Eine Katze reißt ihr Maul weit auf.
Ob Mäuse, Ratten, Insekten oder Fische: Katzen lieben Umami-Geschmack.
IMAGO/SNA/Natalia Seliverstova

Gefräßig sind sie allemal. Wählerisch aber auch. Die beliebtesten Haustiere der Welt fressen mittlerweile rund sechs Prozent der wildgefangenen Thunfische. Der markante Geruch und Geschmack der Fische hat eine fast schon betörende Wirkung auf viele Hauskatzen.

Aber warum frisst ein Tier, das ursprünglich aus Wüsten und Steppen kommt, so gerne Fisch? Das fragten sich Forschende des Waltham Petcare Science Institute. Die Antwort: Sie schmecken und lieben das in Fleisch so typische Umami, das neben süß, sauer, salzig und bitter eine der fünf Grundgeschmacksrichtungen ist. Und dieser Umami-Geschmack kommt auch im Thunfisch vor.

Dass Tiere wie Katzen, Pandas und Seelöwen unterschiedliche Geschmäcker, die auch Grundlage ihrer Ernährung sind, besonders lieben, konnte wissenschaftlich bereits belegt werden. Nun fanden Forschende heraus, dass der Geschmackssinn von Katzen speziell darauf ausgelegt ist, bestimmte chemische Verbindungen zu erkennen, die in Fleisch vorkommen. Die Katzen scheinen besonders am würzigen Umami-Geschmack interessiert zu sein. Das ist wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass sie strikte Fleischfresser sind. Die Fähigkeit, süße Kohlenhydrate zu schmecken, haben sie durch ihre Ernährung sogar ganz verloren.

Die Chemie stimmt

Die in der Fachzeitschrift "Chemical Senses" veröffentlichte Studie zeigt, dass der Umami-Rezeptor auf der Zunge der Katzen eine entscheidende Rolle dabei spielt, Geschmacksstoffe im Fleisch zu erkennen. Eine Mischung aus bestimmten Nukleotiden und Aminosäuren scheint besonders gut von den Zellen auf der Katzenzunge erkannt zu werden. Die Forschenden schließen daraus, dass die Vorliebe für Fleisch und Thunfisch zumindest teilweise auf die Kombination dieser für Eiweiße so typischen Inhaltsstoffe zurückzuführen ist.

Um die Erkenntnisse aus dem Labor auch praktisch zu testen, wurden in einem Experiment 25 Katzen jeweils zwei Schüsseln mit Wasser angeboten. In einem der beiden Gefäße waren Moleküle zugesetzt, die auch in umamihaltigen Nahrungsmitteln zu finden sind. In den anderen Schüsseln war reines Wasser. Die Vierbeiner zeigten eine Präferenz für das Umami-Wasser. Besonders liebten die Katzen aber auch Wasser, das mit der spezifischen Aminosäure Histidin und dem Nukleotid Inosin-Monophosphat angereichert war. Die sind in besonders hoher Konzentration im Thunfisch zu finden. Die Vorliebe für Thunfisch ist also durchaus biologischer Natur. Doch wie kam die Katze aus Wüste und Steppe historisch gesehen überhaupt zum Fisch?

Eine junge Katze sitzt auf einer Box und schaut interessiert nach oben. 
Dass Katzen den Anweisungen ihrer Besitzer nur selten folgen, ist allgemein bekannt.
EPA/Jerome Favre

Nähe zum Fischfang 

Wildkatzen sind einsame Jäger, die ihre Reviere gegen Artgenossen verteidigen. Während sich die meisten domestizierten Tiere von Pflanzen ernähren, sind die Katzen obligate Fleischfresser, das heißt sie können nur begrenzt anderes als Fleisch verdauen. Ungewöhnlich für ein Haustier – denn Fleisch war in früheren menschlichen Gesellschaften rar.

Die meisten Haustiere wurden bewusst von Menschen ausgesucht, meist aufgrund ihrer Arbeitskraft oder weil sie Wolle, Milch oder Fleisch liefern. Rind, Hund, Schaf und Co sicherten somit das Überleben der Menschen, insbesondere in Trocken- und Kältezeiten. Anders ist das bei den Katzen. Sie lassen sich, damals wie heute, kaum von der menschlichen Willenskraft oder ihren Anweisungen beeindrucken.

Die Vorfahren der Hauskatze scheinen daher nicht von Menschen ausgewählt worden zu sein. Viel eher suchten die Katzen langsam die Nähe der Menschen. Grund dafür waren wohl Überreste der menschlichen Speisekammer. Sie machten sich außerdem die nahe den Menschen angesiedelten Mäuse und Ratten zunutze.

Während die Katzen sich den Menschen annäherten und sich durch ihr zunehmend kooperatives Verhalten Nahrungsmittel erschlichen, waren die Menschen in Küstenregionen mit Fischfang beschäftigt. Die zurückgelassenen Fischreste wurden dabei zu einer erstklassigen Proteinquelle für die Noch-Wildkatzen. Katzen, die Fisch fraßen, hatten plötzlich einen evolutionären Vorteil. Der Appetit auf Fisch war geboren.

Das Fressverhalten unserer vierbeinigen Freunde besser zu verstehen ist nicht nur für die Tiernahrungsindustrie interessant. Auch in der Tiermedizin könnte die Zugabe von nach Umami schmeckenden Molekülen den Kampf mit der Hauskatze bei ihrer Medikamenteneinnahme zumindest etwas mildern. Mit ausreichend Umami ist also weiterhin ein friedliches Zusammenleben mit den schläfrigen Raubtieren garantiert. (Sebastian Lang, 29.8.2023)