt dazu die Arbeitsrechtsexpertin Jana Eichmeyer. "Es ist rechtlich nicht möglich, an Feiertagen zu arbeiten und sich dafür an einem anderen Tag freizunehmen, weil das besser passt." Ähnlich wäre das bei Schwangeren, die zwei Monate vor der Geburt ihres Kindes nicht mehr arbeiten dürfen. Auch wenn sie wollen würden, rein rechtlich dürfen sie nicht.

Wie schulautonome Tage

Seit 2018 jedoch gibt es in Österreich aber eine Möglichkeit, nach vorheriger Vereinbarung an vier Feiertagen im Jahr oder an Sonntagen zu arbeiten. Diese müssen auch nicht gerechtfertigt sein. "Daran denken Betriebe zu spät oder meist gar nicht", sagt Eichmeyer. Sie müssten schon vorab bestimmt und vereinbart worden sein. "Wenn man das vernünftig einsetzen würde, könnte man eine gewissen Flexibilität schaffen." Die Lösung lässt sich mit den schulautonomen Tagen vergleichen: viermal an einem Feiertag arbeiten, dafür an anderen frei gewählten Tagen Urlaub haben.

Auch flexible Einteilung von Feiertagen kann Mitarbeitende anlocken, nicht nur Geld.
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Was Unternehmen auch machen können, ist, "verlorene" Feiertage als Benefits frei einteilen zu lassen. Fällt etwa der Staatsfeiertag oder der 25. Dezember auf einen Sonntag und haben die Arbeitnehmenden somit keinen Nutzen von diesem Tag, könnte das Unternehmen theoretisch erlauben, diesen zu einem anderen Zeitpunkt nachzuholen. Aber um es in Österreich so zu gestalten wie bei Spotify, Housinganywhere oder bei der Angestellten Julia in Malta, müsste das Arbeitsrecht umgeschrieben werden, sagt Eichmeyer. Etwa so: Die Regeln, welche die Mitarbeitenden eigentlich schützen sollen, können zu einer Disposition freigegeben werden, wenn beide Seiten damit einverstanden sind. Wenn es keine Einigung gibt, würde dann immer noch gelten, dass an Feiertagen nicht gearbeitet wird.

Diese Lösung wäre heute womöglich zeitgemäßer, sagt Eichmeyer. "Es wird ja darüber diskutiert, dass in dem heutigen Arbeitsmarkt nicht mehr nur die Arbeitgeber jene sind, welche die Bedingungen diktieren." Gute Bewerbende würden ihre Bedingungen heute oft selbst stellen und wenn sie im Endeffekt nicht passen, eine neue Stelle zum Bewerben suchen. "Darauf ist das Arbeitsrecht aber sehr wenig ausgerichtet in Österreich", sagt Eichmeyer. Selbst dann, wenn es beide Seiten eigentlich wollen.