Im Grunde spüren wir es alle. Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Gereiztheit äußern sich besonders bei Temperaturen über 30 Grad. Wer nicht im klimatisierten Büro sitzt oder am Donaustrand liegt, spürt die Auswirkungen der Hitze umso mehr.

Ein sommerlicher Sonnenaufgang vor einer städtischen Skyline kündigt einen neuen heißen Tag an.
Hitzewellen sind mittlerweile kein Ausnahmefall mehr.
REUTERS/Toby Melville/File Photo

Klassisch äußert sich die Hitze in Erschöpfung. Damit einher gehen oft Lethargie, Teilnahmslosigkeit, gedrückte Stimmung und schlechtere mentale Leistung. Ist keine Verbesserung der belastenden Situation in Sicht, setzt das der Psyche besonders zu. Der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter warnt in einer Aussendung der Med-Uni Wien: "In Situationen der Hilflosigkeit wird das Stresshormon Cortisol vermehrt produziert, welches bei Ausschüttung über einen längeren Zeitraum eine Reihe an nachteiligen Auswirkungen auf die körperliche, aber auch auf die psychische Gesundheit hat." Anhaltend hohe Temperaturen führen zu erhöhter Stressbelastung und können so Angststörungen oder Depressionen verursachen oder diese verschlimmern.

Die Intensität an Hitze hat sich aber maßgeblich verändert. Noch im Jahr 1991 konnte man in Wien mit durchschnittlich ein bis zwei Tropennächten rechnen. Als Tropennacht bezeichnet man Nächte mit Temperaturen über 20 Grad. Rund 25 Jahre später, im Jahr 2015, zählte man bereits 23 Tropennächte, 2022 waren es schon 30.

In Österreich spricht man von einer Hitzewelle, wenn an mindestens drei Tagen in Folge eine Höchsttemperatur von 30 Grad oder mehr gemessen wird. In Ballungsräumen treten Hitzewellen besonders häufig auf, da die Abkühlung auch nachts oft ausbleibt. Mittlerweile liegen die Rekorde bei knapp 40 Hitzetagen pro Jahr, 2100 rechnet die Wissenschaft hierzulande mit noch unvorstellbaren Rekordwerten von 60 bis 80 Hitzetagen pro Jahr.

Psychische Folgen der Klimakrise

Dass sich psychische Erkrankungen durch Umweltfaktoren verändern, ist allgemein bekannt. Die psychischen Folgen der Klimakrise sollten laut Mediziner Hutter aber nicht unterschätzt werden. Die extreme Hitze wirkt sich stark auf das Verhalten aus und kann dabei zu erhöhter Aggression und sogar zu häuslicher Gewalt führen. Um dem Stress zu "entkommen", steigt der Alkohol- und Drogenkonsum.

Der psychische Stress schlägt sich teilweise in einer erheblichen Verschlechterung von psychischen Erkrankungen nieder. Umweltmediziner Hutter sagt dazu: "Eine Erhöhung der Durchschnittstemperatur um ein Grad Celsius geht wissenschaftlichen Schätzungen zufolge mit einer Erhöhung der Suizidrate um einen Prozentpunkt einher." Daten aus den USA und Mexiko zeigen bei einem Anstieg der monatlichen Durchschnittstemperatur um ein Grad Celsius eine Zunahme der Suizidrate um 0,7 bis 3,1 Prozent.

Vulnerable Gruppen besonders gefährdet

Besonders gefährdet sind dabei vulnerable Gruppen. Menschen mit psychischen Erkrankungen leben häufiger in Armut und leiden eher an chronischen Krankheiten oder Suchtkrankheiten. Die Kombination dieser Faktoren führt dazu, dass sie wesentlich schlechter mit den Veränderungen fertigwerden. Menschen mit Schizophrenie haben eher Schwierigkeiten mit der Regulierung der Körpertemperatur. Die Temperaturschwankungen können die Symptome von Stimmungsstörungen verändern. Einige Psychopharmaka, darunter Antidepressiva und Antipsychotika, können die Art und Weise, wie der Körper die Temperatur reguliert, beeinflussen.

Wer täglich unter freiem Himmel körperlich arbeitet, hat besonders mit den Temperaturen zu kämpfen. Auch wohnungslose Personen stehen unter der zusätzlichen Belastung, sich eine für die Temperaturen sichere Unterkunft zu suchen. Bereits heute sollten wir uns daher auch als Gesellschaft überlegen, wie wir besonders vulnerable Gruppen schützen. (APA, red, 17.8.2023)