Kurz und Orbán
Sebastian Kurz traf Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán vor staatlichen Symbolen, aber ohne Auftrag. Man habe sich über politische Themen, etwa den Ukrainekrieg, ausgetauscht.
EPA/VIVIEN CHER BENKO/HUNGARIAN

Die Bilder aus dem Budapester Karmeliterkloster erwecken den Eindruck eines Treffens zweier Staatsmänner: Rot-weiß-grüne und rot-weiß-rote Fahnen rahmen den Hintergrund, vor dem Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán an seinem Amtssitz die Hand von Sebastian Kurz schüttelt. Passend dazu rühmen ungarische Regierungsvertreter das "diplomatische" Treffen, bei dem es um die bilateralen Beziehungen, christliche Werte und die EU-Wahlen gegangen sei, als "Österreichisch-Ungarischen Gipfel".

Das Bemerkenswerte an der Szene: Sie trug sich nicht vor ein paar Jahren während Kurz’ Regierungszeit zu, sondern vergangenen Sonntag – also knapp zwei Jahre nach dem Rücktritt des früheren Kanzlers (ÖVP), der seither politische Ambitionen stets bestritten hat. Wie kam es zu dem offiziell anmutenden Auftritt und wessen Interessen hat Kurz dabei vertreten?

Autokratische Kreise

Aus seinem Büro heißt es auf STANDARD-Anfrage, dass Kurz keinen Einfluss auf die optische Aufmachung des Treffens genommen habe: Die rot-weiß-rote Fahne sei von der ungarischen Seite wohl aus Höflichkeit prominent postiert worden. Mit der heimischen Regierung habe Kurz den Besuch im Vorfeld nicht abgestimmt, und er habe auch sonst keinen Auftrag, etwa von Geschäftspartnern, gehabt.

Ungarn habe Kurz "als Privatperson" zur Leichtathletik-WM eingeladen, zumal er regelmäßig mit Orbán in gutem Austausch stehe. Viele andere Stadiongäste waren allerdings keineswegs privat unterwegs, vielmehr versammelte sich ein Who’s who illiberaler Autokraten auf der Tribüne, darunter der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der serbische Präsident Aleksandar Vučić .

An Gerüchten, dass Orbán den Ex-ÖVP-Chef dabei zu einem Comeback aufs politische Parkett motiviert habe, sei "nichts dran", erklärt Kurz’ Sprecher. Über politische Themen sei "natürlich" trotzdem gesprochen worden. Kurz’ Position zum Ukrainekrieg dabei: Die Ukraine verdiene jede westliche Unterstützung, zugleich seien baldige Verhandlungen mit Russland wünschenswert, um die Gefahr einer Eskalation mit der Atommacht zu bändigen.

Und was sagt das ÖVP-geführte Außenministerium zu den geopolitischen Ausflügen des einstigen Ressortchefs? "Sebastian Kurz kann als Privatperson treffen, wen er will." (ta, faso, 22.8.2023)