Sie gehören zur Grillerei wie Knoblauchbrot und Zaziki: Wespen rücken pünktlich an, wenn das Essen auf Balkon und Terrasse auf den Tisch kommt. Tischmanieren haben sie aber keine: Sie setzen sich auf das Essen, umschwirren Essende und ihre Getränke gleichermaßen und lassen sich nicht vertreiben.

Wespen kommen pünktlich zum Essen - und lassen sich nur schwer vertreiben.
Wespen kommen pünktlich zum Essen und lassen sich nur schwer vertreiben.
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Auch wenn man es bei Grillereien derzeit nicht glauben mag: Ein extremes Wespenjahr dürfte das heurige dennoch nicht sein. Christoph Kohsem vom Schädlingsbekämpfer Purissima hat zumindest nicht mehr Einsätze als in anderen Jahren – wohl auch, weil das Wetter mehrere Wochen lang schlecht war, was die Wespen am Herumfliegen und die Menschen am Nutzen ihrer Freiflächen gehindert hat. Jetzt, in der Sommerhitze, machen die Wespen aber wieder mehr Ausflüge – und darum gibt es bei Schädlingsbekämpferinnen und Schädlingsbekämpfern auch wieder mehr Anfragen. In manchen Bundesländern wird auch die Feuerwehr gerufen, die ist in Wien für die Entfernung von Wespennestern in Privathaushalten aber nicht zuständig.

         Der Profi rückt an

Am Telefon lautet die erste Frage, ob ein Nest zu sehen ist. Denn befindet sich kein Nest in der Nähe, kann auch der Profi nicht viel gegen lästige Wespen ausrichten. Gibt es tatsächlich ein Nest und besteht wegen des Standorts laut Kohsem "Gefahr für Leib und Leben", dann kommt ein Mitarbeiter im Wespenschutzanzug, der mittels Druckluft ein Staubinsektizid in das Nest pumpt. "Es geht einzig und allein darum, die Königin zu töten", sagt Kohsem, daher sei die Tageszeit und die Menge der Wespen, die gerade zu Hause sind, unwesentlich. Nach zwei bis drei Tagen würden die Wespen von Balkon und Terrasse verschwinden.

Immer wieder legen Menschen beim Entfernen eines Wespennests auch selbst Hand an. Im Handel gibt es Wespensprays, mit denen man den Tieren zu Leibe rücken kann – das funktioniere tatsächlich, sagt Kohsem, nur sei die Chance, dass man damit die Königin erwischt, klein und die Gefahr, gestochen zu werden, groß. Es gibt auch rabiatere Methoden: Auf dem Land wird oft mit Diesel oder Felgenreiniger aufgefahren. Ein riskantes Unterfangen: "Es ist nicht erst ein Carport abgebrannt, weil jemand währenddessen eine Zigarette geraucht hat", sagt Kohsem.

Doch nicht jedes Wespennest muss entfernt werden, etwa dann, wenn es sich in einem wenig genutzten Eck im Garten befindet. Denn Wespen können zwar lästig sein, sie sind aber vor allem auch extrem nützlich. Auf ihrem Speiseplan steht nämlich nicht nur Grillgut, sondern unter anderem Gelsen und Zecken – und auch die zählen bekanntlich zu den eher unerfreulichen Gästen bei Gartenpartys.

Ein Fake-Wespennest

Wer kann, sollte also zu gelinderen Mitteln greifen. Die Liste an Hausmitteln, die die Tiere angeblich fernhalten, ist lang und reicht von unterschiedlichen ätherischen Ölen bis hin zu Kaffee, Essig und Attrappen von Wespennestern. Die kann man entweder kaufen oder aus Zeitungspapier oder einem Papiersack selber basteln und auf der Terrasse aufhängen. Sie sollen die territorialen Wespen abschrecken.

Ob diese Maßnahme tatsächlich hilft, darüber scheiden sich die Geister; Schädlingsbekämpfer Kohsem ist da jedenfalls skeptisch: "Wir haben auch schon echte Wespennester bekämpft, die sich in Attrappen angesiedelt haben." Von Wespenfallen raten Fachleute dringend ab, weil darin auch andere Insekten verenden können.

Was laut Kohsem dabei hilft, dass sich die Tiere sich im Frühjahr gar nicht erst ansiedeln, sei Bewegung: Für ihre Nester wünschen sich Wespen Ruhe, weshalb sie sich gern in ungenutzten Truhen und Kästen auf der Terrasse ansiedeln. "Das Beste, was man machen kann, sobald es warm wird: Truhen und Kästen täglich öffnen und schließen, um für Unruhe zu sorgen", sagt er. Für diese Maßnahme ist es mitten im Sommer freilich zu spät. Wer nun Kästen im Außenbereich öffnet, die länger nicht genutzt wurden, sollte daher vorsichtig sein, weil Wespen aufgescheucht werden könnten.

Was bleibt, sind die bekannten Vorsichtsmaßnahmen: Wildes Herumfuchteln zum Vertreiben der Tiere sollte unterlassen werden, weil das diese nur nervös macht. Getränke sollten nicht ohne Abdeckung im Freien stehen gelassen werden, nach dem Essen benutzte Teller weggeräumt und verklebte Hände und Münder schleunigst gewaschen werden.

Die Saison dauert noch

Die warmen Temperaturen werden noch eine Weile anhalten – das sind zugleich gute und schlechte Nachrichten für Menschen mit Balkon oder Terrasse. Die Wespensaison verschiebt sich immer weiter in den Herbst hinein, auch im Oktober können einem beim Essen im Freien noch Wespen umherschwirren. Zieht der Herbst ins Land, suchen sich die Jungköniginnen einen Platz zum Überwintern, das Nest ist dann leer und wird auch nicht wieder bezogen.

Insgesamt, sagt Kohsem, werden Menschen immer empfindlicher, wenn es um Insekten geht. Manchmal würde schon die Sichtung einiger Ameisen auf der Hausmauer ausreichen, um in Panik beim Schädlingsbekämpfer anzurufen: "Dabei ist es nicht notwendig, alles, was krabbelt und kriecht, zu bekämpfen." (Franziska Zoidl, 23.8.2023)