Rund 7,5 Millionen Nächtigungen gab es in Wien im ersten Halbjahr 2023, damit hat die Bundeshauptstadt das Vor-Corona-Niveau laut Wien Tourismus annähernd schon wieder erreicht (94 Prozent). Neun von zehn Wienerinnen und Wienern stehen dem Tourismus in der Stadt auch grundsätzlich positiv gegenüber, zitiert Walter Straßer, Sprecher von Wien Tourismus, aus Umfragen, die sein Haus seit 2017 regelmäßig in Auftrag gibt.

Zwei junge Frauen mit Rollkoffern im Stiegenhaus eines alten Zinshauses.
Touristinnen im Wohnhaus? Das gefällt vielen Wienerinnen und Wienern nicht.
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Unter den restlichen zehn Prozent dürften Menschen zu finden sein, die im eigenen Wohnhaus immer wieder auf Urlaubende treffen – oft zu ihrem Leidwesen, denn wer Ferien macht, schert sich nicht so sehr um nächtliche Ruhezeiten, korrekte Müllentsorgung und die Nachbarschaft im Allgemeinen.

Verbot in Wohnzonen seit 2018

Nach wie vor sind Urlaubende auch in sogenannten Wohnzonen anzutreffen, wo es eigentlich schon seit 2018 ein Verbot der touristischen Vermietung von Wohnungen gibt. Doch das war nicht sehr einfach durchzusetzen. Lediglich "in Einzelfällen" habe man "versuchen können, Verstöße gegen dieses Verbot nachzuweisen", und dabei war man meist auf "Anzeigen bzw. Informationen von Privatpersonen" angewiesen, heißt es in den Erläuterungen zur aktuell laufenden Wiener Bauordnungsnovelle, die mit Jahreswechsel in Kraft treten sollte.

Und auch stadtplanerisch betrachtet war die Wohnzonen-Regelung kontraproduktiv, sagt Neos-Wohnbausprecherin Selma Arapović, die aufseiten des kleineren Koalitionspartners in der rot-pinken Wiener Stadtregierung die Novelle verhandelt hat. Denn dadurch sei "enormer Druck aus den Bezirken entstanden, bei Flächenwidmungsvorhaben großzügige Wohnzonen vorzusehen". Das schoss aber übers Ziel hinaus, denn man wolle ja "keine Schlafstädte", sondern eine "Stadt der kurzen Wege" mit Handel und Gewerbe. Wohnzonen schließen das aus.

Kein Unterschied mehr

Also werden nicht die Wohnzonen vermehrt, sondern das bestehende Verbot der touristischen Vermietung wird auf sämtliche Wohnungen ausgedehnt. "Die geplante Neuregelung unterscheidet nicht mehr zwischen Wohnungen innerhalb und außerhalb von Wohnzonen", erklärt der Wiener Rechtsanwalt Markus Busta. Gültigkeit erlangen wird dies laut Entwurf mit 1. Juli 2024: Ab dann wird die touristische Vermietung einer Wohnung für länger als insgesamt 90 Tage im Jahr nur noch mit einer Ausnahmebewilligung möglich sein.

Busta nennt das "einen Schritt, um die Balance zwischen dem Tourismussektor und dem Wohnungsmarkt wieder herzustellen". Wichtig sei, "dass Eigentümer weiterhin die Möglichkeit haben, ihre Wohnung während ihrer Abwesenheit zu vermieten, ohne den langfristigen Wohnungsmarkt zu beeinträchtigen". Der eigene Wohnsitz in der Wohnung muss in dieser Zeit aufrecht bleiben.

Mehraufwand durch Ausnahmen

Ausnahmebewilligungen werden für fünf Jahre vergeben, sofern das betreffende Wohnhaus ohne Wohnbaufördermittel errichtet wurde und in keiner Wohnzone liegt. Ferner wird für maximal die Hälfte der Wohnungen in einem Haus eine solche Ausnahme bewilligt.

Sollte man sich als Airbnb-Vermieter also möglichst rasch um eine Bewilligung kümmern? Die Stadt rechnet laut den Erläuterungen zum Entwurf jedenfalls mit einem Ansturm – und entsprechenden Auswirkungen auf den Personalbedarf bei der Baupolizei (MA 37). Ausgegangen wird dabei von den genau 8871 Wiener Wohnungen, die im Jahr 2019 allein auf Airbnb angeboten wurden. "Würde gleich im ersten Jahr nur für 3000 dieser Wohnungen eine Ausnahmebewilligung beantragt, hätten die Behörden einen erhöhten Personalbedarf von 14,28 Mitarbeitern", wird vorgerechnet. In den Folgejahren wird mit einem Drittel davon kalkuliert.

Und auch der Personalaufwand für Verwaltungsstrafen dürfte sich im Magistrat erhöhen, denn die Bauordnungsnovelle enthält auch erweiterte Kontrollmöglichkeiten. Schon seit 2017 besteht zwar für Kurzzeitvermietungen die Verpflichtung, die Ortstaxe abzuliefern. Der Datenaustausch zwischen Bau- und Abgabebehörde ließ bisher aber zu wünschen übrig. Künftig soll das besser funktionieren.

Rückkehr zum "Gründungsnarrativ" von Airbnb

Kritisch betrachtet wird die Novelle im Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB). Die freie Verfügung über das persönliche Eigentum sei als hohes Gut zu bewahren, sagt Präsident Martin Prunbauer. Die Grenze müsse dort liegen, "wo die gewerbliche Beherbergung beginnt" und das Angebot also "in Konkurrenz zur Hotellerie steht".

In der Hoteliervereinigung gibt man sich aber recht entspannt, was Airbnb und Co betrifft. Früher seien die Preise auf den Plattformen "inadäquat" gewesen, mittlerweile sei der Unterschied zur Hotellerie gering, sagt Sprecher Martin Stanits.

Bei Wien Tourismus begrüßt man die Änderungen. "Die geplante Novelle führt die Plattformökonomie sozusagen zu ihrem Gründungsnarrativ zurück und wird dazu beitragen, dass nicht mehr ganze Wohnungen bzw. ganze Häuser dem Wohnungsmarkt komplett entzogen werden", sagt Sprecher Walter Straßer. Und das zahle wiederum "auch in die Tourismusakzeptanz der Bevölkerung ein". (Martin Putschögl, 22.8.2023)