Schild von Frauendemo mit der Aufschrift
Frauen gehen regelmäßig für mehr Selbstbestimmung, insbesondere bei Schwangerschaftsabbrüchen, auf die Straße. Eine Statistik oder Motivstudie wäre ein Rückschritt, kritisieren Frauenring und Grüne Frauen.
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In Tirol haben es Frauen schwer, einen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu bekommen – denn in Spitälern sind nicht medizinisch indizierte Abtreibungen verboten. Bisher waren Abbrüche also nur bei einem einzigen Arzt im gesamten Bundesland möglich. Im Juli einigten sich ÖVP und SPÖ darauf, dass in Innsbruck nun drei niedergelassene Ärzte Abtreibungen vornehmen sollen. An öffentlichen Krankenhäusern sind Schwangerschaftsabbrüche hingegen weiter nicht möglich.

Ebenfalls im Juli beschloss die Regierung, den Tirol-Kliniken eine Förderung in der Höhe von 99.500 Euro aus den Wissenschaftsfonds zu gewähren. Mit dem Geld soll ein Register zu Schwangerschaftsabbrüchen in Tirol eingeführt werden. Ziel des Projektes ist, in Tirol durchgeführte Abbrüche zu erfassen, auch mögliche Gründe für eine Abtreibung zu erheben. Die Studie soll für die Patientinnen auf freiwilliger und anonymer Basis erfolgen. Aus den gesammelten Daten sollen dann zielgerichtete Maßnahmen abgeleitet und individuelle Beratungsangebote erstellt werden.

Frauenring: "Motive sind bekannt"

Der Österreichische Frauenring kritisiert, dass die Tiroler Landesregierung Geld für ein Register ausgibt, anstatt es in die mangelnde Versorgungslage beim Schwangerschaftsabbruch sowie frauenpolitische Projekte zu stecken. "Die Motive für Schwangerschaftsabbrüche sind bekannt. Was ungewollt Schwangere brauchen, ist eine qualitativ hochwertige, niederschwellige und kostenlose Versorgung." In Österreich würden religiöse und konservative Kräfte immer wieder versuchen, den Schwangerschaftsabbruch durch die Hintertür anzugreifen.

Auch die grünen Frauensprecherinnen sehen einen "Frontalangriff auf die Selbstbestimmungsrechte von Frauen". Dass die SPÖ diesen mittrage, sei schockierend.

Auch Salzburg will Motivstudie

In Salzburg werden bereits seit 2005 Abbrüche im Landeskrankenhaus durchgeführt. Doch die neue schwarz-blaue Regierung will laut Regierungsübereinkommen eine Kampagne zur "Vermeidung ungewollter Schwangerschaft sowie zu Adoption und Pflegeelternschaft als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch ausarbeiten". Und auch in Salzburg will die Regierung "eine anonymisierte Studie, die das Alter der Frauen sowie auch die Gründe für Schwangerschaftsabbrüche aufzeigt, um das Beratungsangebot anpassen zu können".

Die Plattform Pro Choice Austria bezeichnet die Vorschläge aus Salzburg als "zutiefst sexistisch", die Entscheidungsfähigkeit von Schwangeren werde infrage gestellt. "Eine Adoption ist etwas grundsätzlich anderes als ein Schwangerschaftsabbruch und daher keine Alternative." Und die grünen Frauensprecherinnen warnten, damit "greift Schwarz-Blau hart erkämpfte Frauenrechte an".

Forderung von Abtreibungsgegner

Ganz ähnlich wie die Landesregierungen in Salzburg und Tirol mobilisieren übrigens auch selbsternannte "Lebensschützer", die sich auf einem Kreuzzug gegen Schwangerschaftsabbrüche befinden und regelmäßig auch in Salzburg vor der Abtreibungsklinik demonstrieren, ebenfalls für die Erforschung von Abtreibungsmotiven. Dieses Anliegen tragen die Abtreibungsgegner auch regelmäßig mittels Petition ins Parlament. Auch auf Bundesebene forderte die ÖVP bereits mehrmals eine Statistik und Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen. "Wir haben solchen reaktionären Forderungen in der Vergangenheit eine klare Absage erteilt – und werden das auch in Zukunft tun", sagt die grüne Frauensprecherin Meri Disoski.

In Vorarlberg waren bis Anfang des Jahres ebenfalls keine Abbrüche in öffentlichen Spitälern erlaubt. Nachdem der einzige private Arzt, der Abtreibungen durchführte, ankündigte, bald in Pension zu gehen, brauchte es eine Lösung. Im Februar beschloss der Landtag im Ländle, dass im Personalwohnheim der Krankenhausbetriebsgesellschaft neben dem Landeskrankenhaus Bregenz Abbrüche durchgeführt werden können. Betrieben werden soll die Praxis von 15 Ärztinnen und Ärzten, die sich freiwillig gemeldet hatten, dort zu arbeiten. Im Haus befinden sich auch eine Anlaufstelle für die anonyme Geburt und die Babyklappe. (Stefanie Ruep, 5.9.2023)

Nachlese:

- Schwangerschaftsabbruch in Tirol künftig bei drei Ärzten möglich
- Zugang zu Abtreibungen in Vorarlberg langfristig abgesichert
- Was Schwarz-Blau in Salzburg plant – und was bereits für Kritik sorgt
- Umstrittene Motivsuche bei Schwangerschaftsabbrüchen