Frau sitzt im Büro und schlägt Hände und blickt desillusioniert.
80 Prozent der Arbeitnehmer, die einen Job bereits im ersten Jahr gekündigt haben, bereuendiesen Schritt laut einer aktuellen Studie nicht.
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Rund drei Viertel der Befragten waren schon einmal mit einem neuen Job unzufrieden – und jede zweite Person hat als Folge schon einmal in der Probezeit bzw. im ersten Jahr einen neuen Job von sich aus wieder gekündigt: Das geht aus der aktuellen Meinungsumfrage des Jobnetzwerks Xing in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Appinio hervor. Das Unternehmen befragte im Juli 1.000 Berufstätige in Voll- oder Teilzeit, Personen in Umschulung und vorübergehend Arbeitslose sowie Arbeitssuchende ab 18 Jahren in Deutschland im Rahmen einer repräsentativen Onlineumfrage.

Häufigste Kündigungsgründe

Als Top-Gründe für eine frühzeitige Kündigung gelten ein als zu niedrig empfundenes Gehalt (43 Prozent) und die Unzufriedenheit mit der Führungskraft (43 Prozent) sowie Teamkultur (34 Prozent). Auch die Unzufriedenheit mit den Arbeitsaufgaben (34 Prozent), ein zu hoher Stresslevel (30 Prozent) sowie zu viele Überstunden (26 Prozent) sind Auslöser für eine frühzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

80 Prozent der Arbeitnehmenden, die bereits einen Job im ersten Jahr gekündigt haben, bereuen laut der deutschen Studie diese Kündigung nicht. Laut Siegfried Götzinger, Geschäftsführer Onlyfy by Xing in Österreich, zeigt sich hierzulande ein ähnliches Bild: "Die Ergebnisse der Studie aus Deutschland sind ähnlich dem Feedback von Unternehmen in Österreich. Wir stellen fest, dass Arbeitgeber für dieselben Jobs oft zweimal – oder öfter – pro Jahr passende Kandidatinnen oder Kandidaten über unsere Plattformen und Produkte suchen. Das ist primär darauf zurückzuführen, dass Arbeitnehmer nach nur wenigen Monaten ihren Job wieder kündigen."

Unterschiede in den Generationen

Insbesondere Personen der Generation Y (58 Prozent) wechseln den Job schnell – keine Generation kündigt häufiger innerhalb der ersten zwölf Monate. Generell zeigt sich, dass jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Unzufriedenheit im neuen Job kurzentschlossener das Beschäftigungsverhältnis beenden als ältere Beschäftigte (47 Prozent Generation X, 44 Prozent Babyboomer).

Für die Generation Z waren im Vergleich zu älteren Beschäftigten häufiger ein als zu niedrig empfundenes Gehalt (50 Prozent vs. 34 Prozent der Babyboomer) und die Unzufriedenheit mit der Teamkultur (40 Prozent vs. 26 Prozent der Babyboomer) Gründe für eine frühzeitige Kündigung. In einem Punkt sind sich Jung und Alt einig: Die Unzufriedenheit mit der Führungskraft war für beide Generationen ein ausschlaggebender Kündigungsgrund.

Männer und Frauen kündigen oft aus unterschiedlichen Gründen

Ein Blick auf die Geschlechter macht deutlich: Männer kündigen tendenziell öfter als Frauen. Während Männer mit Abstand am häufigsten angeben, dass ein zu niedriges Gehalt sie zur Kündigung bewogen hat, fallen die Antworten bei Frauen differenzierter aus. Für sie sind vor allem die Unzufriedenheit mit Personen, also mit der Führungskraft oder der Teamkultur, Auslöser für eine frühzeitige Kündigung.

Ist die Entscheidung für eine Kündigung nach nur wenigen Monaten im neuen Job erst einmal getroffen, bereuen Beschäftigte diese in der Regel nicht. Vor allem Frauen sind sich ihrer Sache sicher (85 Prozent vs. 75 Prozent der Männer). Dass ein erneuter Wechsel die richtige Entscheidung für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist, zeigt sich auch daran, dass 91 Prozent der Befragten angeben, im nachfolgenden Job zufriedener zu sein.

Recruiting-Prozesse überdenken

Die hohe Anzahl an frühzeitigen Kündigungen in neuen Beschäftigungsverhältnissen hat Folgen, die sowohl für Beschäftigte als auch für Arbeitgeber nicht optimal sind. "Ein erneuter Recruiting- und Onboarding-Prozess ist für beide Seiten mit zusätzlichem Aufwand und Kosten verbunden. Die Reibungsverluste durch Fehleinstellungen bedeuten im volkswirtschaftlichen Sinne einen Schaden, der sich verhindern lässt", sagt Xing-Arbeitsmarktexperte Julian Stahl.

Onlyfy-Geschäftsführer Götzinger sieht auch die Unternehmen in der Pflicht: "Während des Recruiting-Prozesses sollte es nicht nur um den Lebenslauf gehen, sondern auch darum, sich menschlich besser kennenzulernen. Hierfür kann beispielsweise ein Probetag mit dem potenziellen Team im Vorfeld sinnvoll sein." Auch wenn es keine hundertprozentige Garantie gibt, dass der Job passt, könnte die Zahl der Kündigungen im ersten Jahr demnach durch eine Professionalisierung des Recruiting-Prozesses reduziert werden. (red, 4.9.2023)