Microsoft hat die Benachrichtigung mittlerweile "pausiert" und spricht von "unbeabsichtigtem" Verhalten der Datei BGAupsell.exe.
AFP/GERARD JULIEN

Microsoft will seiner eigenen KI-gestützten Suchmaschine Bing unbedingt eine größere Nutzerbasis verschaffen. Kein Wunder, denn hinter dem neuen Bing steckt das Sprachmodell GPT-4 von OpenAI, einem engen Partner von Microsoft. Dem Softwareriesen ist es im Vorjahr damit gelungen, ein KI-Wettrennen auszulösen und Google zumindest ein wenig unter Zugzwang zu bringen.

Da war es nur logisch, dass Microsoft auch anderen Webbrowsern als dem hauseigenen Edge den Zugriff auf die KI-Funktionen von Bing ermöglicht. Die potentielle Nutzerbasis wird eben um einiges größer, wenn man den Dienst nicht auf einen Browser beschränkt, der über einen Marktanteil von nur fünf Prozent verfügt.

Microsoft griff auch in der Vergangenheit immer wieder in die Trickkiste, um die Nutzerschaft zu Bing und zum Browser Edge zu locken, und manipulierte dafür nachweislich Webseiten oder die eigene Software. Doch der jüngste Versuch, die Suchmaschine zu promoten, dürfte nicht dazu angetan sein, das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer in die Microsoft-Dienste zu heben.

Mysteriöse Datei auf Windows-Rechnern

Nutzerinnen und Nutzer berichten seit einigen Tagen von einer seltsamen Benachrichtigung in Windows 10 und Windows 11. Diese beinhaltet die Forderung, die Bing-Suche mit Chrome zu verwenden. Darunter befindet sich eine hervorgehobene Schaltfläche zum Wechsel und ein weniger prominenter Button, um bei der alten Suchmaschine zu bleiben. Das ist an sich schon eine Premiere, weil Microsoft bislang derartige Benachrichtigungen nicht auf der Betriebssystemebene ausgespielt hat. Die Nachricht erscheint außerdem nicht in dem dafür unter Windows vorgesehenen Bereich, dem Benachrichtigungscenter, sondern direkt auf dem Desktop.

Es wird aber noch eigenartiger: Wie "The Verge" und "Ars Technica" berichten, dürfte eine eigene Datei namens BGAupsell.exe für das Pop-up verantwortlich sein. Diese Datei dürfte mit Windows gestartet werden und ist auch im Taskmanager sichtbar, was prompt den Verdacht erregte, es könnte sich um Malware handeln. Doch: Die Datei ist von Microsoft digital signiert. Die Datei versteckt sich im Dateipfad C:\windows\temp\mubstemp.

Microsoft selbst ist verunsichert

Auf einem Testrechner des STANDARD war die Datei ebenfalls zu finden, sie wurde aber nicht automatisch ausgeführt. Die Datei dürfte von Microsoft tatsächlich deaktiviert worden sein, denn selbst wenn sie mit Administratorrechten ausgeführt wurde, geschah nichts. Die .exe-Datei war zwar für kurze Zeit im Taskmanager gelistet, verschwand aber nach wenigen Augenblicken wieder. Online sprießen bereits die Spekulationen, dass es sich bei BGAupsell.exe um einen Kryptominer handeln könnte, wofür es allerdings keinerlei Belege gibt. Im Support-Forum von Microsoft ist die Verunsicherung ebenfalls groß.

Ein Screenshot des Taskmanagers von Windows 11
Die Datei BGAupsell.exe dürfte für ein fragwürdiges Pop-up verantwortlich sein.
Screenshot DER STANDARD / Zellinger

Dass Microsoft Pop-ups über eigene .exe-Dateien in sein Betriebssystem einschleust, ist höchst ungewöhnlich – und das sieht man auch bei Microsoft selbst mittlerweile so. Microsoft-Vertreterin Caitlin Roulston sagte gegenüber "The Verge", dass dieses Verhalten "unbeabsichtigt" sei und dass die Benachrichtigung bis zur Untersuchung "pausiert" worden sei. Was das "beabsichtigte" Verhalten von BGAupsell.exe sein sollte, blieb allerdings offen. (pez, 31.8.2023)