Die Diagnose Demenz bedeutet kontinuierliche Veränderung des gesamten Lebens. Diese Veränderung passiert in der Regel langsam und unterteilt sich in unterschiedliche Phasen. In jeder Phase werden unterschiedliche beziehungsweise zusätzliche Unterstützungsangebote notwendig.

Heimpflegerin und lächelnde ältere Frau, in häuslicher Umgebung einander zugewandt
Für jede Phase einer Demenzerkrankung gibt es die passende Betreuungsform.
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Die Phasen einer Demenzerkrankung

Wolfgang Pipam beschreibt in "Schmerz und Demenz, ein unerforschtes Gebiet?" die Phasen einer Demenzerkrankung folgendermaßen:

• Leichte Demenz: Ein unabhängiges Leben mit entsprechender persönlicher Hygiene und intaktem Urteilsvermögen ist erhalten. Arbeit und soziales Verhalten sind beeinträchtigt.

• Mittelschwere Demenz: Selbstständige Lebensführung ist nur mit Schwierigkeiten möglich, ein gewisses Maß an Betreuung/Aufsicht ist notwendig.

• Schwere Demenz: Die Patient:innen benötigen kontinuierliche Betreuung, eine Aufrechterhaltung auch nur minimaler persönlicher Hygiene ist nicht mehr möglich. Symptome wie Inkohärenz (Verwirrung der Gedankengänge) und Mutismus (Nicht-Sprechen) sind häufig. (vgl. Pipam 2005)

Unterstützte Selbsthilfe, Tageszentren, mobile Pflege und Betreuung können für Menschen mit beginnender oder leichter demenzieller Erkrankung Struktur und Unterstützung bieten. Ein selbstständiges Leben in der eigenen Wohnung ist oftmals gut möglich.

Im Laufe der Erkrankung kann ein Leben zu Hause zunehmend schwierig werden, Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz und die Angebote der Betreutes-Wohnen-Häuser können für diese "Zwischenphase" die passenden Betreuungsformen sein.

Wohnformen für die "Zwischenphase"

Herr Martin, dessen Mutter in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz betreut wird, berichtet: "Da ich Erfahrung mit einer 'normalen' Pflegeeinrichtung hatte, war es mir sehr wichtig, dass sie noch so lange als möglich einen Lebensalltag verbringen kann, zumindest mit Unterstützung, der dem gewohnten Leben gleichkommt. Was speziell in diesem Haus zu 100 Prozent zutrifft."

Marion Landa-Meidlinger, Leiterin der Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz der CS Caritas Socialis, erklärt: "Oft kennen An- und Zugehörige, die zur Beratung zu mir kommen, nur zwei Betreuungsformen für Menschen mit Demenz. Die eine ist die Zeit, in der betroffene Personen noch zu Hause wohnen und unterstützt werden vom Spektrum der mobilen Dienste, Tageszentren oder Pensionist:innenklubs. Die Zeit am frühen Abend wird von An- und Zugehörigen abgedeckt, in der sie zum Beispiel nach der Arbeit zu Besuch kommen, einkaufen gehen, beim Haushalt unterstützen und Gesellschaft leisten. Die zweite bekannte Variante ist das Setting des Pflegeheims. Der stationäre Rahmen, in dem der gesamte Alltag sehr viel ruhiger ist. Die Menschen sind in ihrer Demenz zumeist schon weit fortgeschritten und benötigen einen ruhigen, strukturierten Rahmen. Zusätzlich zu anderen Betreuungsformen eröffnet das Konzept WG die Begleitung im Lebenszeitraum zwischen der leichten und der schweren Demenz. Menschen mit Demenz haben eine fortschreitende Erkrankung, die sich nicht von heute auf morgen verschlechtert, sondern in Phasen verläuft. Jede Phase benötigt das geeignete Setting und Konzept – Menschen, die nicht mehr alleine zu Hause leben können, werden von den Mitarbeiter:innen der Wohngemeinschaften dabei unterstützt, ihren Alltag selbstbestimmt zu leben. Die Menschen, die in den Wohngemeinschaften leben, benötigen nur begrenzt Pflege oder Übernahme von Tätigkeiten. Sie erhalten Unterstützung, um ihren Alltag so autonom wie möglich zu gestalten, und erleben gleichzeitig durch Struktur und eine Rund-um-die-Uhr-Begleitung und -Betreuung Sicherheit und Schutz dann, wenn sie es brauchen."

Das Angebot der Betreutes-Wohnen-Häuser setzt ebenso in dieser "Zwischenphase" an. Die Bewohner:innen wohnen dabei in einer eigenen Wohnung mit der Möglichkeit, Verpflegung und Betreuung zu erhalten. In vielen der Wohnanlagen werden bestimmte Dienstleistungen als "Grundservice" angeboten, die – je nach Bedarf – von mobilen Sozial- und Gesundheitsdiensten ergänzt werden können. Damit wird es den Menschen ermöglicht – solange es für die Bewohner:in sozial und gesundheitlich möglich ist –, in einer eigenen Wohnung zu leben.

Karin Eder, Pflegedienstleitung der 30 Wiener Häuser zum Leben, beschreibt die Betreutes-Wohnen-Häuser als Orte der Gemeinschaft und Gemeinsamkeit. Speziell ausgebildete Mitarbeiter:innen betreuen und begleiten die Bewohner:innen.

Eder sagt: "Eine große Ressource in der Betreuung stellen die Fachsozialbetreuer:innen und diplomierten Sozialbetreuer:innen dar. Die Kolleg:innen eröffnen die Möglichkeit, Gruppen, wie zum Beispiel Validationsgruppen, abzuhalten. Bewohner:innen, die an Demenz erkrankt sind, werden in jeder Phase ihrer Erkrankung abgeholt und begleitet. Die Tag-Betreuung und Tag-Familie ist eine Möglichkeit zur Förderung der Inklusion von Bewohner:innen im Alltag."

Selbstständigkeit fördern, unterstützen, wo Hilfe notwendig ist, Gemeinschaft aktiv leben und dadurch Lebensqualität erhalten sind die Ziele der Demenz-Wohngemeinschaften und der Betreutes-Wohnen-Häuser. Diese Ziele stärken nicht nur die Bewohner:innen und entlasten deren An- und Zugehörige. Durch den strukturierten und geschützten Rahmen sowie die kontinuierliche Begleitung und Betreuung durch professionelles Gesundheitspersonal können Konzepte wie die Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz oder die Betreutes-Wohnen-Häuser Akuteinweisungen in Krankenhäuser vorbeugen und dadurch das Gesundheitssystem entlasten.

Die flächendeckende Finanzierung der phasengerechten Unterstützungsangebote für Menschen mit Demenz und deren An- und Zugehörige sollte daher an erster Stelle stehen. Demenz geht uns alle an. (Marianne Buchegger, 30.8.2023)