Mikl-Leitner plädiert für Strafen, die abschreckend wirken.
APA/HANS KLAUS TECHT

St. Pölten / Wien – Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat am Mittwoch in einem Brief an Justizministerin Alma Zadić (Grüne) erneut deutlich schärfere Strafen für "Klimakleber" gefordert. Hohe Strafen sollen abschreckend wirken und "können andere Chaotinnen und Chaoten schließlich davon abhalten, solche Aktionen nachzumachen", hieß es in dem Schreiben. Der ÖVP-Vorschlag sieht bis zu drei Monate Haft vor, wenn Einsatzfahrzeuge blockiert und damit andere gefährdet werden.

"Die großen Herausforderungen des Klimaschutzes brauchen eine möglichst breite gesellschaftliche Akzeptanz. Mit ihren immer radikaleren Klimaprotesten bringen Klimakleberinnen und Klimakleber aber immer größere Teile der Bevölkerung gegen sich auf", erklärte Mikl-Leitner. Es sei zu befürchten, dass die Zeit um den Schulstart wieder verstärkt für Straßenblockaden genutzt werde.

"Die Aktivistinnen und Aktivisten nehmen auf unsere Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens und unsere Rechtsvorschriften keinerlei Rücksicht. Das führt uns drastisch vor Augen, dass die derzeit geltenden Bagatellstrafen keine abschreckende Wirkung zeigen und die österreichische Rechtsordnung auf diese Form der Dauerblockaden nicht ausreichend vorbereitet ist", meinte die Landeshauptfrau. Großbritannien habe etwa bereits auf diese "unzumutbaren Störaktionen" reagiert, dort würden mehrjährige Haftstrafen drohen.

Änderung des Versammlungsrechts gefordert

Bereits vor der niederösterreichischen Landtagswahl im Jänner hatte Mikl-Leitner Verschärfungen gefordert und für eine Änderung des Versammlungsrechts plädiert. "Während das Innenministerium meinen Vorschlag mittlerweile in einen Gesetzesentwurf gegossen hat, schaut das Justizministerium dieser Entwicklung auf Europas Straßen bis jetzt leider nur zu", hieß es in dem Schreiben. Eine gerichtliche Strafbarkeit von "Klimakleber"-Aktionen ist laut der Landeshauptfrau "höchst überfällig, wenn diese Einsatzfahrzeuge blockieren und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, andere gefährdet werden".

Der vor kurzem bekannt gewordene ÖVP-Vorschlag sieht vor, dass der Leiter der Versammlung dafür sorgen muss, dass die Durchfahrt von Einsatzfahrzeugen nicht behindert wird. Hier droht eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 720 Euro. "Wer die Durchfahrt von Einsatzfahrzeugen behindert und dadurch eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit anderer Personen herbeiführt", soll mit bis zu drei Monaten Haft rechnen müssen. Die Grünen als Koalitionspartner im Bund zeigten sich nach Bekanntwerden des Vorschlags nicht erfreut.

"Die Aktivistinnen und Aktivisten steigern sich immer weiter in der Radikalität ihrer Maßnahmen", meinte die ÖVP-Politikerin. Dies gehe so lange, "bis etwas Schreckliches passiert und in Österreich Menschen bei diesen Protesten zu Schaden kommen" oder der Gesetzgeber wieder das Heft des Handelns in die Hand nehme. (APA, 23.8.2023)

Kritik an Kriminalisierung der Proteste

Für die Grünen reagierte nicht die Ministerin selbst auf den Brief, sondern Justizsprecherin Agnes Prammer: "Grundsätzlich ist das Versammlungsrecht wie auch das Demonstrationsrecht eines der wesentlichsten in einer Demokratie. Es hat einen ganz besonderen Schutz in unserer Verfassung und wird auch vom Höchstgericht ganz sensibel ausgelegt. Schon jetzt gibt es genügend rechtliche Möglichkeiten um einzugreifen, wo eine Behinderung von Einsatzfahrzeugen passiert. Das haben auch mehrere Regierungsmitglieder, darunter der Bundeskanzler, mehrmals in den vergangenen Monaten betont."

Kritik an der immer wieder aufkommenden Forderung nach strengeren Strafen für Klimakleber äußerte zuvor bereits die neue Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, Shoura Hashemi. Es brauche mehr Bewusstsein dafür, dass das Recht auf Protest ein schützenswertes Gut ist. Dass Umfragen zufolge immer mehr Menschen in der Bevölkerung harte Strafen für Klimaaktivistinnen und -aktivisten fordern, sei erschütternd. Daran sehe man, dass die Bevölkerung das Narrativ, dass Aktivistinnen und Aktivisten Verbrecher seien – was nicht nur von der FPÖ, sondern auch von der ÖVP, einer Regierungspartei, verbreitet werde –, übernimmt. Das habe zur Folge, dass ein Protest, der friedlich, aber mitunter unbequem ist, als illegal empfunden und kriminalisiert wird. Da müsse man dagegenhalten. (APA, red, 23.8.2023)